Jeder Besucher der Gamescom kennt die Schlangen von Fans, die vor den riesigen Ständen der AAA-Games oft kaum weniger lang anstehen, als ein Messetag Stunden hat. Zumindest in meiner Wahrnehmung kam dieses Jahr noch erschwerend hinzu, dass in vielen Hallen im wahrsten Sinne des Wortes die Nischen zwischen den großen, monolithischen Bauten einzelner Top-Titel fehlten, in denen es sonst mitunter unerwartete Kleinode zu entdecken gab. So etwa 2012, als ich mir gerade die Füße vertrat, nachdem ich eine Stunde gewartet hatte, um zehn Minuten den Multiplayer-Modus von Crysis 3 auszuprobieren, und dabei an einem kleinen, zwischen den laut-bunten Attraktionen, die ihn umgaben, fast untergehenden Stand vorbeikam. Auch wenn es sonst umgekehrt sein mag, weckte in diesem Fall die Abwesenheit einer Schlange von Besuchern mein Interesse. Viel wichtiger aber war, dass mir der Name des im Stand anspielbaren Spiels, Natural Selection 2, merkwürdig vertraut vorkam.
Modtag! Natural Selection
Als ich mich dann mit Kopfhörern vor Tastatur und Maus fand und auf dem Bildschirm aus der ungewohnten Perspektive des Rachens eines Aliens mit furchteinflößenden Zahnreihen oben wie unten auf Menschenjagd ging beziehungsweise genauer gesagt Space Marines auflauerte, die versuchten, eine Raumstation von extraterrestrischen Organismen wie mir zu befreien, kam die Erinnerung wieder zurück. Auch wenn ich Natural Selection vor Jahren nur kurz angespielt hatte, da es zunehmend schwieriger wurde, Server zu finden, auf denen es lief, war mir nicht entgangen, dass die Entwickler dieser Mod, Unknown Worlds Entertainment, schon länger an einem zweiten Teil arbeiteten, diesmal aber auf der Grundlage einer eigenen Engine. Sie mit einem Stand auf der Gamescom zu sehen, hätte ich dennoch nicht erwartet und freute mich, da es wieder einmal bewies, wie kommerzielle Spiele von kreativen Impulsen durch Modding profitieren. Schließlich folgte Natural Selection 2 erneut dem originellen Konzept seines Vorgängers, sowohl Freunde von Echtzeitstrategie als auch von Egoshootern zufriedenzustellen.
Im Gegensatz zu anderen Spielen wie Battlefield musste dabei nicht ein Spieler beide Aufgaben simultan übernehmen, sondern ein „Commander“ unterstützte sein Team aus einer isometrischen Perspektive mit der Verwaltung von Ressourcen und dem Bau von Verteidigungsanlagen. Diese ungewöhnliche Verbindung zweier Genres wurde in der dritten Version der Mod zwar durch einen Modus aufgeweicht, der es erlaubte, ohne Commander zu spielen, dennoch bleibt Natural Selection eine der beeindruckendsten Total Conversions für Half-Life. Und ist, so vergessen es unverdienterweise inzwischen sein mag, durch seinen Erfolg mit dafür verantwortlich, dass seine Entwickler 2014 das auch in einer Alien-Welt spielende Indiegame Subnautica aus der Tiefsee heben konnten...
Genug geschrieben, Let’s Play: