Kindsmord in ASCII: Dwarf Fortress
Seitdem ich das erste Mal 2008 über Dwarf Fortress geschrieben habe, habe ich immer und immer wieder den Zwang verspürt, mehr von diesem absoluten Ausnahmespiel und seiner weiteren Entwicklung zu berichten. Doch wo beginnen? In Kürze soll ein Buch Anfänger auf "the most complex game ever created" einstimmen, doch an dieser Stelle will ich - anlässlich des neuen 52Games-Themas, das wir etwas vernachlässigt haben in letzter Zeit - diesem digitale Realität gewordenen größenwahnsinnigen (Alb-)Traum von Simulation nur in einem einzigen Detail Referenz erweisen.
Wie sonst der Komplexität gerecht werden, wenn nicht in der Unzahl kleinster Details? Ein kleiner Einblick in den Games-Monolithen Dwarf Fortress zu einem einzelnen Aspekt: Kinder.
Kinder arbeiten nix. Kinder laufen den ganzen Tag herum, stehen im Weg, bekommen Tobsuchtsanfälle, begeben sich ahnungslos in gefährliche Abschnitte der Minen und wollen ständig gefüttert werden. Kinder sind ziemlich klein und nutzlos, aber sie fangen ihr Leben noch kleiner und nutzloser an: als Babys.
Babies do not have to be born in beds, but are born wherever the mother happens to be. The birth will interrupt the mother's current action (even sleep). The game will pause and announce the arrival of the baby. The mother will cancel whatever task she was in the middle of to seek her infant, and then will immediately resume whatever task she was doing before the child was born. (DF wiki)
Babys kommen prinzipiell im denkbar ungünstigsten Zeitpunkt zur Welt, vorzugsweise mitten im Kampf gegen untote Wer-Elche. Nach neun Monaten der Schwangerschaft - und es muss wohl nicht extra dazugesagt werden, dass DF die romantischen Beziehungen zwischen seinen Zwergen bis hin zur gemeinsamen Schlafstätte verliebter Zwerge ausgestaltet - kommen die Zwergenkinder recht unvermittelt zur Welt und beanspruchen die gesamte Aufmerksamkeit der Mütter.
Dwarven mothers can also give birth to twins or triplets. Babies are looked after by their mother, who will continue working while carrying the baby.
Babies usually share a tile with their mother. If the mother is sleeping, hospitalized, or imprisoned, however, the baby will be free to roam as it pleases. An emancipated baby acts in a similar manner to a raving mad adult, wandering freely over the map without any sense of self-preservation. It will be fed and watered as requested (rather like a semi-mobile injured dwarf), and as long as it's not within reach of a hostile creature, then no harm will be done to it. "Job cancellation spam" can be generated as the baby is seen by the game to be "insane" (example: "Urist McBabyname, Dwarven baby, cancels Clean Self: Too Insane"), but once it reaches childhood (at 12 months), that will stop, and they shall go about their business like any other dwarven child.
Nach einem Jahr verwandeln sich Zwergenbabys in Kinder, was ihren Aktionsradius und ihre Gefährdung erheblich erhöht. Besonders gefährlich sind Goblins, die regelmäßig die Kinder anderer Zivilisationen rauben und sie selber aufziehen.
When Goblins get their hands on one of your beloved(?) children, they will stuff them in a bag they carry with them for that purpose (needless to say, this creates a very bad thought in the parents of the lost child). The child is considered part of the snatcher's inventory -- in particular, if the goblin is caught in a cage trap, the child will be caught with him. Left in this condition for too long, the child may go insane or die from hunger or thirst. (...)
Goblin Baby-Snatchers claim moral superiority by "supposedly" rescuing innocent lives from the slavery of making rock trumpets until they are eaten by a giant cave spider. Atrocities such as the so-called "dwarven day care" institution also spur snatchers to rescue the children from constant abuse.
Es dauert ganze zwölf Jahre Spielzeit, also 48 lange, mühevolle Jahreszeitenwechsel, bis aus einem Zwergenkind ein vollwertiger Zwerg und somit eine Arbeitskraft geworden ist. Durch den ständigen Nachschub an Einwanderern - oft ebenfalls mitsamt eigenen Kindern - wird vielen Spielern - man darf annehmen, dass es sich im Fall von DF großteils um Männer mit technischem Pragmatismus anstelle zartherziger Fürsorglichkeit handelt - der ständig ansteigende Haufen nicht arbeitender, dauernd zu bewachender Zwergenkinder manchmal etwas zu viel.
Zartbesaitete Leser von VGT mögen nun aufhören zu lesen; alle anderen sollten sich von der folgenden Bevölkerungskontrollstrategie nicht von DF abschrecken lassen. Zu viele Kinder im Fort: was tun?
There was some experimenting in dumping children down a hole together with a few animals. The small space would make the animals very aggressive and thus make them attack the children. Dump a little food down there, wait a few years and voila! You got combat trained soldiers.
I think cats gave the best result. (DF Subreddit)
Übrigens handelt es sich bei dieser Strategie um die berüchtigte, oben bereits verlinkte "Dwarven Day Care". Ja, es ist eine grausame Welt unter Tage, und das nicht nur für Zwergenkinder. Kein Wunder, dass Zwerge allesamt Alkoholiker sind. Und auch kein Wunder, dass so viele Zwergenfestungen ncht Opfer von Feinden oder Konstruktionsfehlern, sondern der berüchtigen Tantrum Death Spiral werden, einer alles vernichtenden, sich von Zwerg zu Zwerg ausbreitenden Spirale von Raserei und Depression aller Bewohner, oft ausgelöst durch den Tod oder den Verlust einzelner besonders beliebter Zwerge.
Aber was ist schon anderes zu erwarten von einem Spiel, dessen inoffizielles Motto "Losing is fun" lautet?
Dieser Text ist ein Beitrag zu Zockwork Oranges "52 Games"-Projekt, in dem pro Woche ein Text zu einem bestimmten Thema zu einem frei wählbaren Spiel gefragt ist. Thema Woche 13: Kinder.