Was man spielen soll: Slay the Spire

Slay the Spire ist eine gelungene Mischung aus Roguelike und Kartenspiel. Raum für Raum klettere ich den namensgebenden Turm empor und kämpfe dabei rundenweise gegen allerhand Feinde. Über deren Köpfen wird angezeigt, welche Attacke sie für den nächsten Zug planen und wie viel Schaden diese verursacht, dementsprechend kann ich mit Angriffs- und Verteidigungskarten reagieren. Unverbrauchte Karten werden abgeworfen und in der nächsten Runde durch eine neue Hand ersetzt. Sollte ich siegreich aus dem Kampf hervorgehen, darf ich mir eine von drei neuen Karten aussuchen und meinem Deck hinzufügen.

Das Kampfsystem von Slay the Spire überzeugt nicht nur mit seinem angenehmem Tempo, sondern verdient auch großes Lob für seine klare Kommunikation, die das Kopfrechnen mit all den Zahlen im Spiel enorm erleichtert. Sollten meine Karten bei einem gestärkten oder geschwächten Feind mal mehr oder weniger Schaden verursachen, bekomme ich die aktualisierten Werte in rot oder grün direkt auf der Karte angezeigt. Für fast alle dieser Statuseffekte gibt es außerdem praktische Markierungen unterhalb der Spielfigur, inklusive erklärendem Textfenster. Passive Relikte, die mir in jedem x-ten Zug oder bei jedem x-ten Angriff einen Bonus verleihen, haben einen praktischen Zähler und leuchten außerdem auf, wenn sie gerade aktiv sind. Diese Klarheit trägt enorm zum Spielfluss bei.

Außerdem ist es erfrischend, mal wieder ein digitales Kartenspiel außerhalb des free-to-play Marktes zu spielen: anstelle das Anhäufen einer immer größeren Kartensammlung in den Mittelpunkt zu stellen, konzentriert sich Slay the Spire nicht auf Besitz, sondern die Prinzipien des Deckbaus und macht die Auswahl einer neuen Karte zur bewussten Handlung, bei der auch Verzicht eine legitime Option darstellt. Weil verbrauchte Karten wieder in mein Deck gemischt werden, sobald dieses leer ist, kann es durchaus Sinn machen, mit einem kleinen, aber elegant designten Deck in den Kampf zu ziehen. Wenn ich jeden Müll mitnehme, dauert es umso länger, bis ich die guten Karten ziehe.

Dank des Zufallsfaktors ist es aber auch gar nicht so einfach, überhaupt mal ein gut geöltes Deck hinzubekommen. Im Idealfall entscheide ich mich relativ früh, in welche Richtung es ungefähr gehen soll. Blöd nur, wenn ich mir anfangs eine Karte zulege, die bei vergifteten Feinden wirkt, und mir dann keinerlei Gift angeboten wird. Oder wenn eine Karte in meinem Deck zu nutzlosem Ballast wird, weil ich ein Relikt mit dem gleichen Effekt finde. Bei Händlern und einigen Zufallsbegegnungen lassen sich zwar einzelne Karten wieder aus meinem Deck entfernen, es aber wirklich umzukrempeln, liegt meist außerhalb der Möglichkeiten.

Entsprechend fraglich bleibt, wie viel Inhalt Slay the Spire, das derzeit im Early Access verfügbar ist, wirklich noch hinzugefügt werden kann, ohne das Konzept zu verwässern. Je mehr Decktypen den unterschiedlichen Charakteren durch neue Karten ermöglicht werden sollen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass mir während eines Runs ein unbefriedigender Mischmasch präsentiert wird. Die Zukunft des Spiels bleibt spannend, die Gegenwart ist auch jetzt schon zu empfehlen.

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