VGT goes GameStandard: Best of Indie September

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Die monatliche Kooperation mit dem GameStandard zeigt wieder ein Best-of der schönsten Indie-Games-News. 

Nach etwas wackeligem Start ist im September Greenlight, Valves neu eingerichtete Community-Plattform für Independentspiele auf Steam,  online gegangen, in der Hoffnung, den beispiellosen Erfolg der Downloadplattform auch auf das wachsende Segment der Indie-Spiele auszudehnen. Valve ist zweifellos der Platzhirsch auf dem elektronischen PC-Marktplatz (mit bereits Richtung Mac, Linux und Wohnzimmercouch ausgestreckten Tentakeln) und bietet besonders notorisch finanzschwachen unabhängigen Entwicklern eine Bühne, die oft den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg – und hier somit auch dem ökonomischen Überleben – bedeutet. Bei all der Aufregung gerät aber dabei fast in Vergessenheit, dass es durchaus schon länger Möglichkeiten gibt, bequem durch den zugegeben unübersichtlich kleinteiligen Indie-Bereich zu navigieren – und unbeliebten DRM-Kraken wie Steam entkommt man dabei (meist) ebenso.

Mit der Downloadplattform Desura  etwa steht Indie-Freunden bereits seit 2010 eine dezidiert auf Indies und Mods spezialisierte bequeme All-in-One-Lösung zur Verfügung, die sich sichtlich stark von Steam inspiriert gibt. Die Hintermänner des Marktplatzes, der sympathischerweise im Gegensatz zu Steam kein DRM darstellt, dessen Einsatz  einzelnen Spielen aber auch nicht verbietet, sind als Herausgeber der Webseiten IndieDB  und ModDB  mit ihrem Feld mehr als vertraut und bringen auch gleich eine aktive Community mit ins familiäre Boot. Besonders die einfache Installation von Mods sowie die laufend stattfindenden "Alpha-Drives", Geldsammelaktionen für einzelne Spielprojekte, machen Desura zur kompetenten Anlaufstelle für Indie-Fans.

Aber auch Good Old Games, kurz GOG , mausert sich in letzter Zeit zum Indie-Liebling: Ursprünglich wollte der vom polnischen Studio CD Projekt Red gegründete Service lediglich gute, alte PC-Spiele ohne das verhasste DRM auch für neuere PCs anbieten, inzwischen haben sich neben diesen Perlen aus der Games-Geschichte auch aber auch einige hochkarätige Indies angesiedelt – darunter etwa das an dieser Stelle hochgelobte "Legend of Grimrock", das als Retro-Hommage perfekt zur Zielgruppe passt.

Wem auch all diese Vermarkterei hingegen schon zu kommerziell ist, der sollte – nach angeratener Überprüfung der eigenen Hipster-Scheinheiligkeit – als Alternative einen Blick auf ein ganz, ganz anderes Projekt werfen: Tiggit  versammelt im schnörkellosen, aber bedienerfreundlichen Look über 300 Freeware- und Open-Source-Spiele – bequemer kann man die Weiten der Freeware-Indie-Welt nicht durchforsten. Zuvor aber: die besten Indie-Games des vergangenen Monats.

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Torchlight II 

Windows, 19,99€

Während Blizzard bei "Diablo III" Knebelkopierschutz, mangelndes Singleplayer-Spiel und zu schnell schal werdendes Endgame in zweifellos selbstloser Absicht durch die sensationelle Neuerung des Echtgeldauktionshauses aufwiegen wollte, geht "Torchlight II", der endlich erschienene Indie-Herausforderer des Blockbusters, konsequent in die andere Richtung: Die oben genannten Mängel der Blizzard-Monstertotklick-Orgie sind sämtlich behoben (es gibt sogar einen LAN-Modus!), und auch spielerisch kann locker mit "Diablo III" mitgehalten werden – ganz böse Zungen behaupten sogar, dass der Herausforderer ein weitaus besseres Skillsystem auf die Beine gestellt hätte. Freunde des gepflegten Klick- und Sammelrausches, die sich mehr oder weniger enttäuscht von Blizzards Triple-A-Kerker abgewandt haben, finden hier verlässlich Nachschub für die Endorphinsuchtspirale. Hier ist er, der so sehnsüchtig erhoffte Nachfolger im Geiste des zweitenTeils der "Diablo"-Reihe  - nur bunter, größer, schöner und rundum gelungen.

