Lieblingskritiken 2018 2/3

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Pascal: Es folgt also das zweite Drittel eurer Empfehlungen (Das erste findet ihr hier.). Nehmt euch etwas Zeit, die Liste zu durchstöbern. Klickt an, was euch ins Auge springt, oder was eine BloggerIn eures Vertrauens empfohlen hat! Lernt neue Texte und AutorInnen kennen oder erinnert euch einfach nur an Artikel, die ihr im Verlauf des Jahres bereits kennen gelernt, aber in all dem Stress wieder vergessen habt.

Umgekehrte Inklusion: Audio Games von Cäcilia Sauer, nominiert von Benjamin Strobel und von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Johannes: Über Audio-Games, also Spiele, die meist auf einer reinen Ton-Ebene funktionieren, schrieb Cäcilia Sauer in diesem Text für Grimme-Games. Im Mittelpunkt steht dabei beispielsweise das diesjährig veröffentlichte Spiel Breu und Interviews mit Entwicklern eben jenes Studios. Ein unterhaltsamer Abriss des Themas Audio-Games, der die Schwierigkeiten in der Entwicklung dieser Spiele beschreibt und gleichzeitig die Chancen einer „umgekehrten Inklusion“ und der Nachempfindung von Problemen der Sehbeeinträchtigung für eine breite Masse hervorhebt.

Selbstreferentialität und Grenzüberschreitung – Walk the Line von Nora Beyer, nominiert von Pascal Wagner auf Indieflock

Noras Text über Spiele, die sich selbst referenzieren und aus den üblichen vier Wänden ausbrechen, hat mich bereits in der Print-Ausgabe des GAIN-Magazins begeistert. Ihre etwas andere Auffassung der ‚ludonarrativen Dissonanz‘ ist definitiv einen Blick wert!

Tun und lassen, was man will? Kindheit und Verantwortung in Captain Spirit von Merle B., nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Der Überraschungs-Hit The Awesome Adventures of Captain Spirit vermittelt auf eine Weise kindliche Pflichterfüllungs-Phänomene und Traumaverarbeitung, wie es nur Spiele schaffen können: Diese und weitere spannende Gedanken finden sich im lesenswerten Text von Merle B. auf Behind-The-Screens. Inwiefern ist bei unserer Hauptfigur Chris ein Fall von Parentifizierung erkennbar? Wie schafft es die Kurzepisode von Dontnod unsere spielerische Konditionierung, immer alle Aufgaben abzuarbeiten, die uns als Spieler präsentiert werden, für narrative Zwecke auszunutzen? Eine psychologische Betrachtung eines faszinierenden Spiels, die ich nur jedem ans Herz legen kann.

Politik in Spielen – Eine alternativlose Angelegenheit von Andreas Hofbauer, nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Einen kurzen und lesenswerten Überblick zum Thema „Politik in Spielen“ gibt Andreas Hofbauer in seinem Gastartikel für Videospielgeschichten. Zum Einstieg in ein Thema, das eine immer größere Relevanz erfährt, gibt dieser Text anschauliche Beispiele, wie etwa die Entwicklung eines gängigen Feindbilds in Ego-Shootern über die letzten Jahrzehnte. Eine Verarbeitung von gesellschaftspolitischen Inhalten in Kulturprodukten scheint, wenn auch unbewusst, unentrinnbar. Auch wenn der AAA-Markt oftmals eine konkrete Auseinandersetzung mit diesem Faktum scheut, gibt der Erfolg von politisch mutigen Spielen wie Papers, Please und Orwell Hoffnung auf mehr Titel, die ähnliches versuchen, so Andreas.

„Die Feministen nehmen uns die Videospiele weg!“ Ein kleiner Rant über das sexistische Verhalten männlicher Spieler von Erik Körner, nominiert von Sylvio Konkol

Mein Dampf: Die rechtsextreme Parallelwelt auf der Games-Plattform Steam von Christian Huberts, nominiert von Sylvio Konkol

"User "╬ Patr!ot ╬" aus Freiburg leistet auf seinem Profil treu den Führereid. User "† Lord Alex †" aus Graz mag besonders die Zahlen 14 und 88." Mit diesem Text über die Abgründe von Steam schrieb auch Christian Huberts eine meiner Lieblingskritiken.

