
Kulturkritik vs. Kritikkultur
Die offensichtliche Antwort lautet: Ja, es ist sinnvoll Videospiele, ebenso wie alle anderen Medien auch, auf kultureller Ebene zu durchleuchten. Gerade Menschen, die sich gerne für frei von jeglicher Ideologie halten, sollten Interesse daran haben, zu erfahren was den Medien, die sie konsumieren, zugrunde liegt, anstatt fehlende Objektivität oder vermeintliche Zensur zu beklagen. Da es aber wenig Sinn macht, an derartig unsinnigen Positionen kopfschüttelnd zu verzweifeln, folgen einige Klarstellungen zu Funktion und Stellung kultureller Kritik. Eine Einschaltung im öffentlichen Interesse, präsentiert vom kulturkritischen Serviceblog Video Game Tourism.
Kulturelle Spielkritik im deutschsprachigen Raum gibt es so gut wie nicht
Beschwerden, dass kulturelle Kritik überhand nimmt oder andere Texte verdrängt, sind hanebüchener Unfug. Mag sein, dass es jetzt mehr davon gibt als früher, oder sie wenigstens prominenter in Erscheinung tritt, aber “mehr” ist ein relativer Begriff. Nach meiner Beobachtung als Auslandskorrespondent für Critical Distance sind mindestens 90% der deutschsprachigen Texte zum Thema Reviews oder Previews. Oder Messeberichte, oder News, oder Interviews mit Entwickler_innen, oder sonst irgendwas, das darauf abzielt, Leuten zu sagen, welche Spiele sie sich jetzt und in Zukunft anschauen sollen.
Daran ist auch erstmal nichts verkehrt. Mit Kurzrezensionen zu Indie- und Gamejam-Spielen, die sonst kaum Aufmerksamkeit bekommen, füllt etwa Superlevel eine enorm wichtige Nische, von den großartigen Artikeln mal ganz abgesehen (für ihre Arbeit solltet ihr sie übrigens entlohnen ). Dass es aber nur wenige Seiten und Autor_innen gibt, die sich explizit der Bedeutung von Spielen anstatt deren Qualität widmen, bleibt eine gewaltige Lücke im lokalen Diskurs. Wie es möglich ist, sich durch die wenigen Ausnahmen gestört, ja sogar angegriffen zu fühlen, ist unerklärlich, beziehungsweise unfreiwillig komisch, wenn gleichzeitig der Vorwurf kommt, Kritiker_innen wären ja nur auf der Suche nach etwas, über das sie sich aufregen können.

Kulturelle Spielkritik interessiert sich keineswegs nur für Plot und Charaktere
Sicher wird die Geschichte von Spielen mittlerweile auch in traditionellen Reviews detailliert behandelt - schlicht und einfach weil sich herumgesprochen hat, dass das eigene Publikum diese keineswegs nur als schmückendes Beiwerk empfindet -, aber wer dahinter die Agenda von Kritiker_innen vermutet, die Spielen ihren literaturwissenschaftlichen Stempel aufdrücken wollen, enthüllt mangelndes Verständnis für die Analyse von Spielen. Gerade die Mechanik, die hier angeblich zu kurz kommt, stellt ein hochgradig bedeutungsgeladenes Element dar, an dem sich Kritiker_innen mit Vergnügen abarbeiten.
Das beste Beispiel für derartige Analysen ist die Arbeit von Chris Franklin, der in seinen Video-Essays haargenau betrachtet, wie die Systeme von Spielen ineinander greifen, welche Annahmen in den Parametern ihrer Simulation stecken und welches Weltbild dadurch transportiert wird. Dabei geht er genauer auf Mechaniken, Interfaces und die von ihnen erzeugten Spielkreisläufe ein, als das ein Launch Day Review je könnte.
