Best of Indie: Juni 2016

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Wieder ein Monat Indie rum! Im Folgenden das Digest meiner GameStandard-Vorstellungen im Juni - plus Bonustrack und die dringende Aufforderung, da sin dieser Zusammenstellung noch nicht berücksichtigte Inside der Limbo-Macher sobald wie möglich zu spielen - das nämlich ist Kandidat für so manche GOTY-Liste, und das nicht nur im Independent-Bereich. Im Folgenden allerdings ein paar auch empfehlenswerte Werke unabhängiger Entwickler aus den letzten Wochen.

35MM Windows, 12,99 Euro

Eins ganz vorweg: “35MM” ist nichts für Ungeduldige. Die wenigen Gameplay-Elemente, die im über weite Strecken herausforderungslosen First-Person-Walker auf Spielerinnen und Spieler warten, sind simpel bis uninspiriert, und auch angesichts der ein oder anderen technischen Schwäche ist Nachsicht angesagt. Dass das Spiel dennoch besondere Erwähnung verdient, ist seiner Atmosphäre zu verdanken, und seiner Ambition, in Sachen Erzählung erfrischend eigene Wege zu gehen.

Der russische Entwickler Sergej Noskov ist eine kleine Indie-Legende: Mit seinen kostenlosen experimentellen Spielen Svet -The Light und The Train hat er vor allem in Russland, aber auch international für Aufsehen gesorgt. “35MM” ist sein allererstes kommerzielles Spiel, und die mangelnde Erfahrung sieht man: Die englische Untertitelung der stimmigen russischen Sprachausgabe holpert oft unfreiwillig komisch, das (noch) nicht abstellbare Kopfwackeln beim Gehen sorgt bei empfindlichen Naturen für Übelkeit und wer arges Pech hat, lädt einen Spielstand, in dem wichtige Gegenstände verschwunden sind. Mit anderen Worten: Trotz toller Optik und beeindruckender Atmosphäre ist “35MM” weit vom Hochglanz etwa eines “Everybody’s Gone To The Rapture” entfernt. Stattdessen ist es etwas anderes: das Äquivalent zu einem Arthouse-Indie-Film, mit kleinem Budget, aber großem, russisch-schwermütigen Herz. Wer bei “Stalker” nicht nur an das Spiel, sondern auch an Andrei Tarkowski denkt und - vermutlich damit einhergehend - die nötige Ruhe hat, sich dem langsamen Tempo von “35MM” zu unterwerfen, erlebt allerdings ein ziemlich einzigartiges Stück interaktive Erzählung in einer stimmungsvollen Postapokalypse. Für fm4 habe ich mir anlässlich dieses Spiels übrigens weitere Gedanken zur postsowjetischen Pop-Popapokalypsen gemacht.

Dangerous Golf XBox One, PS4, Windows 19,99 Euro

“Dangerous Golf” von den früheren Machern der “Burnout”-Reihe, versteht sich als das absolute Gegenteil all der bierernsten Golf-Simulationen mit großen Spielernamen im Titel und setzt stattdessen auf Schnelligkeit und die pure Freude an der Zerstörung. Statt auf sanften Grüns wird hier in - ausgerechnet - luxuriös dekadenten Umgebungen geholzt: in prunkvollen Landhäusern, Museen und Weinkellern. Und das Ziel ist auch nicht unbedingt, mit möglichst wenig Schlägen das Loch zu erreichen, sondern mit seinem Ball zuvor das Maximum an Chaos anzurichten oder aber spezielle Aufgaben zu lösen - etwa eine Torte als einziges Dekorationsobjekt unzerstört zu lassen.

Mit realem Golf hat diese lustvolle Zerstörungsorgie, bei der die Freude am physikalisch korrekt berechneten Purzeln von Sektglaspyramiden und dem Zerbersten alter Weinflaschen überwiegt, wenig zu tun. Mit der Einführung von “Spezialbällen”, die in Grenzen direkt während des Fluges steuerbar sind und vor allem in den späteren Locations für das Lösen der auch mal schön vertrackt werdenden Aufgaben zur Anwendung kommen, verlässt “Dangerous Golf” auch jeden Anspruch auf Simulation und wird zu etwas anderem: einer explosiven Mischung aus Minigolf, Flipper und Experimentierfeld, auf dem die Suche nach der jeweils “korrekten” Schlagfolge zentral ist.

