Best of Indie: August 2016

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Der Sommer ist fast vorbei und wie stets erbitten neue Indie-Schätze unsere Aufmerksamkeit. Wie gewohnt hier die Zusammenfassung meiner "Indie Games der Woche" für den Standard, plus Bonustrack.

Abzû (PS4, Windows, 19,99 Euro)

Das Unterwasser-Explorationsspiel Abzû entführt seine Spielerinnen und Spieler in eine meditative, hypnotisch schöne Unterwasserwelt, die fast zur Gänze ohne spielerische Herausforderungen, Rätsel oder Geschicklichkeitsprüfungen auskommt. Zu sehen - und zu erleben - gibt es trotzdem einiges. Nicht zufällig erinnert “Abzû” an das 2012 erschienene Ausnahmespiel “Journey”: Matt Nava, der Gründer des Indie-Studios Giant Squid, war sowohl an “Flower” als auch an “Journey” als Art Director beteiligt, und auch der begnadete Games-Komponist Austin Wintory steuert wie beim Playstation-exklusiven “Journey” seine beeindruckende orchestrale Musik zur Unterwasserodyssee bei. In beiden Spielen ist der Weg das Ziel, und in beiden ist die Reise relativ kurz und linear, dafür aber umwerfend atmosphärisch und vor allem emotional berührend geraten. Die grafisch wunderschöne Spielewelt verbindet sich vor allem mit der Musik zu einem Erlebnis, das immer wieder mit außergewöhnlichen Momenten beeindruckt und lange im Gedächtnis bleibt; kein Wunder, dass man immer wieder besonders beeindruckende Szenen und Bilder per Screenshot festhalten und so verewigen möchte.

Den Originalitätsbonus von “Journey” kann “Abzû” trotz seines frischen Szenarios nicht für sich verbuchen, doch das stört die Freude an dem Ausflug unter Wasser absolut nicht. Auch die an einzelnen Stellen suboptimale Kamerapositionierung und Steuerung des Protagonisten ist angesichts fehlenden Frustpotenzials kaum der Rede wert. “Abzû” ist ein Erlebnis, das für seine knapp drei Stunden Spielzeit an einen außergewöhnlichen Ort entführt und seine Spielerinnen und Spieler mit einem glücklichen Lächeln entlässt.

Rimworld (Windows, Mac, Linux, Early Access 27,99 Euro)

Das in Early Access und seit kurzem auch auf Steam verfügbare Science-Fiction-Indiespiel “Rimworld” verpackt das Konzept von “Dwarf Fortress” nicht nur in schicke, an den Genrekollegen “Prison Architect” erinnernde Grafik, sondern bietet auch ein - vergleichsweise - bequemes Interface. Aufgabe der Spielerinnen und Spieler ist es, eine Gruppe von auf einem fremden Planeten gestrandeten Kolonisten beim Überleben zu begleiten und sie vom Absturz ihrer Rettungskapseln über den Bau von Unterkünften, Werkstätten und Landwirtschaft bis hin zum mächtigen, sich selbst erhaltenden Kolonie-Außenposten zu unterstützen.

Die Ziele stecken sich Spielerinnen und Spieler größtenteils selbst; was jedoch wie auch bei “Dwarf Fortress” den gewaltigen Sog dieser Art Spiel erklärt, ist ihre schier endlose Fähigkeit, aus ihren Systemen aberwitzige, epische oder auch tragische Geschichten zu generieren. Der hohe Detailgrad der Simulation - jede Figur hat nicht nur eigene Vorlieben und Fähigkeiten, sondern reagiert je nach Verfassung auch anders auf traumatische Erlebnisse - macht jedes Spiel einzigartig. “Rimworld” ist sich dieser Stärke bewusst und bietet zu Beginn sogar die Option, aus drei verschiedenen “AI-Erzählern” auszuwählen, die dann, je nach “Charakter”, die Kolonie in unterschiedlicher Intensität mit Ereignissen wie Naturkatastrophen, Überfällen und Ähnlichem auf Trab halten.

All jene, die an den legendären Einstiegshürden von “Dwarf Fortress” gescheitert sind, finden in “Rimworld” (endlich) ihren Einstieg in diese faszinierende Nische. Grafisch hübsch, nach etwas Einarbeitung simpel bedienbar, aber trotzdem hochkomplex, ist “Rimworld” trotz Early-Access-Status schon jetzt ein fast endloser Sandkasten, der am laufenden Band Geschichten aus sich selbst heraus generiert. Aber Achtung: Mit Zeitverlust ist zu rechnen.

Headlander (Windows, PS4 19,99 Euro)

In einem im bunten 70er-Jahre-Science-Fiction-Look gestalteten Raumschiff erwartet den oder die Heldin ganz zu Beginn eine böse Überraschung: Als schwebender Kopf im Astronautenhelm müssen Spielerinnen und Spieler ohne Körper auskommen. Und auch ohne Stimme: Die fehlende Lunge verschafft “Headlander” einen ausdrucksstark grimassierenden und endlich einmal begründet stummen Protagonisten. Zum Glück lassen sich die Körper der überall herumlaufenden Roboterbevölkerung auf Knopfdruck übernehmen, und die sich aus diesem unfreiwilligen Körpertausch ergebende Spielmechanik ist der Dreh- und Angelpunkt des Metroidvanias https://en.wikipedia.org/wiki/Metroidvania in 2,5D. Manche Sicherheitstüren öffnen sich nur für manche Roboterkörper, besonders enge Rohre lassen sich nur als schwebender Kopf oder im Körper drolliger Staubsaugerroboter durchqueren und so weiter. Aus dieser schlichten Idee holt “Headlander” das Maximum und kommt dabei überwiegend ohne übermäßige Wiederholung einzelner Elemente aus.