Kulturelle Spielkritik macht bei allen Spielen Sinn
Aus der Tatsache, dass Mechaniken Bedeutung transportieren, ergibt sich in Folge, dass sich kein Spiel dem Rahmen kultureller Kritik entzieht. Ein Spiel muss sich nicht so explizit bedeutsam präsentieren wie etwa The Beginner’s Guide, damit Interpretation Sinn macht. Es ist sogar unmöglich, ein Spiel so abstrakt und simpel zu gestalten, dass kein Interpretationsspielraum bleibt. Tetris gilt oft als Beispiel für pure Mechanik ohne Bezug zur Realität, und lässt sich doch von Janet Murray mühelos als Darstellung der vielen Belastungen eines gestressten Alltags lesen.
Selbst wenn der Inhalt des Spiels beiseite gelassen wird, bleibt es als gesellschaftliches Phänomen relevant: der kommunistische Designerfolg, der vom Kapitalismus vereinnahmt wird und dort den Konsum der Unterhaltungselektronik antreibt. Wenig überraschend ist der Anwendungsbereich kultureller Kritik ebenso breit wie der des Kulturbegriffs selbst. Spieleentwicklung hat eine eigene Kultur, einzelne Spiele haben eine eigene Kultur, und manche Spielefans haben leider auch ihre ganz, ganz eigene Kultur. Und die kritikwürdig zu nennen, wäre sicherlich noch untertrieben.
Kulturelle Spielkritik will nichts verbieten
Genau genommen ist es ein Fehler, sich überhaupt auf diese Zensur-Rhetorik einzulassen, ist es doch die besorgte Gamerschaft selbst, die bemüht ist, die kreative Freiheit von Entwickler_innen einzuschränken. Etwa wenn diese sich entschließen, eine Transperson in ihr Spiel einzubauen. Oder eine Siegespose wieder daraus zu entfernen. Oder die Nachladedauer einer Waffe um Milisekunden zu verändern. Es erfordert schon einen spektakulären Willen zur Realitätsverweigerung, in kultureller Kritik eine Form von Zensur zu sehen, während dergleichen reaktionäre Tobsuchtsanfälle als traurige Normalität der Spieleentwicklung gelten.
Aber um es klarzustellen: Kritiker_innen geht es nicht um Verbote. Außerhalb absurder Verschwörungstheorien haben wir auch gar nicht die Möglichkeit, auf Spiele derartigen Einfluss auszuüben. Was die Beschäftigung mit einem Thema wie Sexismus leistet, ist darzulegen wie dieser, teils unbewusst, teils unhinterfragt, teils ungehemmt in Spielen reproduziert wird. Eine solche Analyse der transportierten Werte und Ideologien ermöglicht einerseits einen bewussteren Medienkonsum, aber auch einen bewussteren Schaffensprozess. Wenn sich Entwickler_innen tatsächlich dazu entschließen, eine Design-Entscheidung aufgrund solcher Kritik zu überdenken, so nur, weil sich ihnen durch diese eine neue Perspektive anbietet, die ihre eigenen Überlegungen bereichert. Es ist kein Zeichen von Zwang, sondern eines gelungenen Dialogs zwischen Spielkritik und Spieleentwicklung.
Solange solche Änderungen in ihrem Sinn sind, werden sie von der selbsternannten Zielgruppe nicht nur geduldet, sondern auch vehement eingefordert. Aber wehe, sie sieht sich dadurch aus dem Zentrum des Universums gerückt, dann wird die Vision der Entwickler_innen, die eben noch wegen jedes verbliebenen Bugs als unfähig beschimpft wurden, ganz schnell für heilig erklärt. Dieselbe Heuchelei steckt übrigens in der Forderung, doch neue Spiele zu finden oder zu machen anstatt immer an ihnen herumzukritisieren.

Kulturelle Spielkritik liefert keine simplen Antworten
Eigentlich sollte auf der Hand liegen, dass bei der nuancierten Beschäftigung mit komplexen Themen selten ein einfaches Ja oder Nein herauskommt, aber für mehr bietet das binäre Weltbild vieler Menschen offenbar keinen Platz. Sie fordern klare Urteile: Ist Spiel/Figur/Element X jetzt sexistisch oder nicht? Nun, das lässt sich eben nicht immer sagen. Bayonetta stellt etwa einen bekannten Streitfall dar: Einerseits geht die Figur im eigentlichen Spiel selbstbewusst und selbstbestimmt mit ihrer eigenen Sexualität um, andererseits ist dies eben doch keine eigene Entscheidung, sondern Teil der Gestaltung durch den männlichen Designer Hideki Kamiya, aber auch der Designerin Mari Shimazaki. Wie diese beiden Seiten gegeneinander abzuwägen sind, dazu gibt es unterschiedliche Ansichten.
