The Very Last of Us
The Last of Us ist toll. Und zugleich ist es eine Enttäuschung. Denn so atmosphärisch, cinematisch und mitreißend es auch ist: Es verkörpert keine mögliche Zukunft des Spielens, sondern eine Vergangenheit, die sich schon genauso lange festkrallt wie die laufende Konsolengeneration.
Allein darin hat es Gemeinsamkeiten mit einem anderen großen Titel des Jahres, deshalb erinnern wir uns kurz an Infinite und seine Rezeption zurück. (By the way: Dass uns das alles jetzt schon wieder vorkommt, als wäre es vor hundert Jahren passiert, ist eigentlich der erschütternde Beweis dafür, dass die Branche, der Diskurs und auch die Spieler in einem kurzlebigen, nervösen Zwang zum Dauerkonsum samt Wegwerfmentalität feststecken. Aber das ist eine andere Baustelle.)
Erinnern wir uns also an Infinite: Nach Jahren von Preview-Hype und großem Marketinggetrommel erscheint Ken Levines Wolkenschloss-Shooter zum Klang hymnischer Reviews. Alle, wirklich alle großen und namhaften Games-Seiten und -Magazine feiern das Spiel als grandiosen, großen Wurf. Doch dann passiert etwas Bemerkenswertes: Es vergehen eine, zwei Wochen - und des Kaisers neue Kleider werden ausgelacht. Unmittelbar nach dem Abflauen der ersten Begeisterung folgt schwerwiegende und durchaus reflektierte Kritik.
Plötzlich fällt auf: Gameplay und Story vertragen sich nicht. Die Gewalt ist Selbstzweck und unreflektiert. Rassismus, Geschichte und religiöser Fanatismus sind nur aufgeklebte Tapeten, mehr noch: Bioshock Infinite schrammt selbst am Rassismus entlang. Joe hat in seinem Artikel die Hauptpunkte der Kritik am wenige Wochen zuvor noch überall einhellig gefeierten Infinite zusammengefasst.
Wieso wird der Disconnect zwischen Gameplay, Story und Atmosphäre im ersten Überschwang einfach hingenommen?
Da drängen sich doch mehrere Fragen auf: Welchen Sinn hat ein Day-0-Testjournalismus, wenn er die nachfolgende berechtigte Kritik nicht selbst zu äußern imstande ist? Warum dürfen sich auch oder ausgerechnet Hochglanzprodukte derartig offensichtliche Schwächen leisten - ich spreche hier zB von Infinites offenkundig problematischer Gewaltfixierung - und diese wird zum Launch nirgends thematisiert? Wie kann es sein, dass der Disconnect zwischen Gameplay, Story und Atmosphäre im ersten Überschwang von der gesamten Presse achselzuckend hingenommen wird?
Ein Blick auf Metacritic zeigt bezeichnenderweise, dass die Kritiken, die um den Tag der Veröffentlichung erschienen sind, fast ausschließlich Lobeshymnen sind, während etwa Game Critics fast zwei Wochen nach Launch erschienene Review im Unterschied zu den Vorkritikern durchaus nüchtern urteilt:
Fuzzy-headed narrative and thematically irrelevant auxiliary mechanics make Infinite feel sloppy even when it's working. Combat increases in frequency and decreases in impact after the Hall of Heroes, so for most of its length the game sinks towards a deflated ending rather than rising towards a climax. However, that slow descent starts from a great height, so there is still much to value in Infinite even as it drowns in its own shortcomings.
Die möglichen Antworten auf die oben gestellten Fragen berühren einige zentrale Punkte in Bezug auf die Spiele selbst, aber auch das Verhältnis der Kritik und der Konsumenten zu ihrem Medium und zu ihrer Industrie. Die sich aufdrängenden Antworten mag man sich selbst überlegen - von Doritogate bis zur verzweifelten Jagd nach Aktualität und Clicks reicht die Palette der legitimen Antworten, und auch die schon ermüdende ewige Suche nach dem "Citizen Kane of Gaming" hat etwas damit zu tun.
