The Games That Never Were: Auderline

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Stagnation, Aufgewärmtes, Sequels: Wer sagt, dass es bei Games nicht noch Platz für revolutionär Neues, für Unerwartetes, Abwegiges oder schlicht: das Unmögliche geben darf? The Games That Never Were ist ein Gedankenexperiment: Spiele, wie es sie nie gegeben hat und so auch wohl nicht geben wird. Sebastian Standke von Superlevel, verdienstvoller Ludum-Dare-Gameskurator, sucht das wohl flüchtigste Erleben digital festzuhalten: die Traumwelt. 

Es ist vier Jahre her. Ich erinnere mich nur noch an vier Dinge. Erstens: Der sanft orangener Farbton. Zweitens: Die nur flüchtig erhaschbaren Körperschemen eines wunderschönen Mädchens. Drittens: Dieses Mädchen bestand nicht etwa aus Fleisch und Blut, sondern entpuppte sich als ein Wesen, das aus purem Licht bestand. Die feingliedrige Strahlengestalt kam immer näher, legte ihre Lippen sanft an mein Ohr und flüsterte mir - viertens und letztens - ein Wort zu: Auderline.

Danach erwachte ich.

Dieser Traum geschah tatsächlich und verließ nie meine Gedanken. Auch wenn ich nicht weiß, ob Auderline ein Name für einen Menschen, einen Ort oder etwas gänzlich anderes ist - Auderline ist eine Idee und ein Rätsel zugleich.
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Jeder Mensch kennt solche Träume, die einen nie wieder loslassen, egal ob im positiven oder negativen Sinne. Träume stehen für Wahnsinn, für Begierde, für Realitätsflucht, für Erkenntnis, für Spiritualität, für Erotik, für Angstzustände, für Visionen. Es gibt jedoch ein großes Problem beim Teilen von Visionen: Oftmals sind sie kaum jemand anders kommunizierbar, da sie einzigartige, individuelle Erfahrungen darstellen. Aber...

Was wäre, wenn wir sie in ein Spiel bündeln könnten?

Was wäre, wenn wir durch eine Art Traumraum-Generator eine gemeinsame 'Sprache' für dieses Nie-wirklich-Gewesene entwickeln könnten um uns darüber auszutauschen? Was wäre, wenn wir einfach unsere fast verblichenen Träume mit Erinnerungs-Hashtags in eine virtuelle Realität einspeisen könnten, sodass generisch ein eigenständig erkundbares Level kreiert werden würde?

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Ich nehme meinen "Auderline"-Fall: Ich trage die passenden Daten zu den Parametern ein, an die ich mich noch erinnere. "Traumrezeption - Ich-Perspektive", "Raumfarbe - Orange", "NPC 01 (Geschlecht) - weiblich", "NPC 01 (Beschaffenheit) - Licht; fortlaufend" und "Sonstiges - Auderline" ein. Das Programm würde einen Grundbasis für diesen Raum schaffen und ich würde ihn so weit wie nötig verändern.

Was wäre, wenn wir Traumerlebnisse in ein Spiel bündeln könnten?

Der orangene Schleier in der linken Ecke ist nicht zerfasert genug? Ein Handwink genügt. Die Extremitäten des Lichtmädchens sind fünf Zentimeter zu kurz geraten? Mit einem zärtlichen Zug an ihren Armgelenken ist auch dieses Problem gelöst. Bestimmte Ereignisse wären ebenfalls vorprogrammierbar. Exakt 21,731 Sekunden nach dem Start würde sie auf mich zukommen und mir das Wort wieder ins Ohr flüstern, in derselben mysteriös zärtlichen Tonlage.

Das Besondere an diesem Simulator wäre jedoch, dass diese Level (auch Traumfetzen genannt) mit allen anderen Menschen teilbar wären. Jeder könnte nach allem suchen, so auch nach "Auderline". Es würde mich unglaublich reizen, andere Versionen zu sehen.

Dieses Spiel wäre die Verknüpfung aller bestehenden Traumfetzen zu einer großen Simulation, eine autarke Traum-Realität - und womöglich ein Schlüssel zur Lösung meines Auderline-Rätsels.

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