Best of Indie April 2015
(Windows, Mac, Linux, 30 Euro)
Nach langer Early-Access-Phase ist das inzwischen bereits kultisch verehrte “Kerbal Space Program” vor kurzem endlich fertiggestellt worden und verdient hier einen Ehrenplatz. Die hochkomplexe Simulation mit Knuddelfaktor begeisterte bereits in ihrer unfertigen Version Millionen Spielerinnen und Spieler weltweit durch ihre einzigartige Mischung aus Sandbox-Spiel, Physiksimulation und technischem Baukasten: Als Chef des Weltraumprogramms der niedlichen Kerbals ist man damit beschäftigt, die kleinen Aliens sicher auf unterschiedliche Missionen ins All zu schicken und dafür vom Raketenbau bis zur Missionsplanung alles im Auge zu behalten.
Schon letztes Jahr ehrte die NASA das komplexe Indie-Spiel mit einer offiziellen Zusammenarbeit , in der finalen Version, die seit 27. April verfügbar ist, sorgt ein neues Aerodynamikmodell für noch mehr Realismus - und Kniffligkeit. “KSP” ist nicht nur ein von seinen Fans heiß verehrtes Phänomen, sondern auch der Beweis dafür, dass Early Access für Entwickler und Spieler wunderbar funktionieren kann.
(PS4, Vita, Windows, Mac, Linux, ca. 14,99 Euro)
Der Name sagt’s: “Titan Souls” vereint die DNA der “Souls”-Reihe mit jener des Klassikers “Shadow of the Colossus” zu einem herausfordernden Action-Spektakel im atmosphärischen Pixel-Look. Bewaffnet mit nur einem einzigen Pfeil machen sich Spielerinnen und Spieler auf in den Kampf gegen eine Reihe von immer gemeiner werdenden, im Vergleich zur kleinen Spielfigur riesigen Endgegnern, den gewaltigen Titanen.
Dank präziser Steuerung ist der haarige Kampf gegen die Riesen ein hartes, aber faires Geschicklichkeitsspiel mit maximaler Spannung: Der wiederaufsammelbare, einzige Pfeil im Köcher will wohlüberlegt eingesetzt sein, und die Spielfigur verträgt nur einen einzigen direkten Treffer, beim Ableben geht’s zurück zum letzten Speicherpunkt. “Titan Souls” ist ein Spiel, das wie “Shadow of the Colossus” de facto nur aus einer Abfolge von immer schwieriger werdenden Bosskämpfen besteht - eine herausfordernde Aufgabe (nicht nur) für ehrgeizige Spieler mit Faible für Retro-Nostalgie.
(Windows, Mac, 12,99 Euro)
Indie-Freunde sind Seltsamkeiten gewohnt: Ob als Octopus in Menschengestalt , als Ziege oder gar als schwebender Berg - nichts Unmenschliches ist dem Freund des seltsamen Independent-Spiels fremd. Das lakonisch “I Am Bread” betitelte aktuelle Spiel der “Surgeon Simulator”-Macher Bossa Studios macht seine Spielerinnen und Spieler - erraten - zur Scheibe Toastbrot auf der Suche nach, nunja, Toastung.
Wie in “Octodad” ist die Steuerung das Trickreiche, und wie auch in “Goat Simulator” lebt “I Am Bread” vom Slapstick, der sich aus der haarsträubend absurden Ausgangsprämisse ergibt. Physikalisch korrekt wankt unser Brot durch häusliche Umgebungen, überwindet Hindernisse und Schmutz, wälzt sich in Marmelade, um seinen “Leckerheitsgrad” zu erhöhen und sorgt für Unterhaltung bei Spielerinnen und Spielern sowie eventuellen Zusehern.
Ist das nur “YouTuber-Bait”, wie Skeptiker behaupten? Zugegeben: Die Skurrilität der brötlichen Abenteuer schwindet mit zunehmender Spiellänge, doch trotzdem bietet “I Am Bread” überraschend viel Spiel. Brot sein ist hart - aber lustig.
