VGT goes GameStandard: Best of Indie November
Die monatliche Kooperation mit dem GameStandard zeigt wieder ein Best-of der schönsten Indie-Games-News.
Jedes Jahr dasselbe Bild: Während in den Monaten zuvor im Mainstream oftmals beinahe eine Flaute an interessanten Spielen herrscht, werden vor dem lockenden Weihnachtsgeschäft Jahr für Jahr die großen Blockbuster-Geschütze aufgefahren und machen sich somit gegenseitig Konkurrenz. Dass nur wenige der hoffnungsvollen Weihnachtsgeschenke ohne eine Fortsetzungszahl im Titel auskommen, zeigt, dass im Millionenbusiness am liebsten auf Nummer sicher gegangen wird.
Im Indiebereich wird auf Derartiges lieber verzichtet, immerhin gibt es ja auch keine Millionenbudgets hereinzuspielen. Ein weiterer Vorteil ist auch der sympathisch bescheidene Preisbereich, in dem sich die Werke der unabhängigen Entwickler bewegen, so dass sich um den Preis eines einzigen jeweils aktuellen Blockbusters mit Leichtigkeit ein randvoller virtueller Geschenkskorb mit Indie-Perlen füllen lässt, die mindestens genauso lange Freude bereiten - zum Beispiel die bemerkenswertesten Indiegames des Monats November.
Fly'N (Windows, 9,99 Euro)
Wenn die Tage empfindlich kurz und grau werden, kann eine Extraportion Farbe nicht schaden: "Fly'N" bezaubert durch wirklich außergewöhnliches, fantasievolles Design und eine Extraportion Niedlichkeit, die jedoch nicht mit besonderer Harmlosigkeit verwechselt werden sollte. Plattformfreunde werden ihre Freude am äußerst soliden und auch fordernden Gameplay haben, das mit fortlaufender Spieldauer durch immer kniffligere Geschicklichkeitstests und originelle Puzzles überzeugen kann.
Vertreter der besonders strengen Indie-Definition mögen maulen, dass der französische Entwickler Ankama mit "Dofus" ein Schwergewicht im MMO-Bereich ist, doch wurde "Fly'N" sichtlich mit Indie-typischer Liebe zur eigenen Vision von einem separaten, kleinen Zehnmannteam verwirklicht und via Steams Greenlight vor kurzem zum Download veröffentlicht. Seit "Botanicula" gab es 2012 kein schöneres Spiel - ein sympathischer Farbrausch für Plattformfreunde mit Sinn für außergewöhnliche Optik.
Pid (PC, PS3, Xbox360, ca. 10 Euro)
Und noch ein außergewöhnlicher Plattformer mit einer Extraportion Style: In "Pid" kontrollieren wir die Geschicke des Schuljungen Kurt, der sich nach einer Busfahrt plötzlich auf einem bizarren Planeten wiederfindet. Während "Fly'N" auf Fingerakrobatik setzt, ist "Pid" allerdings ein erfindungsreicher Puzzle-Plattformer, in dem mit Schwerkraftmanipulation und allerlei Gadgets hantiert wird.
Auch hier spielt das fantastische Artdesign eine Hauptrolle, und Kurts Abenteuer erinnert durchaus an den unvergessenen epischen Gamesklassiker "Little Big Adventure". Der Humor kommt nicht zu kurz, und so sieht man sich mit immer neuen absurden Situationen und Gegnern konfrontiert, die die eine oder andere technische Schwäche oder die manchmal etwas zu hakelige Steuerung vergessen lassen.
Help Volty (iOS, 2,69 Euro)
Wer an der mysteriösen Puzzle-Box von "The Room" Gefallen gefunden hat, sollte auch "Help Volty" seine Aufmerksamkeit schenken: In liebevoll designten Schachtelrätseln steuert man einen mechanischen Skarabäus durch allerhand vertrackte Rätsel-Tableaus. Atmosphärisch und angenehm knifflig, erweitern die kleinen Roboterkäfer das wie für die kleinen Handheld-Spielgeräte gemachte Nischengenre mit viel Stil und Liebe zum Detail.
