Was man spielen soll: Depths of Fear: Knossos
Keine Reviews, aber: Wir sagen ab sofort, Was man spielen soll.
Was: Depths of Fear: Knossos, Windows, 5,99€
Depths of Fear: Knossos ist ein First-Person-Stealth-Spiel mit Roguelike-Elementen. Als Theseus erforscht man immer neu generierte Labyrinthe, die voller simpler Untoter und wilder Tiere, aber vor allem das Zuhause tödlicher Monster der griechischen Mythologie sind. Von einem zentralen Hub aus betritt man die einige Stockwerke tiefen Heimstätten des Satyrs, der Medusa, des Zerberos und so weiter, um nach deren Bezwingen schlussendlich den Minotaurus selbst herauszufordern.
Obwohl wir immer stärkere Waffen kaufen können, sind wir die meiste Zeit damit beschäftigt, vor den monströsen Hausherren davonzulaufen und uns im Dunkel zu verstecken. Die direkte Konfrontation mit den mythischen Bestien führt meistens zum Tod, der - im Unterschied zu den Original-Roguelikes - nicht permanent ist, aber uns an den Anfang des jeweiligen Monsterkerkerlevels zurückwirft. So tastet man sich ängstlich an den umherpatrouillierenden Monstren vorbei, bis man sie in Herzschlag-Showdowns ganz unten in ihren jeweiligen Kerkern zur Strecke bringen darf.
Ein Endlosmodus sorgt nach Abschluss der Kampagne für Langzeitmotivation - bis man den startet, vergeht aber einiges an Spielzeit.
Wie:
Depths of Fear: Knossos ist beileibe kein schönes Spiel. Die Monster schrammen an der Grenze zum Komischen entlang, die Animationen sind klobig, die (abschaltbaren) Körnungs- und Bloom-Effekte legen einen schmierigen Schleier über die klotzhaften griechischen Labyrinthe. Diese "billige" Ästhetik ist - so viel Realismus darf sein - wohl nicht ausschließlich Ergebnis künstlerischen Wollens, sondern ziemlich sicher auch den bescheidenen Mitteln des Entwicklers geschuldet. Umso bewundernswerter, wie clever Depths of Fear : Knossos diese seine geringem Budget geschuldeten Unzulänglichkeiten in gewollt erscheinende Tugenden umwandelt.
Denn vor allem Musik und Sounddesign schaffen es im Handumdrehen, die Unzulänglichkeiten der Optik als gewollte Stilentscheidungen zu akzeptieren. Die bedrohlichen Synthflächen, die elektronisch piepsenden Glissandi, die wabernden Bässe: Nirgends wird so deutlich wie im - hier anhörbaren - Soundtrack, dass hier kein "Realismus" angestrebt, sondern mit ansteckender Freude und fast kindlicher Ernsthaftigkeit eine absichtsvoll künstliche Welt gezeigt wird. Ich scheue mich nicht, für diese gewagte Mischung das Wort "grandios" in den Mund zu nehmen - gemeinsam mit den simplen, aber effektiven Sounds der Gegnerschaft und Umgebung entfaltet sich nicht zuletzt durch diese Musik eine fast albtraumhafte Spielwelt, die ihre Künstlichkeit nirgends verbirgt und deshalb um nichts weniger beeindruckt.
Warum:
Depths of Fear: Knossos ist fürwahr keine Schönheit, doch die Ernsthaftigkeit, mit der mit diesen beschränkten Mitteln gehandelt wird, nötigt in Verbindung mit solidem, aber kaum revolutionär interessantem Gameplay Respekt ab. Wer mit den mythischen Bestien Ray Harryhausens aufgewachsen ist oder der (Produktions-)Ästhetik von 60s- und 70er-Jahre-C-Movies etwas anfangen kann, wird über den Mangel an Polish gern hinwegsehen und mit Faszination wieder und wieder in die Labyrinthe absteigen - vor allem wegen des erwähnten unglaublichen Scores, der mit einer Stilsicherheit die cheesy 60s/70s-Synth-Horror-Ästhetik zu neuem Leben erweckt.
Nicht nur der fantastische Trailer erinnert an die - typischerweise italienischen oder spanischen - trashigen Monsterfilme, die stets in ernsthaft gemeinter, aber unweigerlich komisch wirkender Billigkeit mündeten. Die Meisterwerke des Giallo, der spezifisch italienischen Spielart des 60er/70er-Jahre-Horrors, beeindrucken auch die notorisch zynisch abgebrühten Zuseher der Gegenwart durch diese Mischung aus blutiger Ernsthaftigkeit und dem eisernen Willen, ohne die Miene zu verziehen mit billigsten Effekten und den bescheidenen Produktionsmitteln des C-Movies alles zu geben. Denn beim Kauern im Schatten hinter dorischen Säulen, während wenige Meter vor uns die tödliche Hydra vorbeikriecht, entfaltet dieses so lächerlich anmutende Trash-Vehikel dann doch noch einen Sog des Schreckens, den man bei "großen" Horrorspielen oft schmerzlich vermisst.
Depths of Fear: Knossos ist ein stilistisch souverän und absichtsvoll gebrochenes Spiel, fast möchte man sagen: ein postmodernes. Wer Style mehr schätzt als Grafik, und Ernsthaftigkeit im Angesicht des Grotesken dem billigen Kalauer vorzieht, ist dem Labyrinth des Minos einen Besuch schuldig.
Obwohl:
Depths of Fear: Knossos ist - wie erwähnt - nicht schön, das Gameplay wird durch relativ schwammige Steuerung nicht knackiger und der Zufallsgenerator wirft durchaus auch mal Gemeinheiten in unsere Richtung. Wer Hochglanz, Story und/oder spielerische Innovation sucht, wird hier nicht fündig. Freunde außergewöhnlicher Atmosphäre mit einem Faible für den 60er/70er-Jahre-Clash von Camp, Ernsthaftigkeit und psychedelischem Soundtrack allerdings definitiv.
Nachbarschaft:
Spielerisch: Eldritch. Vom Style her: der großartige Endless-Runner God of Blades, der ebenso genial mit 70s-SF spielt.
Soll man?
Akustisch und optisch psychedelischer Horrortrip, der durch aufrichtige Ernsthaftigkeit und Stilsicherheit alle technischen Mängel vergessen macht? Allein wegen der Eigenständigkeit der Mischung: auf jeden Fall.