Modtag! European Phenotypes and Names Only
Passend zu dem Schwerpunktthema „Schlechte Spiele“ in der ersten Ausgabe des Bookazines für Gameskultur WASD hatte ich 2012 schon einmal über „Die dunkle Seite der Mods“ geschrieben. Dabei ging es allerdings noch um Troll-Mods wie etwa BooM, die absichtlich die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten, um zu provozieren und Aufmerksamkeit zu erregen. Die in dieser Ausgabe der Kolumne diskutierte Spielüberarbeitung folgt dagegen einer anderen, im Modding prominenten Intention, welche z. B. auch schon etliche Killable Children-Modifikationen für Fallout 3, Skyrim und zuletzt Fallout 4 verkörperten.
Neben der Begründung, dass die Immersion dadurch gebrochen werde, dass Kinder in den Originalspielen unsterblich seien, während Erwachsene von der Heldin oder dem Helden zu Tausenden umgebracht werden könnten, wurde nämlich gerne darauf hingewiesen, dass die Daseinsberechtigung auch einer solchen Modifikation einfach darin bestünde, dass sie möglich sei beziehungsweise genauer gesagt ein ebenfalls mögliches Paralleluniversum eröffne, das nicht mehr an (alle) Regeln des ursprünglichen Spiels und dessen Welt gebunden sei. Nach dieser Sicht ist es das Recht des Spielers, zu entscheiden, wie er spielen will – und wenn er sich Modifikationen bedienen muss, um abweichend von den inhaltlichen Vorgaben des Originals seine Vorstellung einer anderen Spielweise zu verwirklichen.
Entsprechend argumentierte vor kurzem auch der Autor der Spielüberarbeitung European Phenotype and Names Only für die Weltraumsimulation Stellaris. Dass deren Entwickler die Verbreitung dieser Modifikation, die dafür sorgt, dass nur noch Weiße das All besiedeln, im Steam Workshop des Spiels zunächst unterband und erst auf Druck wütender Fans hin wieder zuließ sowie den Umstand, dass Journalisten in der Folge sein Werk als diskriminierend brandmarkten, sah der verantwortliche Modder als Beweis dafür an, dass Stellaris als Spiel und überhaupt die ganze Bewegung der sogenannten Social Justice Warriors einen Multikulturalismus als „Ideologie“ propagieren würden, ohne andere Meinungen zuzulassen. Ungeachtet der Fragwürdigkeit dieser bestimmten Modifikation wird hier ein interessantes Problemfeld sichtbar: Wer sollte bestimmen dürfen, welche Überarbeitungen erlaubt sind – die Schöpfer eines Werkes oder dessen Nutzer?
In dem konkreten Fall könnte die Antwort recht einfach sein, wenn Paradox Interactive angebotene Inhalte konsequent kuratieren und so die Vision seines urheberrechtlich geschützten kommerziellen Produktes schützen würde – anstatt auch „politisch unkorrekten“ Mods das Recht auf freie Meinungsäußerung zu gewähren. Aber sollte es in einer Subkultur, die sich durchs Überschreiten von Grenzen auszeichnet, nicht auch Grenzen geben?
Genug geschrieben, Let’s Play:
Nachtrag: Nur wenige Wochen nach der Aufregung um die oben beschriebene Mod setzte ein Modder namens lambchop19 noch eins drauf: Die Mod Make Space Great Again übernimmt nicht nur die "Whites Only"-Politik von "European Phenotypes & Names", sondern setzt zum Rundumschlag gegen all das an, was der - nomen est omen - Trump-Fan an der Gegenwart so furchtbar findet.
"Sick of feminism and progressivism being shoved into all forms of media by their cultist adherents? Did you roll your eyes at the fact that all the human leaders are now women by default despite only a fraction of current countries being run by women - and often poorly run at that? Want your space game to feel like PC games used to - i.e., like they were designed for straight, white men?
Then this is the mod for you!
This mod replaces all the default leaders with male ones, makes a new white European only name list, makes a new white European only race, makes a new empire using said race and name list called "The Empire of Man" with Donald Trump as the leader. "