Die Existenz solch unterschiedlicher Standpunkte, die ohne Kenntnis der dahinterstehenden Überlegungen widersprüchlich scheinen, dient oft als Rechtfertigung für absoluten Relativismus, also die Annahme, dass sich sowieso jeder Standpunkt irgendwie erfolgreich argumentieren lässt. Leider ist diese Annahme absoluter Unfug. Nur weil sich etwa darüber streiten lässt, wie genau gesunde Ernährung aussieht - auch weil das, wie bei sexistischen Spielelementen, stark vom individuellen Kontext abhängt - heißt das noch lange nicht, dass sich deswegen auch Fliegenpilze als Superfood verkaufen lassen. Sich einem breiten theoretischen Kontext zu verweigern, ist keine legitime Gegenposition, sondern schlichte Ignoranz.
Kulturelle Spielkritik macht Spiele nicht kaputt
Die Devise lautet: Ruhe bewahren! Auch wenn kulturelle Kritik auf den ersten Blick seltsam anmuten mag, lässt sie sich doch mit Leichtigkeit umgehen oder mit dem eigenen Spielkonsum in Einklang bringen. Entgegen landläufiger Meinungen ist es durchaus möglich, geöffnete Artikel wieder zu schließen, ohne sie erst lesen zu müssen, und auch das Abgeben eines Kommentars ist nicht verpflichtend. Nach entsprechendem mentalen Training lässt sich der Sog des Kommentarbereichs sogar gänzlich vermeiden.
Wer trotz sämtlicher Vorsichtsmaßnahmen mit kultureller Kritik in Berührung gekommen ist, mag befürchten nun mit Spielspaßverlust konfrontiert zu sein, aber auch hier handelt es sich um einen Irrglauben. Auch nach Belastung durch kulturelle Kritik lassen sich Lieblingstitel uneingeschränkt genießen, lediglich im Falle verdrängter Zustimmung kann es zu Zähneknirschen und Schulterzucken kommen. Hier schaffen Kommentare wie “Objektiv falsch!“ und “Ist ja nur ein Spiel” kurzzeitige Linderung.
Kulturelle Spielkritik ist. Punkt.
Lange, lange Jahre wurde gefordert, Spiele mögen doch endlich als Kunstform und Kulturgut anerkannt werden. Nun endlich ist das Ziel erreicht, und das hat seine Folgen. Wie jedes andere Medium auch werden Spiele zum Gegenstand vielfältiger Betrachtungen, feuilletonistischer wie akademischer, feministischer wie postkolonialistischer. Nun, da mit dem Medium intensiver ins Gericht gegangen wird, wird aber auch der Wunsch nach der handzahmen Testerei früherer Zeiten laut. Aber beides auf einmal geht halt nicht. Wer einerseits kulturell ernstgenommen werden will, kann nicht andererseits den Schutzschild der Belanglosigkeit beanspruchen.
Je früher also Spieler_innen Frieden mit kultureller Kritik schließen, oder gar lernen, dieser offen gegenüberzustehen, desto besser für alle Beteiligten. Dann müssen wir diese Unterhaltung in Zukunft hoffentlich auch nie wieder führen.
Kommentare
Richtig so!
Oh ja! Wie richtig. Leider ist es vielen Spielern schwer beizubiegen, dass Spiele eben nicht nur als Spiele, sondern auch als Kulturprodukt zu betrachten sind und dabei eben auch mal durchaus auf einer Metaebene oder abseits der puren Spielmechanik zu betrachten sein sollten. Zuletzt gab es etwa einen herrlich kritischen wenn auch nicht gänzlich objektiven Text bei Gamona, der sich Tom Clancys Division zur Brust und nahm und beleuchtete welche Funktion und negatives Bild dabei eigentlich das Tun der Spieler abgibt. Leider mochten viele Spieler dies nicht wirklich begreifen oder die Ebene der Debatte zur Kenntnis nehmen.
http://www.gamona.de/games/tom-clancy-s-the-division,keine-helden-sonder...
