Best of Indie März 2016

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Zwei der erfolgreichsten Indie-Neuerscheinungen habe ich im GameStandard bereits mit ausführlichen Rezensionen gewürdigt: Das faszinierende Fabrikspiel Factorio (Windows, Linux, Mac, 20 Euro) begeistert seine Spielerinnen und Spieler diesen Monat ebenso wie der herzallerliebste Pixelbauernhof von Stardew Valley (Windows, 13,99 Euro) - und beide Spiele beweisen durch ihre enthusiastische Aufnahme auf Steam, dass “kleine” Spiele auch neben den großen AAA-Blockbustern große Erfolge feiern können.

Aber auch abseits dieser beiden Perlen bringt der Frühling bemerkenswerte Spielen für Freunde des Indie-Spiels. Hier sind die spannendsten Neuerscheinungen der letzten Wochen.

Samorost 3 (Windows, Mac, Linux, 19,99 Euro)

Das Brünner Studio Amanita Design ist Kult: Die Adventures “Machinarium” und “Botanicula” zählen zu den absoluten zeitlosen Geheimtipps, wenn es um die charmante Mischung von liebevoller Grafik, schrägem Humor und außergewöhnlichem Soundtrack geht. Mit den beiden ersten Teilen des Browser-Games “Samorost” hat sich deren Erfinder Jakub Dvorský schon ab 2003 einen Sonderstatus erarbeitet.

Nun folgt mit dem dritten Teil der Serie um einen kleinen Waldzwerg in einer fantastisch-surrealen Miniaturwelt eine dicke Extraportion all dessen, was die Serie ausmacht: eine bezaubernde Kulisse zwischen Fotorealismus und surrealer Fantasie, sympathisch verschrobene Figuren und Rätsel und erneut ein Soundtrack, den man sich auch auf der Stereoanlage wieder und wieder anhören möchte. “Samorost 3” ist allerdings nicht nur umfangreicher, sondern auch schwieriger geworden als seine direkten Vorgänger, in denen meistens das entspannte Klicken auf alle möglichen Interaktionen zum Ziel führte - dank integriertem Hint-System hält sich aber auch in Teil drei bei den schwierigeren Passagen der Frust in Grenzen. Ein absolut bezauberndes, unglaublich liebevoll gemachtes Ausnahmespiel, das einen mit einem Lächeln zurücklässt.

The Culling (Early Access, Windows 14,99 Euro)

Dass das wuchernde Genre der Sandbox-Survival-MMOs inzwischen an einigen Problemen laboriert, war erst vor kurzem Thema meines Eintrags in der GameStandard-Meinungskolumne - umso schöner, dass sich bereits neue Konzepte finden lassen. “The Culling” verbindet den Crafting- und Survival-Aspekt des Genres mit rasanten Player-versus-Player-Duellen im knackigen Zeitlimit und lässt so das actionreiche Endgame mancher Sandbox-Welten für sich allein stehen - eine Entwicklung, die sich zuvor in einigen Mods oder auch dem Trend zur Abkoppelung dieser Spielvarianten aus den Grundspielen angekündigt hatte.

Die Ausgangssituation ist so klassisch wie gnadenlos: Wie in “Battle Royale” oder “The Hunger Games” stehen sich Spielerinnen und Spieler im mörderischen Kampf um den letzten Überlebenden gegenüber. Im trügerisch idyllischen Inselparadies lassen sich die diversen Mordinstrumente aber nicht nur finden, sondern auch aus allerlei Rohstoffen selbst zusammenbasteln. Ob allein oder im Team-Deathmatch: Der gemeine Überlebenskampf, der gegen Ende der zwanzigminütigen Runden durch Einengung des riesigen Spielfeldes nochmals verschärft wird, weiß mit Spannung und Rasanz zu gefallen. Trotz (unvermeidlichem) Early-Access-Status schon jetzt ein erfrischender Mordsspaß.

The Flame in the Flood (Windows, Mac, Linux 19,99 Euro)

Dass Überlebenskampf zugleich hart und melancholisch-romantisch sein kann, beweist “The Flame in the Flood”: Nach einer apokalyptischen Flut sind Spielerinnen und Spieler in der Rolle der einsamen Abenteurerin Scout mit ihrem Floß nur in Begleitung ihres treuen Hundes stetig flussabwärts unterwegs. Der Kern des Spiels ist der Kampf gegen die bedrohliche Natur ebenso wie jener mit schwindenden Ressourcen, feindlich gesinnter Tierwelt und um die eigene Gesundheit. Nur wer vorausschauend - und wegen der zufällig generierten Spielewelt auch mit etwas Glück - auf den regelmäßigen Landgängen die nötigen Rohstoffe sammelt und zu allerlei Nützlichem zusammenbastelt, hat die Chance zu überleben.