Interessanter als die sich - eben - aufdrängenden Antworten auf diese Fragen scheint mir die Voraussage zu sein, dass sich für Last of Us Ähnliches ankündigt - und das nicht zu Unrecht. Es gibt eindeutige Parallelen. Auch Last of Us wurde nach aufwendigem Preview-Zirkus und PR-Bombardement hymnisch besprochen. Die Begeisterung über Naughty Dogs neue Franchise und die Hochglanzqualitäten der Twilight Years der auslaufenden Konsolengeneration schlägt sich in begeisterten Reviews nieder.
Bei so viel Begeisterung kommt die Kritik schon mal zu kurz. Denn bei aller Freude, und bei aller Anerkennung, dass The Last of Us wirklich außerordentlich gut gelungen ist: Es liegt durchaus auch einiges im Argen. Das betrifft vor allem die weit aufklaffende Lücke zwischen grandios atmosphärischem Setting und Gameplay, aber - wie in letzter Zeit bei allen AAA-Titeln zu bemerken - das problematische Verhältnis zur Gewalt.
Das Gameplay kann mit der Fantasie und Faszination des Settings nicht mithalten.
Denn kaum ein Wort wird in den jubelnden Kritiken zur selbstverständlich aus Uncharted übernommenen und inzwischen schon gar arg langweilig gewordenen Covershooter-Mechanik geäußert, die uns - schon wieder - dutzendfach gegen Männer mit Knarren anballern lässt. Auch die Puzzle-Elemente, die zum Großteil darin bestehen, Leitern und Planken herumzuschleppen, können kaum als inspiriert angesehen werden. Die Schleichpassagen sind spannend, werden durch den Lauschmodus aber eigentlich höchst unatmosphärisch zu fast mechanisch ablaufenden Pflichtübungen. Kurz: Wie in Infinite dient eine perfekt und beeindruckend realisierte Umgebung letztlich als Schauplatz für hundertfach abgelutschtes Gameplay, das, sagen wir es offen, mit der Fantasie und Faszination des Settings nicht mithalten kann.
Stillschweigend wird auch hingenommen und unhinterfragt akzeptiert, dass es mit der Wahl des postapokalyptischen Settings eben absichtlich und selbstverständlich besonders "hart" zugehen muss - wie schon in Tomb Raider werden auch in Last of Us ein Mangel an Humor und Leichenberge mit "erwachsenem" Anspruch gleichgesetzt. (Eine Szene, die sich mir besonders negativ eingeprägt hat, soll bereits zu Beginn die "Härte" unterstreichen: Wie Tess den gefangengenommenen und wehrlosen Robert achtlos per Kopfschuss exekutiert, ist nicht durch Setting oder Story-Entwicklung zu rechtfertigen, sondern schlicht gratuitous violence.)
Was tun wir als Spieler in den beeindruckend überwucherten Ruinen der Zivilisation, im Luftschloss über den Wolken? Womit verbringen wir die zehn, zwölf Stunden Spielzeit? Wir killen us so durch, hanteln uns in spielerisch soliden, aber letztlich uninspirierten Gameplay-Episoden von Storyhappen zu Storyhappen weiter, schleppen in unsinnigen Puzzle-Einsprengseln Leitern durch die Gegend und drücken in QTEs wie Laboräffchen auf die aufpoppenden Knöpfchen. Bezeichnenderweise werden denn auch von einigen Kritikern die "ruhigen" Momente von Last of Us als die große Stärke des Spiels erkannt - jene Momente, in denen das Gameplay der Atmosphäre nicht im Weg steht. Denn zugegeben, die Atmosphäre ist beeindruckend. Auch die NPCs, hier Elizabeth, da Ellie, sind beeindruckende Schauspieler, die linear und nicht beeinflussbar ablaufende Story ist spannend, klar, aber: Ist das jetzt wirklich der Gipfelpunkt eines interaktiven Mediums, das irgendwie dem Erwartungsdruck standhalten muss, das wichtigste des 21. Jahrhunderts zu werden?
