VGT goes GameStandard: Best of Indie April
Die monatliche Kooperation mit dem GameStandard zeigt wieder ein Best-of der schönsten Indie-Games-News.
Zum zweiten Mal hat heuer in Berlin die A MAZE Indie Connect Independent-Entwickler und ihr Publikum im sympathisch verschlurften Rahmen zusammengebracht, den Award für das "Most AMAZING Game" vergeben und vom 24. bis zum 27. April auch dem europäischen Kontinent eine würdige Independent-Games-Bühne geboten. Mit dem cleveren Puzzle-Platformer "Of Light & Shadow" des jungen Salzburger Teams 12 Angry Devs war auch ein österreichischer Titel im Rennen um die rosa Trophäe - gewonnen hat schlussendlich zwar der hysterische iOS-Multiplayer-Stresstest "Space Team", aber allein die Nominierung der Österreicher im betont internationalen Feld ist Grund zur Freude.
Neben dem ausführlichen Vortagsangebot der A MAZE und der Gelegenheit, mit den Entwicklern der für den Award nominierten Spiele persönlich auf Tuchfühlung zu gehen, sorgten auch die Möglichkeit, im Freien auf großen Projektionen beim "Local Multiplayer Picknick" gegeneinander anzutreten sowie nächtliche Party-Lineups für entspannte Atmosphäre - ein augenzwinkernder Kontrast zur fast zeitgleich in Berlin stattfindenden Games-Entwicklerkonferenz Quo Vadis, die traditionell der nüchternen Business-Crowd in Anzug und Krawatte gewidmet ist.
War im ersten Jahr des Bestehens der A MAZE noch die drohende Kommerzialisierung des Indiebereichs besorgter Grundtenor der Keynotes gewesen, so herrschte heuer, nach einem außergewöhnlich guten Indie-Jahr, entspanntes Selbstbewusstsein. Independent-Games sind kritisch und kommerziell erfolgreich - und werden, wie Sonys Hinwendung zum Games-Underground beweist, auch im großen Business inzwischen mit Respekt zur Kenntnis genommen.
Das Wichtigste aber sind sowohl für Indie-Entwickler als auch für das Publikum die Spiele - und davon gab es auch im April so einige Highlights. Hier eine Auswahl der bemerkenswertesten Indie-Titel des letzten Monats.
Zeno Clash 2 (30.4.2013; Windows, PS3 und XBox 360 in Vorbereitung; 18,99 Euro)
Um Haaresbreite noch im April erhältlich: Die chilenischen Independent-Entwickler ACE Team legen mit dem am 30.4. erscheinenden "Zeno Clash 2" die Fortsetzung ihres psychedelischen First-Person-Beat'em-ups vor, das durch außergewöhnliches Art Design die schmerzlich vermisste Fantasie in die Fantasy zurückholt. Vor dem Hintergrund einer Welt, die sowohl an Hieronymus Bosch als auch an Antonio Gaudi oder Psychedelik-Altmeister Alejandro Jodorowsky erinnert, prügelt man sich wie im Vorgänger unblutig mit allerhand mehr oder weniger bizarren Gestalten - wer Fantasy-Allgemeinplätze wie Orks und Elfen gewohnt ist, wird angesichts der wirklich fantasievollen Menagerie in "Zeno Clash 2" aus dem Staunen nicht herauskommen. Teil zwei bietet altbewährte Prügel-Action, erlaubt aber etwas mehr Bewegungsfreiheit als der Vorgänger. Allein wegen des außergewöhnlichen Artdesigns ein Pflichttitel für Indie-Freunde.
Schon 2010 bei IGF mit überschwänglichen Vorschusslorbeeren bedacht, ist es nach drei langen Jahren des Wartens nun so weit: "Monaco", das Multiplayer-Räuber-und-Gendarm, kann endlich auch außerhalb diverser Indie-Festivals gespielt werden. Aus der Vogelperspektive ist man alleine oder im Koop-Modus mit bis zu drei weiteren Berufskriminellen auf diversen Raubtouren unterwegs und muss Überwachungssysteme, Wachen, Hunde und Sicherheitssysteme überlisten - am besten unbemerkt. Der Vorab-Hype war nicht übertrieben: Nicht nur, dass das im charmanten Retrostil gehaltene Spiel bewegt bezaubernd aussieht, die Ausführung der spektakulären Raube mit Spezialistenpersonal weckt Erinnerungen an klassische "Heist"-Movies wie "Ocean's Eleven" oder "The Italian Job" - nur dass in "Monaco" nicht jeder Plan perfekt im Teamwork gelingt und durchaus hin und wieder das blanke Chaos regiert. Dank abstrakter Grafik und sympathischem Stil wird's dabei allerdings niemals richtig blutig. Stichwort Teamwork: Auch wenn Singleplayer durchaus ihren Spaß haben, entfaltet "Monaco" erst im kooperativen Multiplayer mit bis zu vier Spielern seinen Charme so richtig.