“Headlander” ist kein vor Ideen sprühender Instant-Kultklassiker wie das legendäre “Psychonauts” - welches Spiel kann das schon von sich behaupten? -, aber dafür ein durchwegs originelles und vor allem überaus charmantes Spiel mit einer Extraportion Style und Humor. Nicht nur Fans von Double Fine werden an diesem kleinen, bizarren Spiel mit Köpfchen ihren Spaß haben.

Reigns (iOS, Android, Windows, Mac, Linux, ca. 2,99 Euro)

Der König ist tot! Lang lebe der König! Überaus originell bedient sich der in stylisch minimialistischem Cartoonstil gehaltene Monarchensimulator Reigns vor allem beim Interface an höchst Zeitgenössischem. Wie bei der Dating-Plattform Tinder besteht die einzige Interaktionsmöglichkeit nämlich im Wischen nach links oder rechts - ja oder nein. In zufälliger Reihenfolge stellen sich den hoffnungsfrohen Jungmonarchen in jedem Jahr ihrer Herrschaft unterschiedliche Entscheidungsfragen, die durch diese lässige Geste beantwortet werden: Soll die pestverdächtige Schiffsladung verbrannt oder verkauft werden? Bauen wir dem mächtigen Bischof noch eine Kathedrale? Sollen die unverschämten Nachbarn im Norden per Hochzeit beschwichtigt oder mit dem Heer überfallen werden?

Vor allem zu Beginn begeistert “Reigns” durch seine originelle Spielmechanik, das schrittweise Aufdecken aller möglichen Entscheidungsmöglichkeiten und seinen Humor, der auch in der sehr guten deutschen Übersetzung zum Tragen kommt. Die ehrgeizigsten Thronanwärter finden in teils knifflig erreichbaren Aufgaben längere Motivation, auch wenn sich später bei stetig wiederkehrenden Situationen Routine einstellt. Für die Wartezeit an der Bushaltestelle bietet “Reigns” allerdings vor allem in den ersten Spielstunden höchst originelle Unterhaltung für das kurze Spiel zwischendurch.

Quadrilateral Cowboy (Windows, 19,99 Euro)

“Quadrilateral Cowboy” ist das sechste Spiel von Blendo Games AKA des amerikanischen Indie-Entwicklers Brendon Chung, und es ist ziemlich ambitioniert. In seinen früheren Spielen, vor allem dem minimalistischen Agententhrillerchen "Gravity Bone" (kostenlos!) und dem experimentellen "Thirty Flights of Loving", war das Gameplay eher Nebensache, denn die Hauptrolle spielten dabei clevere Stories und der unnachahmliche Stil, bei dem die ganze Welt inklusive Figuren aus recht groben Blöcken geformt ist - eine sofort wiedererkennbare Welt der Quadratschädel.

Stilistisch ähnlich, vom Gameplay aber weitaus ausgefeilter tüfteln wir in Quadrilateral Cowboy an immer komplexer werdenden Einbrüchen und entwickeln uns dabei sogar ein bisschen zum Programmierer. Die Befehle zum Ausschalten von Laserschranken und zum Öffnen von Türen müssen wir nämlich in einer simplen Programmiersprache selbst per Tastatur eingeben. Zu Beginn brauchen wir nur wenige Zeilen Code, doch am Ende schreiben wir schon kleine Programme, die uns beim Überlisten der Sicherheitssysteme helfen sollen. Zum Haareraufen komplex wird "Quadrilateral Cowoboy" dabei aber wegen seiner Kürze von etwa vier Stunden nicht.

Statt der erhofften Sandkiste für kreatives Hacken ist "Quadrilateral Cowoboy" eher ein lineares Set an Puzzles, die auf eine bestimmte Art und Weise gelöst werden wollen. Leider, und das ist ein Hauptkritikpunkt, erhalten wir nach Ende der Spielzeit nicht die Gelegenheit, unser stückweise erarbeitetes Set an Werkzeugen ausgiebig und vollständig in einem letzten Meistercoup zum Einsatz zu bringen. In Sachen Stil und Humor ist auch “Quadrilateral Cowboy” ein absolutes Einzelstück.

Und sonst...?

Rocketcat Games haben kaum je ein schlechtes Spiel gemacht, und auch Death Road to Canada ist ein großer Spaß in der pixeligen Zombie-Apokalypse - ein Roadmovie mit emergenter Handlung und knuddeligen Beißern. Auch das stylische Pan-Pan des schwedischen Entwicklers Might & Delight wird mir noch einen weiteren Blick wert sein.

Übrigens: Das tolle The Curious Expedition ist ebenso ab sofort final erschienen wie die iOS-Version des großartigen Samorost 3. So many games - so little time.

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