(Windows, Mac, Linux, ab 9,49 Euro)
Apropos schräge Games-Ideen: Wer immer schon als nackter Astronaut öde Planeten und Asteroiden zum Blühen bringen und Weltraumdrachen bekämpfen wollte, hat in “Cosmochoria” nun die beste Gelegenheit dazu. Das kleine, äußerst sympathische Spiel vereint das Oldschool-Gameplay von “Asteroids” und “Super Mario Bros” in einem liebevollen Mix aus Arcade-Shoot’em up, einem Hauch von Tower Defense und knallbuntem Rogue-like.
Nicht vom niedlichen Stil täuschen lassen: “Cosmochoria” fordert in seinem liebevollen Potpurri aus verschiedenen Arcade-Elementen auch erfahrene Gamer durchaus heraus und überzeugt durch Originalität und seinen umwerfenden Charme.
(Windows, Mac, ca. 12,99 Euro)
“Mad Max” trifft “FTL” - wahrscheinlich reicht bereits diese Kurzbeschreibung, um manche bereits vom Kauf zu überzeugen. Als Convoy-Pilot in einer postapokalyptischen Science-Fiction-Welt steuern Spielerinnen und Spieler im taktischen Rogue-like “Convoy” Fahrzeugverbände von Mission zu Mission, während von allen Seiten Unheil in Form von attackierenden Mutanten und motorisierten Unholden droht. Statt wie in “FTL” ein einzelnes Raumschiff, steuern Spielerinnen und Spieler im pausierbaren Echtzeitkampf eine kleine Flotte von bewaffneten Fahrzeugen, die das zentrale Gefährt beschützen müssen.
Die zu durchquerende Wüste erlaubt mehr freie Bewegung als im Weltraum-Rogue-like, und die Qualitäten des kultigen Vorbilds sind auch hier vorhanden: Knifflige Entscheidungen, taktische Kämpfe und vor allem der herausfordernde Schwierigkeitsgrad inklusive Permadeath machen “Convoy” zu mehr als nur einem sehr guten Epigonen.
Und sonst?
Mit Kaiju A-GoGo (Windows, 12,99 Euro) können Spielerinnen und Spieler ihren Traum von der Weltherrschaft so richtig ausleben: Als wahnsinniger Wissenschaftler schickt man in dieser Cartoon-Ausbausimulation mit fröhlich destruktiven Phasen riesige Monster von seiner geheimen Inselbasis in die Großstädte dieser Welt - Godzilla lässt grüßen.
Patriotismus, ahoi: Das an dieser Stelle bereits mehrfach vorgestellte Physik-Magie-Action-Adventure Son of Nor (Windows, Mac, Linux, ab 18,49 Euro) der Tiroler Stillalive Studios hat den Early Access verlassen und bietet Zauberei in Kombination mit physikalischer Simulation - ein origineller Fantasy-Trip sowohl für Einzel- als auch Mehrspielerpartien. Auch das an dieser Stelle ebenso bereits gewürdigte und vielfach vorprämierte “Rhythm-based Rogue-like” Crypt of the NecroDancer (Windows, Mac, Linux, ab ca 12 Euro) ist endlich final erschienen.
Auch Tim Schafers Broken Age hat mit seinem jüngst veröffentlichten zweiten Akt (Windows, Mac, Linux, ca. 19 Euro für beide Teile) endlich einen Abschluss gefunden - nur schade, dass so viele Locations des tollen ersten Teils hier recycelt werden, und auch schade, dass in diesem eher mauen Abschluss das im Vorgänger angedeutete große Potenzial, an die Meisterwerke der Vergangenheit anzuschließen, nur teilweise erfüllt werden kann. Angesichts der Vielzahl an tollen Indie-Titeln wird der Schmerz darüber allerdings im Rahmen bleiben. Bis zum nächsten Monat!