Politik

Der folgende Artikel ist ein Gastbeitrag von Yannic Hertel. Geboren 1991, studiert er im letzten Semester Online-Journalismus in Darmstadt und arbeitet als Werkstudent bei der FAZ.

Die Bundestagswahl ist gelaufen. Die großen Volksparteien haben herbe Verluste einstecken müssen und die AfD zieht als drittstärkste Partei in den Bundestag ein. Und das, obwohl dieses Jahr in der Wahl viel versucht wurde, um die jungen Wähler zu erreichen. Interviews mit YouTubern, Kampagnen in sozialen Netzwerken und sogar ein Auftritt der Bundeskanzlerin auf der Gamescom. Ein gut geplanter PR-Stunt, bei dem Merkel – wenn auch vergleichsweise zurückhaltend – über die Bedeutung und mögliche Förderung der Spieleszene sprach.

Die AfD Heidelberg nahm den Auftritt der Bundeskanzlerin damals zum Anlass für folgenden Tweet:

„Macht euch keine Illusionen, was dann gefördert wird. #Zensur #FeministFrequency #NetzDG #GamesCom #GamerGate“

Nach dem gestrigen Gespräch über Gamertum, hier ein paar Gedanken.

Seit nun drei Monaten wütet GamerGate, eine zum Terrorismus umfunktionierte Form des absurden Theaters, durch die Spieleszene und das Fortbestehen der Kampagne wirft Fragen auf. Keine Fragen zur Ethik, ein Gebiet für das die Teilnehmenden, trotz gegenteiliger Versicherung, weder Interesse noch Verständnis aufbringen, aber umso mehr Fragen zu Subkulturen, Besitzansprüchen und toxischen Mentalitäten, die sich hier am extremen Fallbeispiel untersuchen lassen.

Werfen wir mal Offensichtliches in den Raum: GamerGate ist eine Hasskampagne, deren Forderungen und Anschuldigungen von Spielekritiker_innen, Spieleseiten und mittlerweile auch Breitenmedien und Satiresendungen deshalb nicht ernst genommen und nicht thematisiert werden, weil sie bei näherer Betrachtung stets im Zirkelschluss auf Forenweisheiten, Verschwörungstheorien und sexistische Schmutzkampagnen zurückgehen. Mitglieder demonstrieren im besten Fall völliges Unverständnis für die tatsächlichen Zustände in der Berichterstattung über Spiele, im schlechtesten Fall völligen Realitätsverlust, auf einer Stufe irgendwo zwischen Männerrechtler und Holocaustleugner. Beide Varianten werden üblicherweise in einem Sturzbach an Beleidigungen vorgetragen.

GamerGate ist inzwischen auch eine Propagandaschlacht - und wie jede Propaganda richtet sie sich an die "eigene" Bevölkerung. Durchhalteparolen, Bilder des "Feindes" und Appelle an die Moral vermischen sich zu einem faszinierenden Bild einer sehr lebendigen Subkultur. Im Folgenden eine Bildstrecke - großteils gesammelt von Twitter-User @SJWIlluminati . Interessant ist auch dieser Text zur "Gamification" des Konflikts, und dieser - leider (noch?) sehr unvollständige - Tumblr, der die GG-Propaganda in einen Kontext stellen möchte. Ohne weitere Worte: GamerGate, von innen - zumindest ein Teil davon.


352Miltainment mit Antikriegsfilm-Amspruch: Spec Ops - The Line