Beast Boxing Turbo (PC, Mac, 7,99 Euro)
Wer nach all dem meditativen Tüfteln Lust hat, seine Aggressionen handfest abzubauen, kann sich mit "Beast Boxing Turbo" abreagieren: Als menschliche Boxerin steigt man hier aus der Egoperspektive gegen allerlei tierische Gegner in den Boxring. All jene, die sich noch an das bizarre Indie-Beat'em up "Zeno Clash" erinnern, werden hier erfreut die Boxhandschuhe anziehen und sich in einem denkwürdig ausgeflippten Turnier bis zum mysteriösen Endgegner durchschlagen.
Zahlreiche Upgrades und strategische Möglichkeiten, seinen Kampfstil zu entwickeln, sorgen für langfristige Motivation und adrenalintreibende Kämpfe. Eine Demo lässt probespielen. Übrigens: Für Apple-Geräte gibt es den simpleren Vorgänger "Beast Boxing" schon länger.
Air Buccaneers HD (PC, 20 Euro)
Apropos bizarr: Dass aus Finnland oft durchaus Verschrobenes kommt, ist nicht erst seit Aki Kaurismäki allgemein bekannt. Mit "Air Buccaneers HD" steht Multiplayer-Fans aber in Kürze ein wirklicher Ausnahmetitel nun in ganz neuer Grafikpracht als HD-Remake ins Haus; bis zum Steam-Release am 5. Dezember können ganz Ungeduldige aber schon jetzt die perfekt spielbare Beta der Multiplayer-Luftschlachten probespielen.
Ursprünglich 2004 als Mod entstanden, kämpfen in "Air Buccaneers" des finnischen Entwicklers Ludocraft Wikinger gegen Piraten - und zwar in riesigen Luftschiffen, die sich gegenseitig mit Bomben, Luftminen und Kanonenschüssen vom Himmel holen wollen. Teamwork ist hier absolute Pflicht, und vom Shooter-Einerlei gelangweilte Teamspieler finden in diesem Indie-Ausnahmetitel ein extrem originelles Setting mit ganz eigenen Herausforderungen. Wer einmal mit vereinten Kräften und geschickten Manövern ein feindliches Luftschiff brennend zum Absturz gebracht hat, wird diese Abwechslung vom 08/15-Multiplayer-Einerlei nicht mehr missen mögen.
iOS, PC, 2,69
Ein Update, das dem Abgabetermin beim Standard zum Opfer gefallen ist: Seit September verzweifeln Apple-Besitzer an der schrecklichen Schönheit von Terry Cavanaghs letztem Folterinstrument, nun ist das unbarmherzige Reaktionsspiel auch via Steam erhältlich: "Super Hexagon" ist trügerisch simpel, stellt aber höchste Ansprüche an Konzentration und Reaktionsschnelligkeit. Der Macher der ebenso knüppelharten Retro-Klassiker "VVVVVV" und "Don't look back" sorgt mit seinem adrenalintreibenden Minimalismus für Begeisterung und, um es vorsichtig auszudrücken, heftige emotionale Reaktionen.
Noch in geschlossener Beta, aber ab Mitte Dezember dank Free2Play-Konzept für jedermann auszuprobieren ist übrigens ein ganz besonderer Indie-Leckerbissen, der es nicht mehr ins Best of November geschafft hat, aber in der geschlossenen Beta schon Großes erhoffen lässt: In "Hawken" steuern Spieler riesige Kampfroboter in hitzigen Deathmatch-Schlachten durch futuristische Städte - und lassen dabei durch realistische Umgebungseffekte und das beeindruckend echte Gefühl, hier träge, aber tödliche Kampfmaschinen zu steuern, schon jetzt so manche "Battletech"-Fans frohlocken.
Bis Weihnachten ist also auf jeden Fall abseits des Mainstreams für Indie-Nachschub gesorgt; und die langen Winternächte werden hoffentlich allen die Muße bringen, den abwechslungsreichen Berg an Indieperlen auch genügend zu würdigen. Im Dezember gibt's übrigens auch für den Indiebereich einen kleinen Einkaufsführer, der das Beste des Jahres für Indiefreunde nochmals ins Rampenlicht rückt.