House of the Dying Sun WIndows, VR ab 17,99 Euro

Kurz, aber ausgezeichnet: Mit “House of the Dying Sun” macht sich ein ambitioniertes Ein-Mann-Projekt daran, den Geist des kultigen Urvaters TIE Fighter in die Gegenwart zu holen. Und das gelingt auf beeindruckende Weise: Als Anführer einer Flotte des auf Blutrache sinnenden stellaren Kaiserreichs steuern Spielerinnen und Spieler kleine und große Raumschiffe in den Kampf gegen abtrünnige Lords. Schon wie die düstere Vendetta-Geschichte erzählt wird, zeugt von Selbstbewusstsein: Statt bombastischer Videosequenzen vertraut “House of the Dying Sun” von der ersten Sekunde an auf einen Minimalismus, der umso atmosphärischer ist. Blutrache braucht eben wenig erzählerischen Schnickschnack, und auch spielerisch geht es sofort zur Sache.

Im Cockpit eines aus der Flotte auswählbaren Kampfraumschiffs erweist sich der akrobatische Luftkampf gegen Jäger und riesige Mutterschiffe als perfekte Mischung aus Simulation und Action. Die Kampagne führt dabei von Mission zu Mission, durch Upgrades und ein simples Erfahrungssystem lassen sich Schiffe sowie KI-Kollegen langsam aufrüsten. Style und Design von Feinden und vor allem der farbenfrohe Kosmos lassen die eigentlich technisch unspektakuläre Grafik ebenso vergessen wie das großartige Sounddesign. Auf Freunde der Space-Combat-Simulation mit und ohne Virtual-Reality-Ausstattung wartet schon jetzt im Early Access ein großartiger, wenn auch - noch - etwas kurzer Ausflug in die unendlichen Weiten des Spiele-Alls.

Steamworld Heist Nintendo 3DS, Windows, Mac, Linux, PS4, PS Vita 19,99 Euro; Xbox One, Wii U, iOS in Vorbereitung

Schon im Dezember letzten Jahres erschien “Steamworld Heist” für Nintendos 3DS, vor wenigen Tagen ist das Spiel eines schwedischen Studios auch auf anderen Plattformen gelandet - Grund genug, das wunderschöne und abwechslungsreiche Indie-Spiel hier aufs Podest zu heben. Die bereits aus früheren Titeln bekannte retrofuturistische Roboterwelt, in der dampfbetriebene Blechkameraden ihre ganz eigene Steampunk-Wildwestromantik ausleben, weiß wieder zu begeistern, wie überhaupt das ganze Spiel von Humor und Charme durchdrungen ist. Perfekt fügen sich witzige Cartoon-Grafik, nette Geschichte und toller Sound zu einem atmosphärischen Wohlfühltitel, den man angesichts der liebevollen Gestaltung sofort ins Herz schließt.

Die Geschichte einer aus unterschiedlichen, allesamt charakterstarken Robotern zusammengewürfelten Raumschiffcrew kann sich dabei aber auch auf grundsolides, stundenlang motivierendes Gameplay verlassen: Rundenweise wie in “XCOM” werden die unterschiedlich begabten und ausgerüsteten Blechkameraden aus der Seitenansicht von Mission zu Mission in den Kampf an Bord feindlicher Raumschiffe gesteuert. Abwechslungsreiche Bewaffnung, steigerbare Fähigkeiten und eine Vielzahl an unterschiedlichen Gegnertypen lassen bei anfangs moderatem Schwierigkeitsgrad jene Motivation aufkommen, die für die späteren, dann durchaus knackigeren Herausforderungen gefragt ist. Dank spektakulärer Trickshots und einfallsreicher Ausrüstungsgegenstände werden die kurzen Einsätze trotz Rundenbasiertheit gefühlt zur actionreichen Angelegenheit.

Und sonst?

Das wunderhübsche und sympathische On Rusty Trails der deutschen Tiny & Big-Entwickler Black Pants Studio versucht sich mit einer Extraportion Style am knallharten Jump'n'Run in der Tradition von Super Meat Boy, und dank präziser Steuerung, cleverem Leveldesign und außergewöhnlicher Liebe zum Detail erfreut das Ergebnis auch Nicht-Hardcorespieler-Herzen - Robert hat das Spiel für fm4 rezensiert. Wer über die tatsächlich weniger geglückte Mega Man-Wiederbelebung Mighty No. 9 betrübt ist, kann sich hier eine wirklich frische Portion seines Lieblingsgenres abholen.

Ein Retro-Gustostück ist The Way: Das Pixel-Action-Adventure eines polnischen Studios lässt Erinnerungen an die große Legenden von Erich Chahi - etwa Another World und Heart of Darkness - wach werden.

Und noch ein Early Access-Tipp zum Schluss: Das höllisch süchtigmachende Battle Brothers eines Hamburger Entwicklers verbindet das Grundprinzip von Mount & Blade - also eigentlich: jenes von Pirates! - mit Rundenkampf im Stil von XCOM und ja, das bedeutet, dass ich verloren bin.

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