"Das verspielte Dutzend": Interviews mit Menschen der Spielkultur. Ein Vorwort.

Vor fünf Jahren hat Robert Glashüttner zwölf ausführliche Gespräche mit interessanten Menschen der deutschsprachigen Gameskultur geführt. Dazu wurden tolle Fotos gemacht. Es hätte ein schickes Buch daraus werden sollen, doch es ist nie erschienen. Es wäre aber schade, die Interviews für immer in den digitalen Schränken vermodern zu lassen. Deshalb gibt es sie jetzt hier zu lesen. Eines pro Monat. Ein Vorwort.

Journalisten, die auch mal ein Buch schreiben wollen, unterliegen mitunter einem Irrtum: Den Startvorteil, den sie vermuten, haben sie nicht - oder nur geringfügig. Klar, Journalisten können schnell, meistens auch gut schreiben. Doch selbst ein mehrseitiger Leitartikel, an dem man zwei, drei, vielleicht sogar vier Wochen arbeitet, ist eine Kleinigkeit verglichen mit einem Buchprojekt, das eine völlig andere Arbeitsstruktur benötigt. Ich habe diese unterschiedlichen Zugänge unterschätzt. Gehofft, dass das als Nebenprojekt zu einem Fulltime-Job innerhalb von zwei Jahren in trockende Tücher gebracht werden kann.

Es genügt nicht, einfach nur zu schreiben. Es braucht für ein Buch wesentlich mehr Initiative.

Das Problem war nur: Es genügt nicht, einfach nur zu schreiben. Es braucht für ein Buch wesentlich mehr Initiative: noch ausführlichere Recherche, viel Geduld und eine bessere Organisation als für einen gängigen Radiobeitrag, eine Webstory oder einen Zeitschriftenartikel notwendig ist. Es braucht Mitstreiter, einen Projektplan, Kontakte zur Verlagsbranche, eine klare Vision, wie man das eigene Konzept einem Verlag schmackhaft machen kann. Einige Versuche wurden unternommen, doch schon bald ist die aus heutiger Sicht kühne Idee, ein kulturbeflissenes Coffeetable-Book voller ausführlicher, persönlicher Interviews mit markanten und interessanten Personen der deutschsprachigen Videospielkultur zu machen, ausgiebig auf die Probe gestellt worden. Interviewbücher würden sich allgemein schwer verkaufen, sagte der eine. Das Thema sei gut, aber zu nischig, kommentierte die andere. Mit den Monaten und später Jahren schwand langsam auch meine Motivation, das Buch überhaupt fertig zu schreiben. Die Unklarheit darüber, ob (und falls ja, in welcher Form) es jemals erscheinen würde, war entmutigend.

Nun ist es über fünf Jahre her, als ich das erste Interview für "Das verspielte Dutzend" (Arbeitstitel: "Game Players - Porträts der Videospielkultur") geführt habe, mit Jogi Neufeld, dem Betreiber der Wiener Gameskulturinitiative Subotron. Das letzte Gespräch mit Retrospieleexperte Simon Quernhorst fand im August 2012 statt. Die Interviews waren so angelegt, dass sie nicht nach wenigen Monaten oder Jahren schon wieder überholt sind. Es ging weniger um aktuelle Games-Trends als um Videospielkultur an sich, und natürlich um die jeweilige Person und ihre Geschichte. Jede und jeder Interviewte hat mich in den ersten zehn Jahren meiner Journalistenlaufbahn begleitet und begeistert. Es sind Menschen, die ich kenne und schätze, aber deren Laufbahn und Werdegang ich oft noch nicht oder nur kaum kannte.

Collage der Interviewten. Fotos: Christoph Liebentritt, Skyler Reid

Von oben und von links nach rechts: Doris C. Rusch, Georg Fuchs, Simon Quernhorst, Barbara Lippe, Steffen P. Walz, Jogi Neufeld, Roman Pfneudl, Heiko Gogolin, Mathias Mertens, Margarete Jahrmann, Andreas Lange, Andranik Ghalustians

Mit jeder der zwölf Personen habe ich ein rund einstündiges Gespräch in einer entspannten Atmosphäre geführt, und jede von ihnen repräsentiert einen bestimmten Themenbereich und damit auch einen bestimmten Teil der Spielkultur.

Georg Fuchs ist der Fanzinegründer.
Andranik Ghalustians ist der Sammler.
Heiko Gogolin ist der Journalist.
Margarete Jahrmann ist die Künstlerin.
Andreas Lange ist der Museumsbetreiber.
Barbara Lippe ist die Netzwerkerin.
Mathias Mertens ist der Wissenschaftler.
Jogi Neufeld ist der Kulturförderer.
Roman Pfneudl ist der Entwickler.
Simon Quernhorst ist der Retrogamer.
Doris C. Rusch ist die Designerin.
Steffen P. Walz ist der Architekt.

Jede Person repräsentiert einen Themenbereich und damit auch einen bestimmten Teil der Spielkultur.

Mit den Interviews alleine war es aber nicht getan, denn damit ließe sich nur schwerlich ein Coffeetable-Book füllen. Deshalb ist jede Interviewsituation von professionellen Fotografen ausgiebig festgehalten worden, in Österreich und Deutschland von Christoph Liebentritt und in San Francisco von Skyler Reid. Die meisten Gesprächspartner sind dort interviewt und fotografiert worden, wo sie leben, wo sie sich gerne aufhalten oder wo sie ihre Arbeit verrichten oder verrichtet haben - sei es in einem ehemaligen Kino, einem Park in der Großstadt oder dem jugendprägenden Plattenladen.

"Das verspielte Dutzend" mag für ein eigenes Buch letztlich zu wenig einfalls- und umfangreich, zu sehr speziell gewesen sein. Andererseits wäre es enttäuschend, die interessanten Gespräche und guten Fotos für ewig in der digitalen Schublade liegen zu lassen. Deshalb und auch in Bezug darauf, dass sich alle Beteiligten Zeit für dieses Projekt genommen haben, gibt es die zwölf Interviews mit zwölf außergewöhnlichen Videospielkulturmenschen nun hier, auf Video Game Tourism.

Das erste Interview wird am 15. Juli online gehen.