Ist das wirklich der Gipfelpunkt eines interaktiven Mediums, das das wichtigste des 21. Jahrhunderts werden soll?
Das führt zu einer anders gearteten Frage: Ist es ungerecht, von den mit Millionenbudgets auf Hochglanz polierten Titeln MEHR zu erwarten als "nur" Hochglanzunterhaltung? Mit anderen Worten: Erwarten wir ungerechterweise zu viel von unserem Medium?
Ich glaube nicht. Vielleicht aber suchen wir in ungeduldigem Optimismus an der falschen Stelle. Es ist vielleicht gerade der Fluch jener Hochglanztitel, sich im Spagat zwischen PR-Hype und Hochglanzanspruch aufzureiben und den medial geschürten Erwartungsdruck nur oberflächlich befriedigen zu können. Ganz sicher sind AAA-Vehikel der grundfalsche Ort, um nach Fortschritt, Großtaten oder Visionen im Medium zu suchen; wie riesige, schwerfällige Kolosse wuchten sie sich mit dem Ballast aller Multimillionen-Dollar-Unternehmen dahin.
Die spannenden Spiele, die Vorhut, die Späher ins Spielen der Zukunft sind klein, flink und ambitioniert. Kein SimCity kann so aberwitzig komplex werden wie ein Dwarf Fortress; kein Call of Duty darf so hintergründig sein wie The Stanley Parable; kein 60-Dollar-Hochglanztitel darf sich die puren Freuden des Masochismus so offen auf die Fahnen schreiben wie Teleglitch, Super Meat Boy oder IWBTG. (Außer Dark Souls. Aber das ist ohnedies ein Ausnahmetitel, der Last of Us und Infinite turmhoch überragt.)
Hochglanzmonolithen wie Last of Us versuchen sich stets an einer möglichst perfekten Konsolidierung des bereits Bekannten, Vertrauten. So gesehen müssen sie eher rückwärtsgerichtet sein, was sie in vielen Fällen beeindruckend, aber dadurch auch wieder enttäuschend macht.
Kurz: Es ist wichtig, dass neben der Anerkennung - ja, Infinite und Last of Us sind große Kaliber, wichtige Titel im Medium, beeindruckende Spiele - auch immer wieder unsere Unzufriedenheit zu Wort kommt. Denn irgendwie wissen wir: Das geht noch besser.
Kommentare
Endlich mal ein vernünftiger
Endlich mal ein vernünftiger Artikel zu TLOU. Ich kann die Lobpreisungen fast nicht mehr hören. 10/10 - lächerlich, das Spiel, welches ernsthaft eine solche Wertung verdient, muss erst noch programmiert werden und wird es vmtl. auch nie. Wie schon bei The Walking Dead ist es ja ok, wenn man die Story lobt, aber es geht bei Spielen immer noch um die Spielmechanik. Vielleicht geben sich die meisten da mit Standard-Shooter-Gedöhnse und Kisten verschieben zurecht, mir persönlich wäre es lieber, wenn man beispielsweise die Shooter-Episoden auf ein Minimum reduziert, dafür aber mehr von der Atmosphäre lebt. BioShock und System Shock 2 bleiben da wohl weiterhin der Goldstandard.
Und bei Dark Souls stimme ich uneingeschränkt zu.
Das Spiel, das eine solche
Das Spiel, das eine solche Wertung verdient, gibt es schon. Mal ist es The Last of Us, mal Tomb Raider, mal System Shock. Denn, von der allgemeinen Problematik der Wertungen einmal abgesehen, ist und bleibt eine Zahl am Ende eines Tests subjektiv. Wer dem Spiel 100 Prozent geben will, hat sicher seine Gründe. Vielleicht ist für denjenigen die Spielmechanik nicht so wichtig wie, in diesem Fall, die überragende Geschichte.
Anstatt nur die Zahlen, die Wertungen an sich zu kritisieren, sollte man sich mit den Texten dahinter beschäftigen. Denn die bestätigen oftmals die Faszination hinter dem Spiel und die Begründung, warum da nun 10/10 steht. Zumal viele Kritiker und Spieler es gaaaaanz anders sehen als hier im Text beschrieben (so toll der Text auch sein mag, das ist klar). Wie immer: Geschmackssache.
Darf man fragen, wie du die
Darf man fragen, wie du die AAA Blockbuster verbessern würdest? Die genannten drei basieren auf etablierter Mechanik (FPS, Covershooter). Die genannten Indie-Titel, originell wie sie auch sind, zu einer inspirierenden Spielmechanik in den inspirierenden settings von Tomb Raider, Infinite und The Last of Us wenig beitragen. Was wären also Elemente einer besseren Spielmechanik für die genannten AAA games?
Hi Alex, vorweg: Man darf
Hi Alex,
vorweg: Man darf eigentlich schon kritisieren, ohne selbst DIE Lösung parat zu haben, aber am Beispiel Dead Space 3 habe ich zB vor kurzem mal angedeutet, wie manche Lehren aus Indie im AAA zu verwerten wären: http://videogametourism.at/node/1721
Volker Bonacker hat mir ebenso dazu einen Artikel geschrieben, zum Thema "Besseres Tomb Raider": http://videogametourism.at/node/1738
Mein Punkt ist übrigens nicht der, dass Indie per se "besser" ist, sondern eher, dass man bei all den Lobeshymnen für große AAA-Titel nicht vergessen sollte, dass hier eben nicht unbedingt mit Innovation zu rechnen ist - was man kritisieren soll, darf und meiner Ansicht nach MUSS. Bewertungen sind dämlich, noch absurder wird es aber IMHO, wenn es 10/10 für ein Spiel gibt, das auch von seinen Verehrern in ausgerechnet jenen Momenten am meisten geliebt wird, wenn das störende Gameplay der Atmo nicht im Weg steht.
EDIT: Ganz vergessen: Zum Thema Shooter hätte ich hier mal ein paar Ideen zusammengetragen. Soll ja keiner sagen, ich nörgel nur rum :-)
http://videogametourism.at/node/1747
@Jannick: Mir gings aber um
@Jannick: Mir gings aber um was anderes.
Und zum Thema Zahlenwertung wieder einmal: Diese hat ja wohl den Sinn, eine "objektive" Bewertung abzubilden, oder? Zumal es ja heute nur mehr um den Metacscore geht, und bei dessen Berechnung werden all die schönen erklärenden Worte aus den jeweiligen Artikeln einfach weggekürzt.
@ Rainer: Mein Kommentar war
@ Rainer: Mein Kommentar war auf Tims Kommentar bezogen. Wurde nicht ganz deutlich, sorry.
Betreffend objektive Wertungen: ein Streitthema, sicher. Und sicher sind gewisse Features im Spiel objektiv zu betrachten. Aber jeder Tester ist unterschiedlich. Der eine gewichtet die Atmosphäre stärker als Spielmechanik und vergibt somit eine höhere Wertung, obgleich er die Mechanik durchaus kritisiert. Es gibt, meiner Meinung nach, keine Einheitskritierien, die ein Tester erfüllen kann. Alles ist Geschmackssache, auch die Empfindung der jeweiligen Spiele. Genau deswegen kommen ja auch so viele unterschiedliche Wertungen zustande, wie zum Beispiel bei Dead Island. Ich habe 60 Prozent vergeben, andere 80er-Wertung. So ist es doch immer.