"Wenn sich Entwickler_innen
"Wenn sich Entwickler_innen tatsächlich dazu entschließen, eine Design-Entscheidung aufgrund solcher Kritik zu überdenken, so nur, weil sich ihnen durch diese eine neue Perspektive anbietet, die ihre eigenen Überlegungen bereichert. Es ist kein Zeichen von Zwang, sondern eines gelungenen Dialogs zwischen Spielkritik und Spieleentwicklung."
Kann man aber leider nicht so pauschal sagen. Wenn beispielsweise in einem Spiel der Schieberegler für die Brustgröße fehlt, ist mir das egal, allerdings fehlt dieser nur in der Version für den Westen. Kann man das dann einen gelungenen Dialog und Einsicht nennen? Denn scheinbar wurde hier keine Design-Entscheidung überdacht, sondern einfach nur für den Westen abgeändert. In der Originalversion blieb er schließlich bestehen.
Das wesentlich bessere Beispiel dürfte aber wohl DoAX sein. Hier sagt der Entwickler selbst, dass er es nur noch mit starken Änderungen in den Westen bringen würde, wenn überhaupt. Also hier verzichtet man lieber komplett auf eine Veröffentlichung (alle vorherigen Titel der Reihe sind hier erschienen) weil man sich der Kritik erst gar nicht aussetzen möchte. Bzw. würden sie Design-Entscheidung nur dazu überdenken, um der Kritik zu entgehen.
Also für mich jedenfalls zwei Fälle die Zeigen dass es da eben auch Zwang gibt, sehr deutlich sogar.
Ansonsten stimme ich aber überein. Kulturkritik an Videospielen kann durchaus sehr bereichernd sein, neue Blickwinkel bieten und sehr interessant sein. Ich relativiere das so sehr, weil sich diese Art von Kritik, in den deutschen Medien, immer noch (zumindest gefühlt) zum größten Teil auf ein paar wenige Themen beschränkt.
Auch bin ich zugegebenermaßen sehr genervt von Autoren, die klassische Videospielkritiken herab würdigen. Dabei sehe ich beide Arten von Kritik gern. Die meisten möchten halt in erster Linie wissen, was ein Spiel zu bieten hat und treffen ihre Kaufentscheidungen nicht auf Grund von Metadiskussionen. Und wenn es Interpretations- oder Diskussionsbedarf zu einem bestimmten Aspekt oder Hintergrund des Spiels gibt, dann soll das auf jeden Fall stattfinden. Aber die Autoren dürfen nicht anfangen (bzw. sollten wieder aufhören) sich gegenseitig ans Bein zu pinkeln, weil sie der Überzeugung sind die sinnvolleren Texte über ein Spiel geschrieben zu haben.
@Jimm Bimm: Du irrst dich,
@Jimm Bimm: Du irrst dich, wenn du glaubst, die Entscheidungen von Nintendo und den DOAX-Publishern sei wegen irgendwelcher "Kulturkritik" erfolgt. Dass das von einem PR-Heini von DOAX tatsächlich so verkauft wurde, ist nichts als eine perfide Rechtfertigungsstrategie, die für Empörung, Klicks und somit mehr Hype sorgen sollte - letztlich entscheiden Firmen strikt nach wirtschaftlichen Überlegungen.
Und die sind in diesem Zusammenhang folgende: Wenn das "family friendly" Unternehmen Nintendo seine in Japan ohne Bedenken vorhandenen Brustregler für den (West-, aber hauptsächlich: US-)Markt weglässt, dann sicher nicht, weil sich ein paar hipsterige Feministinnen in Games-Feuilletons drüber beschweren würden, sondern weil im Gegenteil dann der Backlash von ganz anderer, wirklich einzig relevanter Seite kommen würde: den ganzen Müttern, Omas und Onkeln, die ihren Kids ein Spielzeug mit "Schmuddelkram"-Stigma nicht kaufen würden. Wie die Moral der USA gegenüber Sex im Entertainment ist, muss ich wohl nicht näher erläutern - es ist irgendwie absolut absurd, für dieses gesellschaftliche Klima von Prüderie, das zurückgeht bis auf die Puritaner und den GESAMTEN Entertainmentbereich betrifft, ausgerechnet ein paar "Kulturkritiker"zur Verantwortung zu ziehen.
