Modtag! Kreedz Climbing

Auch der zweite Tag im zweiten Monat des Jahres ist wieder ein Modtag, an dem Stefan Köhler einen Abstecher in die Welt der Mods zu VGT beisteuert. Diesmal: Während uns aktuelle Ereignisse oft zusammenhangslos und unberechenbar erscheinen, sieht der Lauf der Geschichte im Rückblick doch meist linear und unaufhaltsam aus. Wortwörtlich gilt Letzteres auch für eine Entwicklung, die sich in digitalen Spielen parallel zu Bewegungen wie Parkour in der realen Welt vollzog – als Herausforderung, sich die Architektur/Umgebung zunutze zu machen statt sich ihr anzupassen, oder getreu dem Motto der Kreedz Climbing-Mod: „It's just gamer vs. gravity“...

#03 – Kreedz Climbing (2008) 

Wie bereits die noch aus analogen Zeiten stammende Tradition des Bergsteigens vermuten lässt, üben Wände und Spielfeldbegrenzungen, ob nun sichtbar oder nicht, auch in Games zumindest für bestimmte Spieler eine großen Reiz aus. Noch vor der Modifikation von Spieldaten, um an unerreichbare Ziele zu gelangen (etwa durch den NoClip-Cheatcode), suchten und fanden Gamer Wege, um durch Aktionen wie den Rocketjump oder einen kreativen Einsatz virtueller Gegenstände höher und weiter zu kommen, als es die Entwickler vorgesehen hatten. Mein Lieblingsbeispiel für eine solche Manipulation der Spielwelt ist immer noch die Idee, Haftminen in Deus Ex so an einer Wand anzubringen, dass man über diese wie auf einer Treppe emporsteigen und an Orte außerhalb der scheinbaren Levelgrenzen gelangen konnte. Wachsende Rechenpower ermöglichte es, Spielern immer größere Welten zum Erforschen und Durchqueren zu bieten, ob nun in abstrakterer Form wie 2008 in Mirror's Edge mit waghalsigen Sprüngen von Hochhaus zu Hochhaus, erleichtert durch farbige Wegmarkierungen, oder in realistischerer Grafik als Attentäter, der in Assassin's Creed II (2009) über den Dächern des historischen Venedigs unterwegs ist.

Trotz des ähnlichen Namens besteht dabei höchstens eine ideelle Verbindung zu einem Spieler namens „Kreedz“, der bereits in der Half-Life-Modifikation Counter-Strike aus der Suche nach optimalen Versteckmöglichkeiten für Scharfschützen die Idee entwickelte, das dazu nötige Springen und Klettern zu einem Spielmodus auf eigens dafür erstellten Karten zu machen. Während die Fortbewegungsart Parkour durch Filme schließlich einem Massenpublikum bekannt wurde, unter anderem in der Intro-Sequenz des James Bond-Streifens Casino Royale (2006), erfreute sich das Kreedz Climbing getaufte Projekt ebenfalls großer Beliebtheit und wird bis heute in Form neuer Karten/Features als Modifikation für die Source-Engine weiterentwickelt.

Dabei basieren die fünfzehn verschiedenen Spielmodi, die vom Springen von Plattform zu Plattform bis zum Durchqueren von Räumen reichen, die mit Todesfallen gespickt sind, alle auf dem Prinzip, auf möglichst direktem Wege von Punkt A nach Punkt B zu kommen. Im Gegensatz zu der Bewegungskunst des Parkour und wie beim Speedrunning  zählt dabei auch die benötigte Zeit. Auf Weltranglistenniveau wird zudem wichtig, wie nahe man einer perfekten Runde gekommen ist, das heißt, wie oft man sich zu einem früheren Speicherstand zurück teleportieren musste, um einen gescheiterten Sprung zu wiederholen. Spieler, die bei den Hüpfpassagen der Xen-Welt in Half-Life trotz Quicksave graue Haare bekamen, sollten daher besser die Finger von Kreedz Climbing lassen, denn vor einem Geschwindigkeitsrausch steht hier wie bei jedem Sport der Frust des Übens...

Genug geschrieben, Let’s Play:

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