Dass Metacritic lediglich die Wertung zählt und einen fragwürdigen Mittelwert berechnet, ist das eine. Grundsätzlich jede 10 von 10-Wertung zu kritisieren, ohne den eigentlichen Text gelesen zu haben, das andere. Ich habe The Last of Us beispielsweise sehr, sehr hoch bewertet. Denn die angesprochene Problematik der Spielmechanik hat mich hier beispielsweise nicht so gestört wie bei Spec Ops. Ich fand das Spiel herausragend und bewertete es dementsprechend.
Auch wenn ich allen
Auch wenn ich allen kritischen Gedanken bzgl. des Dreieck-Verhältnis a. Big Budget-Kulturindustrie, b. (Fach)Presse & c. Publikum, die im Essay geäußert werden zustimme, eröffnet sich mir nicht, warum sich nun »The Last of Us« als exemplarischer Haken anbietet, an dem man diese Kritik aufhängen kann/sollte. Meine Sicht auf dieses Spiel ist eher, dass es sich hierbei eben um nichts weniger als ein großes Werk aus der Spätphase der PS3-Epoche handelt. Die Strenge, mit der TLOU Bewährtes durchexerziert, mag fragwürdig erscheinen, betrachtet man es erfüllt von den Innovationshoffnungen & -erwartungen, mit denen uns das begrüßenswerte Erstarken der Independent-Szene zu erquicken vermag. Die mangelnde Innovation an Spielmechanik kann man dem Titel dann in etwa so zum Vorwurf machen, wie einst Musikkritiker über Mendelssohns V. oder Brahms’ I. urteilten, hier würde die Klassik totgeritten, nix Neues geboten und die Herren Komponisten scheiterten in ihrem Wahn, nach Beethovens IX. die Form der klassischen Symphonie noch weitertreiben zu wollen, wo doch der höchste Gipfel doch bereits erklommen wurde (von Bruckner ganz zu schweigen).
Alleine, wie konsequent (für meinen Geschmack) TLOU seine mitnichten mittelmäßigen narrativen Genre-Zeitgenossen (eben Wasteland-Erzählungen, z.B. »Fallout 3« bei Spielen, »Walking Dead« bei Comic & TV-Serie) hohler, zäher & zerfaserter erscheinen läßt, beeindruckt mich. Ich muss gestehen, dass ein Gutteil meines wohlgesonnenen Urteils zu TLOU sich des herben Schlusses verdankt, der mir als Spieler eine Lektion verpasste, mit der ich bei einem AAA-Spiel schlicht niemals gerechnet hätte.
Mehr fordern: Aber ja! Dwarf
Mehr fordern: Aber ja!
Dwarf Fortress und andere ambitionierte Projekte machen spannendere Sachen mit dem Medium: Voll!
Aber war selber von mir überrascht wie begeistert ich von The Last of Us war. Und zwar ehrlich begeistert. Das kommt bei mir bei großen Titeln ziemlich selten vor. Und noch seltener wenn es um 3rd-Person-Cinematic-Action-Gedöns geht, das ich nicht mehr sehen kann/will.
Warum ich The Last of Us fantastisch finde? (Vorsicht, Spoiler und sowas)
- The Last of Us stößt mir nicht bitter auf, was Spielmechanik (Mordmordmord), Spielwelt und Narrative angeht. Die Kombination funktioniert, weil es (im Gegensatz zu Uncharted oder Tomb Raider) eine Welt zeichnet, die voll ist mit Figuren, die sich damit abgefunden haben unmenschliches zu tun, um zu überleben. Die Anzahl der Feinde ist (gefühlt) nicht so gewaltig, dass ich mich davon vor den Kopf gestoßen gefühlt habe. Insgesasmt wirkt die zentrale Spielmechanik nicht fehl am Platz. Das ist natürlich ein subjektive Eindruck und ich habe von genug Leuten gehört, die die Gewalt und das Morden in The Last of Us ebenso deplatziert empfinden wie in Tomb Raider oder Bioshock Infinite.
