Speed, more Speed! - Torus Trooper
Das ist ein Beitrag zu Zockwork Oranges "52 Games"-Projekt, in dem pro Woche ein Text zu einem bestimmten Thema zu einem frei wählbaren Spiel gefragt ist. Thema Woche 6: Geschwindigkeit.
Kenta Cho ist ein bescheidener Mann. Wäre er das nicht, und käme er nicht aus einer Zeit vor dem Aufstieg der Indie- und Mobile-Games-Szene, müsste er eigentlich ein Star sein. Denn Kenta Cho programmiert die bizarrsten, schönsten, abstraktesten, schnellsten und spacigsten Shmups der Welt.
Weil die Welt so ist, wie sie ist, betreibt Kenta Cho das Programmieren mörderisch minimalistischer Bullet-Hell-Shooter als Hobby nebenbei, und er weigert sich, Geld dafür anzunehmen. Auch als sein innovativer Freeware-Shooter Tumiki Fighters unter dem Namen Blast Works für Nintendos Wii als eindeutiges Remake releast wurde, hielt sich Cho nobel zurück. Im Interview mit Quote Unquote erklärte er, warum er partout kein Geld dafür annehmen wollte:
I want all people to use my games and their sources freely. Using an idea from my game for commercial use is no exception. So I released most of my games under the modified BSD license.
Mehr als ein Dutzend seiner seit 2002 fertiggestellten Spiele sind auf seiner Website ABA Games zum freien Download verfügbar. Das schnellste und hypnotischste darunter: Torus Trooper.
Torus Trooper ist ein Rausch aus Highspeed, Technosoundtrack und Neon. Der Ausgangspunkt ist der Spielhallenklassiker Tempest, doch Torus Trooper erweitert den Klassiker um Geschwindigkeit. Rasende Geschwindigkeit, denn das minimalistisch-futuristische Schiff, das der Spieler steuert, rast mit halsbrecherischem Affenzahn durch sich ständig drehende und verzweigende Tunnelröhren.
Es ist eine Amokfahrt gegen die Uhr: Erreicht der Countdown null, heißt es Game over. Ein Tod im Kampf gegen die zahlreichen Gegner bedeutet Zeitverlust, das Besiegen der regelmäßig auftauchenden Bosse bringt dagegen Bonussekunden. Was simpel klingt, erweist sich im Spiel als hypnotischer Balanceakt zwischen strategischem Waffeneinsatz und halsbrecherischem Manövrieren.
Der Reiz von Torus Trooper liegt aber paradoxerweise trotz aller Hektik nicht im Adrenalin, sondern in der Entspannung, im Alphazustand, im Flow: Im zeitlosen, abstrakten Drahtgitter-Design, untermalt von einem unnachahmlich treibenden, anachronistisch pulsierenden Technotrack verschwindet die äußere Welt - die volle Konzentration auf das in seiner puren Geschwindigkeit überwältigende Rauscherlebnis lässt keine Ablenkung zu. Und während der unten im Spielfeld angezeigte Tachometer die hysterisch absurde Geschwindigkeit von ein paar Tausend Stundenkilometern anzeigt, wird unser Kopf mit jeder Sekunde leerer, die Zeit verlangsamt sich und wir versinken im Rausch aus Geschwindigkeit und absoluter, trance-artiger Konzentration. Torus Trooper ist schneller als unser Gehirn; doch genau wie Klaviervirtuosen oder Fechtmeister brauchen wir eigentlich gar nicht auf unsere langsame graue Masse zu warten. Wir denken nicht, wir tun.
Torus Trooper ist schnell und so futuristisch, wie der Mainstream niemals sein wird. Es ist ein einzigartiger Cocktail aus Adrenalin und Meditation. Danke, Kenta Cho.