Sang Froid: Tales of Werewolves (Windows, 13,99 Euro)
Ein finsterer Wald, nächtliche Kämpfe gegen unheimliche Wesen, Fallenstellen und Holzhacker: Auch wenn die Kurzbeschreibung von "Sang Froid" an "Don't Starve" erinnern mag, geht es in diesem kanadischen Potpourri aus Horror und Tower Defense um etwas ganz anderes. Wie von Genrevertretern wie "Orcs mus die" gewohnt stellt man sich den eindringenden Bösewichtern - in diesem Fall einer recht düsteren Menagerie aus der Feder des kanadischen Horror-Fantasy-Autors Bryan Perro - und versucht, diese durch Fallen und direkten Kampf zu dezimieren. "Sang Froid" schafft es trotz Cartoon-Stils, das bekannte Setup durch knackigen Schwierigkeitsgrad und ein paar kleinere Design-Kniffe wie nur einmal verwendbare Fallen zum waschechten Survival-Horror-Tower-Defense-Hybriden zu mutieren. Das Überleben in den eisigen Nächten stellt die Spieler vor beachtliche Aufgaben und fordert einiges an Strategie und Nerven - wer einmal am Lagerfeuer von lauernden Werwölfen umringt panisch um sich geschossen hat, wünscht sich garantiert das titelgebende "kalte Blut". Trotz kleinerer Schönheitsfehler bietet "Sang Froid" eine frische Interpretation des Tower-Defense-Genres mit einigen taktischen Möglichkeiten.
Ay caramba! Noch ein kanadisches Entwicklerteam - doch diesem sieht man's nicht an, denn "Guacamelee!" führt uns weiter in den heißen Süden. Gelernte (Ost-)Österreicher und Mexikaner verbindet zumindest auf dem Papier eine gewisse Liebe zum Morbiden, doch die Mittelamerikaner begehen ihren Dia de los Muertos zugegeben ein wenig farbenfroher und explosiver, als man dies auf dem Zentralfriedhof gewohnt ist. In "Guacamelee!" ist man als mexikanischer Luchador Juan unterwegs, um die Tochter von El Presidente zu retten - und weil man unpraktischerweise ganz zu Beginn vom Bösewicht um die Ecke gebracht wird, kehrt man als übernatürlicher Rächer zurück, mit der Fähigkeit, zwischen der Welt der Lebenden und jener der Toten zu wechseln. Wie vom Klassiker "Metroid" vorgemacht erschließt sich die knallbunte und liebevoll gestaltete 2D-Welt mit zunehmender Spieldauer und neuen Fähigkeiten und der Nahkampf mit bunten Monstern und Skeletten der mexikanischen (Pop-)Mythologie zaubert Atmosphäre und charmant witzige Leichtigkeit ins Spiel. Im optionalen Koop-Modus oder alleine prügelt und hüpft man sich auf PS3 und Vita durch eine Spielewelt, die nur so sprüht vor Farbe und Style.
"The Oregon Trail" ist ein legendäres Edutainment-Computerspiel aus den 70er-Jahren, das amerikanischen Schülern seit jeher die Entbehrungen der amerikanischen Pioniere näherbringen sollte, doch in der satirischen Klassikerpersiflage "Organ Trail" rücken andere Bedrohungen als Indianer und bakterielle Ruhr ins Zentrum der Hintergrundgeschichte: Es ist Zombie-Apokalypse und der Roadtrip, auf den uns das überraschend umfangreiche und im Retro-Stil gehaltene "Organ Trail" schickt, ist voller unliebsamer Überraschungen. Was die Sammlung von recht schweren Minispielen, harten Entscheidungen und Ressourcenmanagement zum amüsanten Abenteuer nicht nur für Fans der "Walking Dead"-Franchise macht, ist, dass jede Partie fast automatisch haarsträubende Stories generiert. Denn dass uns das Spiel schon ganz zu Beginn scheinheilig nahelegt, unsere - no na: dem Untergang geweihte - Reisegruppe mit den Namen unserer realen Freunde zu benennen, ist schon ein Fingerzeig in Richtung Apokalypsenhumor.
Übrigens zeigen sich auch ein paar alte Indie-Bekannte im April in neuem Gewand: Das wunderbare "Papo & Yo" ist ab sofort auch für PC erhältlich - die berührende autobiografische Geschichte über Kindheit und Alkoholismus fasziniert mit fantasievollen Ideen und kurzweiligem Puzzledesign. Und auch das vielfach prämierte "Fez" steht in Kürze - ab 1. Mai - endlich auch für Windows zur Verfügung. Außerdem hat Klei Entertainments oben bereits kurz erwähnte Survival Sandbox "Don't Starve" die Beta verlassen und ist nicht mehr nur für abenteuerlustige Betatester, sondern auch für reguläre Masochisten erhältlich.