In beiden Fällen ist der Begriff der Zensur oder des Zwangs schlechthin lächerlich - im Gegenteil, es waren in BEIDEN Fällen freiwillige Entscheidungen. Dass diese aufgrund der Einschätzung einer möglichen Kontroverse getroffen werden, ist absolut nix Besonderes. Wenn ich eine Süßigkeit namens "Kanaken-Schoko" irgendwo in Estland ohne Probleme und als der allgemeinen Auffassung nach harmlosen "Scherz" auf dem Markt habe, dann nach Deutschland expandieren will und bemerke, dass ich dort auf Ablehnung und Unverständnis stoße - ist das dann auch Zensur, wenn ich das Zeug freiwillig umbenenne, damit es sich verkauft? Wenn man jedes Eingehen auf kulturelle und gesellschaftliche Normen als Zwang begreift, hat man in einer globalisierten Welt, in der der Konsens herrscht, dass gute Geschäfte eher ohne Vor-den-Kopf-Stoßen des Gegenübers ablaufen, einfach weniger Erfolg.
Im Gegenteil finde ich sogar, dass sowohl Nintendo als auch Play Asia hier feige und OHNE Zwang wirtschaftliche Überlegungen über ihre kreativen Werke stellen. Wenn's provoziert und deshalb von manchen Empörten boykottiert wird - und damit meine ich nicht KritikerInnen, sondern KäuferInnen und Nicht-KäuferInnen, jawohl, genau jene im schlechtesten Fall maximal Games-fernen Omas, Mütter, Politiker und Boulevardjournalisten, die so etwas dann erst schlecht informiert zum Skandal machen - wenn also diese Provokation erfolgt, müssten beide Hersteller mit der Reaktion und den eventuellen Einbußen halt einfach gleichmütig leben bzw ihre Werke verteidigen. Dass sie dies nicht tun, sondern einerseits schlicht lokalisieren (Nintendo), andererseits sich diese Diskussion nicht antun wollen und stattdessen hintenrum anderen die Schuld geben, ist eigentlich schon aussagekräftig genug.
Nochmal: "Zwang" durch eine kritische Betrachtung, "Zensur" deshalb, weil eine Meinung geäußert wird, noch dazu in sowieso kleinen Zirkeln? Beides Unsinn. Wer sein Werk nicht durch die Meinung anderer beurteilt sehen will, darf es nicht veröffentlichen. Wer seine Spiele so gestaltet wie DOAX muss auch dazu stehen und die Ablehnung aushalten - und wenn das nicht der Fall ist, sind nicht jene dran schuld, die was am Spiel auszusetzen haben, sondern die, die feige den Schwanz einziehen und damit zugeben, dass sie keine Argumente haben.
Zu deinem Schlussabsatz: Tests wird es immer geben, wie Joe oben schreibt, stellen solche Texte im deutschen Sprachraum bescheidene 90% des Outputs. Die Abwehrhaltung, mit der auf jede Form abseits dieses Zugangs reagiert wird, zeigt, dass sich viele Spieler nach wie vor im Abwehrmodus gegen JEDE Form von wirklicher Kritik an IHREM Medium befinden, wie sie das von jahrelanger Abwehr gegen "Killerspiel"-Empörte gelernt haben. Die Situation hat sich allerdings geändert: Die Menschen, die heute Spiele kritisieren, wissen, wovon sie reden und lieben Spiele. Das heißt aber nicht, dass sie sie deswegen nicht kritisieren dürfen - im Gegenteil. Fundierte und informierte Kritik ist immer eine Form von Wertschätzung, die weit über das bloße Konsumieren hinausgeht.