- Die lineare Art der Erzählweise passt auf die Art der Geschichte, die erzählt wird. The Last of Us ist eine Geschichte von Menschen, die schreckliche Dinge tun, weil sie glauben, dass sie keine andere Wahl haben. Der Frust, den ich als Spieler gefühlt habe über die Entscheidungen der Charaktere passt auf die Machtlosigkeit, die diese Figuren empfinden.
- Das Tempo, das Pacing von The Last of Us ist meisterhaft. Es beherrscht Schnitte zwischen Szenen, offscreen Zeitverlauf und den Wechsel zwischen angespannten Action-Sequenzen und langsamen Szenen, in denen Joel und Ellie durch die Welt laufen besser als jedes andere Spiel, das ich in letzter Zeit spielen konnte.
- Es hat wundervoll geschriebene Charaktere, die sich für mich wie vielschichtige Charaktere angefühlt haben. Es ist ein Spiel, in dem Frauen, POC, Kinder, Monster, Homosexuelle als Personen dargestellt werden, die sich nicht komplett über die Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen definiert werden. (Etwa Bill, der queere Survivalist, Tess, die toughe Schmugglerin, die skrupelloser ist, als jede andere Figur im Spiel etc.) Und: Diese Eigenschaften und Charakterarten werden Spielern nicht aufgebunden. Allein (eine Abschweifung) der letzte Satz von Ellie im Spiel, dreht die Figur und die Reise, die Joel und Ellie durchgemacht haben, nochmal um. Ellie ist kein unbedarfter Teenager, sie ist ein Überlebender, der genauso wie Joel geliebte Menschen verloren hat. Ihre Reise ist eine emotionale Entwicklung von zwei Figuren, die Angst haben, anderen Menschen zu vertrauen, weil sie Angst haben, sie zu verlieren.
- Das Schleichen! Die Idee, sich langsam an widerlichen Monstern vorbeischleichen zu müssen, die so abstoßend sind, dass man sich so schnell wie möglich an ihnen vorbeibewegen möchte? Wundervoll!
I could go on and on and on.
Das Ding ist: Ja, The Last of Us versucht nicht, spannende Experimente mit systemischem Storytelling zu machen wie DayZ oder State of Decay. Es ist keine hochkomplexe Lifesim wie Dwarf Fortress, es bringt nicht Menschen so zusammen wie es Johann Sebastian Joust kann, es simuliert Kampf und Lernen nicht so wie Dark Souls, macht keine interessanten Dinge mit Entscheidungen wie Walking Dead und das Art Design ist nicht so umwerfend wie bei Bioshock Infinite...
aber in dem, was es versucht zu tun, hat es (für mich!) ganz fantastisch funktioniert im Gegensatz zu Tomb Raider oder Bioshock Infinite. Ich hätte nie gedacht, dass ich das sagen würde, aber The Last of Us zeigt für mich, dass durchaus Platz ist für Spiele solcher Art.