Was grimmig klingt, ist dank der Art Direction eines an Blockbustern wie “Bioshock” geschulten Indie-Teams eine wunderschöne, manchmal melancholische und bisweilen sogar meditative Flussreise im ganz speziellen Style geworden, die besonders abseits der Kampagne, im “Endless”-Modus, zu einer besonderen Flussreiseerfahrung wird. Dabei spielt auch der wehmütig-romantische Americana-Soundtrack mit viel Gitarre und Gesang eine besondere Rolle.

Deadbolt (Windows, 9,99 Euro)

Man nehme den Stil von 2D-Puppenhaus-Thrillern wie “Gunpoint” oder “Ronin”, Splatter und Präzisiongameplay von “Hotline Miami” und Stealth-Elemente von “Mark of the Ninja”, mische eine originelle Noir-Horrorwelt mit untoten Zombie-Gangstern und knallharter Unterwelt im Wortsinne dazu und voilà: Fertig ist ein knochentrockenes Action-Stealth-Massaker, das wegen seiner Härte zum Zähneknirschen, wegen seiner Fairness und Präzision aber auch zum Weiterspielen bringt.

“Deadbolt” zelebriert sein grafisches Understatement mit einer erstaunlich detaillierten Miniaturwelt, knackigem Charakterdesign und hysterisch überzeichnetem Comic-Splatter. Wie bei “Hotline Miami” trägt auch hier der pumpende Soundtrack dazu bei, seine Spielerinnen und Spieler in tranceartigen Flow zu versetzen, doch zum Relaxen ist keine Zeit. “Deadbolt” balanciert stets an der Grenze zur Frustration, doch der Kern des Gameplays erlaubt überraschend viel Taktik und belohnt sowohl Planung als auch Improvisationstalent. Den Machern des Rogue-like-like-Shooters “Risk of Rain” - ein Geheimtipp des letzten Spielejahres - ist mit ihrem Noir-Splatter-Horrorthriller ein weiteres kleines Indie-Juwel gelungen.

Salt & Sanctuary (PS4, 17,99 Euro)

Den Spott der deutschsprachigen Spielerschaft hat sich der letzte Eintrag im April-Best-of verdient: Wenn ein stimmungsvolles Abenteuer mit dem abenteuerlichen Satz “Wir haben in der Nacht bestiegen worden” beginnt, liegt mit der Übersetzung wohl so einiges im Argen. Das sollte zumindest halbwegs des Englischen mächtige Spielerinnen und Spieler aber keinesfalls dazu bringen, das ansonsten überaus gelungene 2D-Rollenspiel-Action-Adventure links liegen zu lassen, denn “Salt & Sanctuary” wird seinem großen Vorbild im Geiste, der “Dark Souls”-Reihe, über weite Strecken absolut gerecht.

Angesichts dieser Inspiration versteht es sich von selbst, dass hier kein Feelgood-Abenteuer für samtpfotige Gelegenheitsspieler, sondern ein herausforderndes, atmosphärisch düsteres und mechanisch komplexes Hardcore-Spiel auf geduldige Masochisten mit eiserner Disziplin wartet. Die werden für ihre Ausdauer und Entschlossenheit allerdings reich belohnt. Wer weiß, vielleicht wird ja aus “Wagen her” tatsächlich noch das “All your base are belong to us” des Jahres 2016?

Und sonst?

Wer sich für das Zusammenspiel aus Gameplay und Erzählung interessiert, sei auf das faszinierende Moon Hunters (Windows, 14,99 Euro) verwiesen: Das Action-Rollenspiel für bis zu vier Spieler (online oder lokal) verbindet klassisches “Zelda”-Top-down-Gameplay mit einem absolut innovativen Storytelling-Ansatz, in dem die Entscheidungen der Spielerinnen und Spieler direkten Eingang in die vom Spiel erzählte Mythologie seiner auch grafisch beeindruckend gestalteten Fantasy-Welt finden - ein Mini-Epos im sich mit jedem Spieldurchlauf wandelnden Mythos vom ewigen Kampf des Guten gegen das Böse.

Mit Paws (Windows, Mac, Linux, 14,99 Euro) entführen die schwedischen “Shelter”-Macher ein weiteres Mal in die skandinavische Tierwelt - während Teil eins das Leben als Dachsmutter auf die Monitore zauberte, zeigen sowohl Teil zwei als auch das Spin-off “Paws” die gefährliche Welt der Luchse - diesmal allerdings weitaus linearer als im Originalspiel. Bekannt einzigartiger Grafikstil sowie ein Fokus auf Story machen auch diesen Ausflug in die Fauna zum stimmungsvollen - wenn auch kurzen - Erlebnis.

Mit Adr1ft (Windows, 19,99 Euro) beginnt schließlich auch im “Best of Indie” das VR-Zeitalter - wer sich nicht zu den Early Adopters zählt, kann das Weltraum-First-Person-Abenteuer aber auch ohne Oculus Rift genießen.

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