Nicht jede unliebsame
Nicht jede unliebsame Entscheidung der Spieleindustrie lässt sich auf Kritiker_innen zurückführen. Gerade Marketing- Zielgruppen- und Imageüberlegungen sind aller Wahrscheinlichkeit von Marktforschung und Fokustests bestimmt. Dass Kritiker_innen, die im Rahmen ihrer Arbeit ja auch den Markt beobachten, teilweise genau das aussprechen, was am Ende bei solchen internen Überlegungen herauskommt, heißt nicht, dass sie den Prozess irgendwie kontrolliert hätten. Letztlich treffen Firmen solche Entscheidungen immer in Eigenverantwortung, und es sollte klar sein, dass kein Publisher der Welt den Finger rührt wenn es nicht irgendwie auch der Gewinnoptimierung dient.
Ich glaube du vermischt da auch viel, wenn du von "Kritik" an diesen Spielen sprichst, die oft eher die Form eines öffentlichen "Ich kauf das nicht" von Games-Persönlichkeiten als von Artikeln über deren Politik annimmt. Vielleicht ist es im weitesten Sinne der Verdienst kultureller Kritik, dass es mittlerweile größtenteils als legitim angesehen wird, so auf bestimmte Inhalte oder Darstellungen zu reagieren, aber dass Entwickler_innen diese tatsächlich meiden liegt eher an der Veränderung des Markts. Gamer sehen sich gerne als einzig legitime Zielgruppe, aber in Wahrheit hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass auch andere Menschen verfügbares Einkommen haben, und es hilfreich wäre diese (auch) anzusprechen.
Das Problem mit der angeblichen Überheblichkeit ist, dass sich viele Menschen schon durch die bloße Existenz kultureller Kritik gestört fühlen. Ich persönlich mag, große Überraschung, traditionelle Reviews nicht besonders. Deswegen les ich die halt einfach nicht, und obwohl diese Textsorte so gut wie omnipräsent ist lässt es sich so gut mit ihr leben. Mein Problem ist, dass ich Texte, die mich ansprechen, mit der Lupe suchen muss. Andere regen sich zeitgleich darüber auf, dass in einem Absatz in einem Test am Rande auf ein Thema eingegangen wird, dass sie nicht interessiert. Oder sie suchen sich einen der wenigen, explizit kulturkritischen Texte, extra um sich darüber zu beschweren wie unnötig er sei.
Da sind wir wieder bei dieser Sache mit sich ändernden Zielgruppen. Lange Zeit fiel es Gamern leicht "jedem das seine" zu predigen, schließlich war das ihre in Wirklichkeit auch das einzige was produziert wurde. Aber jetzt wo plötzlich auch andere Interessen bedient werden, fühlen sie sich an allen Ecken und Enden benachteiligt. Es ist genauso, wie wenn Leute sich darüber aufregen, dass mit Pride Paraden mal einen Tag im Jahr queere Beziehungen öffentlichen Raum einnehmen dürfen. Wo ist die straight parade? Die findet an den restlichen 364 Tagen im Jahr statt, an denen Heteropaare in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten austauschen, für die andere Paare angestarrt bis angepöbelt werden.
Versagen der Wissenschaft?
Ich würde vermuten, dass ein Grund für dieses deutschsprachige Unikum auch im bisherigen Versagen von uns KulturwissenschaftlerInnen liegt, die Valenz von solchen Überlegungen - die im akademischen Rahmen mehr oder weniger selbstverständlich sind - an die Öffentlichkeit zu kommunizieren. Wir lernen an deutschen und österreichischen Unis vor allem möglichst verklausuliert für andere WissenschaftlerInnen zu schreiben. Durch seitenlange Fussnoten und oft unlesbare Satzkonstrukte umgehen wir die Gefahr von vielen verstanden zu werden und uns vor einem großen Publikum bewähren zu müssen. So brauchen wir uns aber auch nicht wundern, wenn unser Erkenntnisstand auf kleine akademische Kreise beschränkt bleibt. Vieles was uns selbstverständlich scheint, erscheint anderen - den meisten - esoterisch und exotisch, da wir uns nie die Mühe gemacht haben es verständlich zu formulieren. Im englischsprachigen Raum ist die Grenze zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit weitaus durchlässiger, was sich unter anderem in einem verbreiteteren Verständnis für kulturwissenschaftliche Perspektiven zeigt.
