SPIEL/FILM: Universal Soldier - Day of Reckoning

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In der Serie SPIEL/FILM werfen Kollege Ciprian David (negativ-film.de) und ich einen gemeinsamen Blick auf zwei Medien und ihre Verwandtschaft. Zum Auftakt - und rechtzeitig zum Wochenende - legt Ciprian uns einen Film nahe, der indirekt Auslöser für diese Reihe war: John Hyams' Universal Soldier: Day of Reckoning. Srsly? Allerdings: Wer bislang glaubte, als anspruchsvoller Filmfreund auf Filme, in denen Dolph Lundgren und Jean-Claude Van Damme vorkommen, verzichten zu können, irrt. Ansehen!

Die erste Einstellung: Eine First-Person-Perspektive im Ehebett, verzerrt durch einen stroboskopischen Lichteffekt. Im Hintergrund die zunächst gedämpfte Stimme der Tochter, die nach dem Avatar ruft. Sie habe im Haus Monster gesehen. Der Avatar erkundet langsam in unserer Begleitung die Wohnung, auf der Suche nach dem Kinderschreck. Im Badezimmer hält er inne und schaut sich im Spiegel an. Ein besonderer Moment für ein First-Person-Spiel, denn wir sehen die Figur zum ersten Mal. Im Film haftet symbolisch die Selbstprüfung an dieser Standardsituation.

Die Wohnung wird uns weiter vorgestellt, Raum für Raum, zuletzt die Küche. Dort warten die Monster: drei Männer in Schwarz, mit Skimasken über den Gesichtern. Sie prügeln auf den Avatar ein. Er kann sich nicht wehren, nur leicht wenden, und sinkt zu Boden, wo wir sein blutiges Gesicht auf der makellosen Textur der Trümmer eines Spiegels wiedererkennen. Seine Frau und Tochter werden in die Küche gebracht und in seiner Anwesenheit getötet. Das Bild wird schwarz. Backstory-Wound: Checked.

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Auf diese Nahtod-Erfahrung folgt das Aufwachen in einer Klinik und die physische Regeneration des Avatars (mir fallen gerade nur FALLOUT: NEW VEGAS, MASS EFFECT 2 und DEUS EX: HUMAN REVOLUTION als Beispiele ein, aber wie viele Spiele der letzten Jahren fingen nicht ähnlich an?). Einmal auf eine Lesart von UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING als ein Hybrid zwischen Film und Videospiel eingestimmt, lassen sich unzählige Motive finden, die den Eindruck der beschriebenen ersten Szene bestätigen können. Die Möglichkeit der Ortung dieser Motive, entweder im Film (insbesondere im Actionfilm) oder im Videospiel, ist einer der spannendsten Aspekte des neuesten Films von John Hyams, verweist es doch auf einer Verschwemmung der Grenzen zwischen den Stilmitteln und Motiven der zwei Künste.

Was unterscheidet Filmwelten, seitdem sie im Computer generiert werden können, von Spielewelten?

Auf materieller Ebene beispielsweise lässt sich der Film sehr gut wie ein Videospiel auf sein World Building hinterfragen, denn er besteht aus pointiert voneinander verschiedenen, sehr prägenden Milieus, die durch ihre Details, durch die Kleinigkeiten, die ein Designer in einem Spiel hinzugefügt hätte, sehr konsistent wirken und gleichzeitig ihre Künstlichkeit preisgeben. Das eingesetzte Licht besticht ebenfalls, denn wie in Spielen scheint es oft von gleicher Materialität zu sein wie alle anderen Gegenstände. Natürlich ist das nicht nur auf einer Analogieebene zwischen Spiel und Film interessant, sondern führt aus filmischer Sicht ebenfalls zu einem aufregenden Diskurs im Kontext der Digitalisierung. Denn was unterscheidet Filmwelten, seitdem sie im Computer generiert werden können, von Spielewelten? Und wenn dieser Unterschied schon einmal entfällt, warum soll sich Film nicht in seiner Ästhetik, Narration und Figurenzeichnung an Videospiel orientieren, wie es andersrum ohnehin geschieht?