Die sieben Todsünden von The Division von Jannick Gänger, nominiert von Sylvio Konkol

Einfach überwältigend fand ich eine meiner ersten Lieblingskritiken des Jahres: ein Monumentalverriss, der in seinem Verlauf beinahe zur Heiligsprechung mutiert; eine Spielkritik, die so viel mehr sagt als "Ist das Spiel gut?" Jannick über The Division.

Der Erste Weltkrieg als spielbares Gemälde von Matthias Kreienbrink, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Ein Text, der sich Zeit nimmt; einer, der Krieg zum einfachsten Videospiel erhebt. Schön geschrieben, vor allem aber unaufgeregt, dem Thema gerecht auch in den Worten, den Formulierungen.

"Red Dead Redemption 2": Der Himmel ist leer von David Hugendick, nominiert von Sylvio Konkol

Die Abgründe des mobile Gamings | Hogwarts Mystery (Video) von Ultralativ, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

An manchen Tagen liebe ich Mobile-Gaming mehr als meine rechte Wade. Manchmal auch nicht, wenn Spiele wie Hogwarts Mystery erscheinen. In diesem toll gemachten Video von Ultralativ wird einmal vorgerechnet, wie brutal das Zauber-Ärgernis abzocken soll, und boy, es ist ein Elend.

Life is Strange 2 – Ein Spiel über Donald Trumps Amerika von Maurice Weber, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Während viele Magazine kein Wort über den Bezug zum aktuellen Zustand der USA verlieren, arbeitet die GameStar explizit dieses Thema als Kernpunkt von Life is Strange 2 heraus. Derartige Texte wünsche ich mir von allen halbwegs professionellen Redaktionen, denn wie auch in dem Text völlig richtig steht: Alles ist politisch. Wenn der Spielejournalismus das anerkennt, sieht die Zukunft gleich viel heller aus.

Apokalypse ’90 von Urs Kersten, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

So ein vulgärer Scheißtext, ich liebe ihn! Manchmal muss es donnern in der Sprache, es muss auch mal abseits der schönsten, akademischsten Worthülsen ein grimmiger Verriss sein, der eigentlich schon nicht mehr reißt, sondern prügelt. Das Opfer: Rad Rodgers.

DER KÄFERSAMMLER AUS POKÉMON – VIDEOSPIELFIGUREN, DIE DEN SWAG AUFDREHEN von Patrick Spiller, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Eine Seite, die Swagkultur heißt, ist zunächst mal hot as fuck, ohne Diskussion. Wenn dann noch vom Käfersammler aus Pokémon die Rede ist, der „seinen Style gefunden“ hat, feiere ich den Artikel Tag und Nacht.

JRPG-Zauber, linguistisch erklärt von Pascal Wagner, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene und von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Jannick: Uff, das war geil. Auch ein bisschen anstrengend, aber in erster Linie geil. So viele Details über Zaubernamen in Final Fantasy, ein Thema, worüber ich ohne diesen lehrreichen, aber nie belehrenden Text auch in 23 Jahren nicht nachgedacht hätte.

Johannes: Pascal Wagner von Language at Play zeigt hier in verständlicher Sprache am Beispiel von Zauberfähigkeiten in Spielen wie Shin Megami Tensei, Persona und Final Fantasy, wie eben diese auf eine sprachwissenschaftliche Art untersucht werden können. Nachdem ihr den Text gelesen habt, seid ihr mit Begriffen wie „Morphem“ und „Assimilation“ vertraut und werdet sprachlich aufeinander aufbauende Magie in Videospielen ab sofort bestimmt mit ganz anderen Augen betrachten.