Word! Auch ein Grund, warum
Word! Auch ein Grund, warum ich persönlich dem Akademischen inzwischen eher fern bleibe - man schreibt hauptsächlich für die Schublade.
He!
Ich hatte jetzt doch etwas vehementeren Widerspruch erwartet: "Nein, sag das nicht, Ihr könnt das noch ändern! Es ist nicht zu spät! Kulturwissenschaft ist relevant! Wie sollen wir sonst die Welt und Gesellschaft in der wir leben verstehen lernen?"
VideoGameTourism
Und wofür wird hier geschrieben? Für die Manipulation welcher Öffentlchkeit - mit welcher einseitigen Ideologie der vorgeblichen Kulturindustrien und nachgeblichen Artefakte?
Ist es nicht vielmehr so, dass Sie "persönlich dem Akademischen inzwischen" deshalb "eher fern" bleiben, weil dort derlei populistischen Vereinfachungen und naturalistischen Stehsätzen der Ursache, "Identität" und Wirkung, wie sie hier ausschließlich gefordert zu sein scheinen, halt doch noch nicht überall einfach so nicht widersprochen wird - die angebliche Intellektualtiät, der akademische Charakter dieses journalistischen Blogs diesbezüglich durchaus auch (noch immer) als das enttarnt werden könnte was er ist, meiner Meinung nach schon immer war, nämlich oberflächlicher, boulevardesker Antiintellektualismus? Dogmatisch.
Während im angloamerikanischen Raum dank TED und Co. ohnehin bereits ein Wissenschaftszirkus präsent ist: ein Betrieb der Unterhaltung mit Geist und Kultur verwechselt, damit den Leuten zu sagen wie Sie leben sollen - einer allenthalben medizinalisierten Therapie gleich? Gesundheits- und Sicherheitsdispositiv sei Dank - wie ich als Mensch mit Behinderung tagtäglich am eigenen Leib feststelle. Geist und Kultur nur zwischen Natur und Sport irgendwo noch einen Platz finden.
In Deutschland hat vor vielen Jahren ein prominenter Games-Mainstream-Journalist auch mal "mehr Geist" gefordert - und ging danach zu Bigpoint. So ungefähr.
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Einmal die Woche wird jetzt hier eine "Mod" besprochen, dann "gibt es" die regelmäßigen "Indie"-Texte, vor allem rund um diverse kommunitaristische (Proto-)Festivals und/oder Events, allesamt ultilitaristisch verbrämt. Das ist das hiesige "Angebot".
Außer zu manchen Abstraktionen und "Musik" ohne jegliches Begehren ausgestattet, ausgesprochen sinnlichkeitsfeindlich, geradezu Hoferisch "vernünftig" von einer strammen Rationalität geprägt. Elitär ohne Malteserkreuz, aber trotz allem ja "weltoffen".
Es wird keineswegs danach gefragt, warum Videospiele etwa NICHT "schädlich" sein sollen. Was an einer "Gefahr" etwa überhaupt negativ wäre.
Nein, stattdessen werden nur die üblichen Platitüden zu Arbeit und Dienstleistungsgesellschaft zusätzlich gelegentlich von sich gegeben. Von Freiheit keine Spur - Medienfeiheit ein Fremdwort, stattdessen immer nur ein Soll, mangelhafte Repräsentation, die Klage von Zwang, Strukturen usw. Nur wer sich hier selbst repräsentiert, danach wird nicht gefragt.
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Oben beim Logo findet sich eine Comicfigur die offenbar Sie "repräsentieren" soll. Das ist dann vermutlich Ihre eigene Vorstellung von "Repräsentation", welche in der Folge auf "alle" anderen übertragen werden soll.
Eine Idee die ich nur zutiefst menschenverachtend nennen kann, geprägt von einer negativen Beziehung zu allem das dem fremd wäre, anders ist, anders denkt, eine andere Sexualität, Biografie, Körper usw. aufweist - all das wird als Holunder beschrieben, sei unverständlich, "Stuss", mit Ismen und persönlichen Untergriffen zugedeckt, schlicht und einfach fertig gemacht.