(mit Einschränkung: wenn sie so gut und bedacht sind wie The Last of Us, ich will kein Uncharted mehr sehen)
(Einschränkung 2: Das ist [natürlich!] eine subjektive Meinung und ich will niemandem, der The Last of Us dumm und langweilig und uninteressant findet, diese Meinung widerspenstig machen)
@Dennis: TLoU ist ein tolles
@Dennis: TLoU ist ein tolles Spiel - das schreibe ich als allerersten Satz. :-)
Ich fand Camerons Text sehr aufschlussreich, weil er einiges ausdrückt, was mir ebenso aufgestoßen ist, man aber eben nicht unbedingt TLoU als "schlecht" anrechnen kann:
Ich hoffe nicht zu hart zu
Ich hoffe nicht zu hart zu urteilen mit meiner zarten Vermutung, dass die "Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation" bzgl. der Großkulturindustrieproduktion an Konsolenspielen vornehmlich solchen Spielern widerfahren kann, die übersättigt sind (oder freundlicher und mit mehr Bescheidenheit meinerseits formuliert: die das Feld intensiver studieren und besser kennen als ich). Ich kaufe und spiele im Jahr 2 bis 4 Spiele für meine PS3 und bin mit den wenigen Titeln, die ich erworben habe fast durchwegs zufrieden. (Einzigen Nieten die ich weiterverscherbelt, bzw. von der Festplatte gelöscht habe waren "Metal Gear Solid: Guns of the Patriots" und "Little Big Planet".) "The Last of Us" passt sowohl vom Spiel-Genre wie vom Fiktions-Genre in mein Beuteschema und hat mich wie kein anderer Titel meiner bisher ca. 15 Spiele umfassenden "Sammlung" und Erfahrung beeindruckt. Und dass, obwohl ich aufgrund der Fülle an Wasteland-, Pandemie- & Zombie-Stoffen der letzten Jahre skeptisch war & mich auf eine Enttäuschung (oder zumindest eine "meh"-Reaktion) gefasst machte.
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Ich finde deinen Artikel sehr
Ich finde deinen Artikel sehr gut, bin nähmlich auch zwischen Entäuschung und Faszination hingerissen. Gefallen hat mir das Spiel sehr, sehr gut. Auch die Gewaltverherrlichung stört mich nicht wirklich, auch wenn es ein paar fragwürdige Momente gibt. Eben, dass das ganze so unreflektiert in den Raum gestellt wird, ist meiner Meinung nach etwas schade. Am meisten hat mich gestört, dass sich das Erkunden in diesem Spiel gar nicht lohnt bzw. gar nicht existent ist. Ich fand es immer sehr spannend, durch die verlassenen Lokalitäten zu ziehen, auf der Suche nach Scheren und billigem Fussel für Messer und Medipacks. Leider gab es mir davon zu wenig.
Die Level waren ziemlich schlauchartig, was mir wirklich schleierhaft ist. In einigen Abschnitten gibt es wunderschöne, größere Stadtkarten, die man einfach besser hätte verbinden können. Ich verstehe vom Setting schon, dass es viele Absperrungen gibt, aber es wäre durchaus intersannter geworden, einen eigenen Weg zum Ziel zu finden; oder zu etwas ganz anderem, Nebensächlicherem.
Ich fand das Spiel sehr toll, ärgere mich nur, es gekauft zu haben. Ausleihen und durchzocken: ja, bitte, auf jeden Fall. Denn in mancherlei Hinsicht finde ich dieses Spiel schon zukunftsweisend, selten gesehen, dass alles so nahtlos ineinander übergeht. Da stört dann auch das durchschnittliche Gameplay nicht mehr.
Der Gipfel wurde vielleicht
Der Gipfel wurde vielleicht schon Anfang dieses Jahrtausends erreicht?
Als Spiele noch nicht fotorealistisch aussehen konnten und der Fokus einfach noch auf die Spielmechanik gelegt und mit narrativen Tricks gearbeitet werden musste.
Ein solches Spiel in der heutigen Zeit, mit den verfügbaren technischen Mitteln und dem dementsprechenden Medienecho ist vermutlich einfach nicht mehr stemmbar. Finanziell wohlgemerkt. Wären genug Ressourcen und Mannkraft vorhanden, wäre sicher noch eine Steigerung machbar - aber in Anbetracht der derzeitigen Ausgangslage ist TLOU wohl wirklich die Speerspitze des Machbaren.
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[...] Zwischenszenen als Video an. Dann hatte ich Redebedarf. Glücklicherweise ließen sich Rainer Sigl (The Very Last Of Us), Mina Dingens (The Last Of Us) und Dennis Kogel (Gamecheck: The Last Of Us) überreden, mit mir [...]
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