LGBTQ+ in Spielen: No Country For Gay Men von Merle B., nominiert von Lost Levels und von Jannick Gänger auf Medienbiene

LL: Merle auf Behind the Screens über LGBTQ+-Repräsentation in Videospielen.

Jannick: Wenn nur ein einziger Markt als gesättigt bezeichnet werden kann, dann der: Männer in Videospielen, ehrlich, uff, diese ausgestellte Heterosexualität mit dem immerwährenden Drang zur Jungfrauenrettung – es nervt. Die Darstellung von queeren Männern (natürlich auch queeren Menschen generell) ist aber noch immer ein Problem, wie dieser hervorragende Text herausstellt.

Nein, Gal Gun 2 ist nicht »zu sexy für Deutschland« von Benjamin Strobel, nominiert von Nicolas Hoberg

Das „authentischste“ Historienspiel aller Zeiten?! Die gewaltige Schräglage von „Kingdom Come: Deliverance“ von Jan Heinemann, nominiert von Lost Levels und von Björn Hennig

LL: Jan über die angebliche Authentizität von Kingdom Come: Deliverance.

Björn: Gefühlt stand in diesem Jahr die Authentizitätsdebatte sehr im Vordergrund, daher möchte ich an dieser Stelle noch einmal auf den "Urvater" der Debatte in Deutschland verweisen: Jan und seinen wunderbaren Artikel zu KC:D.

DU entscheidest! Interaktives Review | The Red Strings Club [Video] von Alice Wolf, nominiert von Lost Levels Alice auf mit einem interaktiven Review zu The Red Strings Club.

Schluss mit dem Menüdschungel bei Videospielen! von Rainer Sigl, nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture In dieser Kolumne von derstandard.at rechnet Rainer Sigl mit der ständig voranschreitenden RPG-isierung vieler Titel, der Pseudokomplexität von Videospielmenüs und deren mangelnde Benutzerfreundlichkeit ab. Dabei beschreibt er treffend, dass Spiele wie beispielsweise ein von vorne bis hinten durchinszeniertes Action-Spektakel à la God of War einen beachtlichen Schaden in puncto Immersion und Überschaubarkeit erleiden, wenn die arglosen Spielenden beim Aufrufen des Pausebildschirms erstmal von einem Dutzend Untermenüs mit statistischem Overkill erschlagen werden.

Mut zum Missverständnis: Textuelle Diskursumsetzungen in Spielen von Nora Beyer, nominiert von Aurelia Brandenburg

Ich hatte eigentlich nie groß über Dialogoptionen nachgedacht und wie die kommunikativ eine Herausforderung sein können bis sich Nora auf Language At Play mal in einem spannenden Text drüber ausgelassen hat. Große Empfehlung!

Glory to Mankind, Religion und Krieg – Was DOOM und NieR: Automata uns über ein englisches Lehnwort verraten von Pascal Wagner, nominiert von Aurelia Brandenburg

Longread auf Language At Play, aber der Ansatz hat mich von Anfang an fasziniert, obwohl ich weder Doom noch Nier je gespielt habe. Wo kommt das Wort "Glory" her und was hat das in diesen Spielen zu bedeuten?

Videospiele und Konditionierung – „Können die das nicht selber machen?“ von Aurelia Brandenburg, nominiert von Tomas

Der Beitrag zeigt auf einfache Weise ein Problem, das den meisten Spielern gar nicht bewusst ist, da sie selbst nicht oder nur wenig davon betroffen sind. Dennoch sollte dieser Hinweis ein Denkanstoß in verschiedene Richtungen der Videospiel-Branche sein.

En Detail: Yakuza von Andreas Inderwildi, nominiert von Pascal Wagner auf Indieflock

Ebenfalls auf videogametourism zu finden ist Andreas‘ Bildstrecke En Detail zur Spielwelt von Yakuza. Streng genommen nicht deutschsprachig, weil ganz und gar ohne Text ausgekommen – aber doch eine wundervolle, viel zu wenig gewürdigte Auseinandersetzung mit der Spielreihe.

Autor: 
Gast