Sie, und mithin das hier schreibende Ihr, mögt/en "kritisieren" wenn eine "Transperson" im Sinne von "Zensur" entfernt werden soll, aber wer "Frau" oder "Mann" sein darf, "als" dargestellt oder gefühlt werden dürfte, darüber, über dieses "Soll", bestimmt immer noch die sehr einseitige und damit eingeschränkte Wahrnehmung eines Klüngels, bestimmen gleichgesinnte Cliquen. Vor allem über Darstellungen von Frauen - weshalb ich diesen Blog mitsamt all seinen TäterInnen-Opfer-Umkehrungen auch nur zutieft misogyn und sexistisch nennen kann.
Und was wäre, wenn Blizzard der anderen Forderung nicht nachgekommen wäre, die andere Darstellung zu entfernen. So wie es Capcom usw. schon von sich aus getan haben - dann wäre "Overwatch" auch irgendwann Opfer dieser Zuschreibungen geworden, aber es ginge absurder Weise ja nicht um "Verbote" oder "Zensur", das wird weit von sich gewiesen...
Es ist ein schlechter und schlichter Hohn dieses Narrativ noch so zu verbreiten. Verantwortungslos und selbst "Realitätsverweigerung" ist es sowieso.
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Denn mittlerweile erscheint gefühlt fast kein größeres japanisches Videospiel mehr, das für den Westen euphemistisch nicht "verändert" worden wäre, nur die kleineren Nischentitel bleiben von Nintendo und Co. noch unbelastet. Und daran soll keine westliche "Kulturkritik", geschweige denn "Kritikkultur" die Schuld tragen, sondern wieder mal das Games-Publikum selbst, also die gut und gern verhassten "Gamer" mitsamt ihren von TäterInnen-Opfer-Umkerhungen geprägten Toren und Torheiten.
Nein, die Probleme beginnen vielmehr schon bei der Nicht-Defintion elemanterer Begriffe wie "Kritik" und "Kultur". Beim bloßen Bezug zur Welt und ihrer Inhalte, egal ob "real" oder fiktional.
Seit Jahr und Tag warte ich bis hier wenigstens einmal ein von dieser Norm abweichender Artikel erscheinen darf. Seit Jahr und Tag, Monat um Monat, vergeblich - eine einmalige Politik der Ausgrenzung, welche ich von den Universitäten glücklicher Weise (noch) nicht kenne.
So geht es im Rahmen dieses "Fortschritts" leider zu. Und immer weiter.
Seufz. Der Text stammt nicht
Der Text stammt nicht einmal von mir, sondern von Joe Köller. So viel mal zum Handfesten.
Hier stand zuerst ein schnippischer Kommentar als Antwort auf diesen Rant, den du in deinem Blog u.a. ja unter den schönen Schlagworten "Biologismus, Chauvis, Kapitalistische Verschärfungen, Alltagsfaschismus, Antibürgerliches, Erotophobes, Fremdenfeindlichkeit und Menschenverachtung, Medienressentiments, Opfer- statt TäterInnenrollen" getaggt hast.
Den hab ich gelöscht, weil ich dich nicht beleidigen oder ins Lächerliche ziehen will. Ich kann deine emotionale Tirade nicht verstehen. Tut mir leid, dass du dich von dem, was du hier liest, so aufgewühlt siehst. Machs einfach so, wie 99,99999999999999% der Restbevölkerung und ignorier mich einfach, ja? Ist ja nicht so, dass ich hier einen Lehrstuhl für wasauchimmer bekleide, der ultimative Dogmen verkündet, gegen die man sich dann so leidenschaftlich stemmen muss. Kommt mir ungesund vor.
Sorryyy
Sorryyy
Relevant ja, aber dass bei
Relevant ja, aber dass bei der Vermittlung der Geisteswissenschaften viel im Argen liegt lässt sich kaum bestreiten. Gerade wenn ich jetzt daran denke wie im englischen Sprachraum Leute wie Brendan Keogh, Cameron Kunzelman oder Lana Polansky solche Ideen in die Blogszene einbringen oder auch bei großen Seiten diskutieren.
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