DAY OF RECKONING ist nicht animiert, die Schauspieler sind real, die Lichtsetzung auch, ebenso die Dekors, und dennoch schließt er nicht an einen nostalgischen Körperdiskurs des Actionkinos an, wie etwa THE EXPENDABLES oder wie STIRB LANGSAM, sondern visuell an einen der Materie, aus welchem diese Körper erschaffen werden. Als 3D-Film sieht er sich ohnehin mit der Frage nach der Immaterialität seiner in der Luft zwischen Leinwand/Bildschirm und uns schwebenden Bildern konfrontiert, denn die ganzen Gegenstände, Autos und Körper, die zerstört oder zertrümmert werden oder sich regenerieren, sind nichts anderes als Lichtpartikel, die aus der Substanz des Monitors, des Fernsehers oder der Leinwand ausgebrochen und ebenso schwer auf eine vermeintliche Wirklichkeit zurückzuführen sind wie die Pixel einer Spielwelt.

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Auf die gleiche Art lässt sich in der Story des Films die typische Identitätssuche wiederfinden, die den Hauptquest so vieler Videospiele bereits ausmacht. Denn sie geht weiter als die typische Identitätssuche im Film, die eine psychologische oder eine Coming of Age Reise des Protagonisten ist - wir haben es hier gleichzeitig mit einer aktiven Suche nach der eigenen Ursprungsgeschichte zu tun, die die Figur mit ihrer Welt verbindet. Das Potenzial dieser Identitätssuche als Brücke zwischen Film und Videospiel sieht sich im Motiv des Gedächtnisses eines Universal Soldiers sublimiert: Dieses ist kein natürliches, sondern künstlich erschaffen und implementiert - ein fiktives Gedächtnis. Es referenziert aber auf der Metaebene nicht nur symbolisch die Fiktion des Films; es ist mehr als das. Es ist ein leerer Raum, eine Lücke, die mit konstruierten Erinnerungen gefüllt wurde, ein Raum aber, der ohne diese Erinnerungen nicht existieren würde, genauso wie die Welt eines Videospiels.

Dieser Actionfilm bewegt sich mit einer anderen Geschwindigkeit als die meisten anderen.

Dieser Actionfilm bewegt sich mit einer anderen Geschwindigkeit als die meisten anderen, er lässt uns den Zeitfluss der Hauptfigur spüren, seine Geschwindigkeit, ebenso wie ein Spiel uns an die Bewegungsgeschwindigkeit des Avatars bindet, an seine Trägheit und die Kontinuität seiner aufeinander folgenden Aktionen.Wieder ließe sich auch hier aus filmischer Sicht ein eher ungewöhnlicher Umgang mit Zeiterfahrung feststellen, denn die konventionellen raschen Schnittfolgen des Genres fehlen über weite Teile des Films und verweigern uns die übliche Flucht aus der zeitlichen Materialität der Filmwelt und hin zum puren Spektakel. Die Story und die Show-Momente werden wir ebenso begleitend erleben müssen, wie wir in einem Spiel den Avatar oft bei Schrittgeschwindigkeit mühsam steuern bis zur nächsten Begegnung.

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Natürlich eignet sich das Motiv des Universal Soldiers  in seiner Beschaffenheit (Militarismus; fast fehlende Verletzbarkeit; hoch technisierte Mordwaffe) als eine Brücke zwischen Film und Spiel, aber ich wollte durch diese kurzen Ideen eher darauf aufmerksam machen, dass in DAY OF RECKONING viele andere Aspekte, vor allem ideeller oder stilistischer Natur, vorhanden sind, die zum Nachdenken über eine Konvergenz zwischen Spiel und Film anregen.

Ausgehend von diesem Werk wollen wir in einer Serie von Artikeln die graue Zone zwischen den zwei Künsten erkunden. Nicht aber bevor wir unsere Eindrücke mit dem Ort ihrer Entstehung konfrontieren – der Vision des Regisseurs John Hyams. Also keep in touch, because  next time we'll meet the maker!

 
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