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FTL 

Windows, MacOS, Linux, ca 9€

Mein Indie-Liebling des Monats ist - wenig überraschend- allerdings das von Kollegen Pichler bereits ausführlich getestete "FTL"  – seinem umfassenden positiven Urteil schließe ich mich mit einer kleinen besserwisserischen Anmerkung gerne an: Das "Roguelike-like" wartet zwar zugegeben nicht per se mit einer plotmäßigen "Erzählung" auf, generiert aber dafür, wie es das dem altehrwürdigen Genre so eigen ist, bei jedem Durchspielen höchst unterhaltsame Geschichten, wie sie im besten Fall kaum ein Games-Autor besser hinbekommt – die zahlreichen Game-Diaries, etwa auf Rock Paper Shotgun, lassen erahnen, wo neben den Kämpfen der Reiz des Genres für viele Fans liegt. Zu Recht ein Indie-Darling des Monats.

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The Room 

iOS, 3,99€

Herausforderungen ganz anderer Art bietet das innovative "The Room", das vor allem auf iPads mit Kopfhörern zu düsterem Leben erwacht. Selten wurde ein Puzzlespiel so konsequent und liebevoll auf eine eigentlich simple Grundidee zurechtgezimmert: Man steht vor einem Erbstück, einem riesigen Kasten, den es im Verlauf der etwa drei Stunden Spielzeit zu öffnen gilt. Das mysteriöse Möbelstück, das wir angenehm haptisch auf dem Screen drehen und wenden können, hat dabei mehr Geheimfächer, okkulte Mysterien und Mechanismen zu bieten als so manches Renaissanceschloss, und der atmosphärische Soundtrack macht das meditative Grübeln, Schieben und Knöpfedrücken zum intensiven, aber nicht allzu harten Gehirntraining, leichtes Gruseln inklusive – ich sage nur: Lemarchands Box dürfte mit dem Möbelstück verwandt sein. Wer Logikrätsel schon seit "Myst" liebt, kommt an "The Room" nicht vorbei.

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Papo & Yo 

Playstation 3, PSN 14,99€

Es ist selten genug, dass sich in der bunten, hedonistischen Spielewelt Entwickler ernsthafter Probleme annehmen, doch es passiert: In "Papo & Yo" geht es um Alkoholismus und zerbrechende Familien, traurige Jugend und berührende Melancholie. Chefentwickler Vander Caballero verarbeitet in seinem exklusiv für PSN erschienenen Action-Adventure "Papo & Yo" eigene Kindheitstraumata. Die bunte südamerikanische Fantasiewelt, in der man sich hier bewegt, wird von einem mal gutmütigen, mal unberechenbar aggressiven Monster bewohnt, das von Beginn an als "the monster in my father", Caballeros vom zerstörerischen Alkoholismus dämonisierter Vater, identifiziert wird. Spielerisch ein solider Puzzle-Plattformer, ist die große Leistung des Spiels aber die berührende Parabel, die hier interaktiv erlebt wird. "Papo & Yo" beweist, dass es in Spielen nicht immer nur um „Spaß“ gehen muss, sondern sie auch, wie andere Medien, durchaus subtilere Töne anschlagen dürfen – aber das wissen regelmäßige Leser dieser GameStandard-Serie wohl ohnedies.

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Mark of the Ninja 

Xbox LiveArcade, 1.200 MS-Punkte

Ein Indie-Tipp für Xbox-Besitzer ist auf jeden Fall "Mark of the Ninja" der "Shank"-Macher Klei Entertainment, letzten Monat für ihre Cartoon-Survival-Sandbox "Don’t Starve" hier erwähnt. Was auf den ersten Blick wie ein gewöhnlicher Sidescroller aussieht, entpuppt sich schnell als ultrastylisches "Splinter Cell" in 2D, denn die Fähigkeiten unseres Ninja-Kriegers erlauben elaborierte Attacken aus dem Hinterhalt gegen im direkten Kampf überlegene Gegner. Der gelungene Cartoon-Look täuscht, denn schon wie "Shank" ist "Mark of the Ninja" eine Hommage ans reißerisch absurde Splatter-Action-Genre mit Eastern-Atmosphäre. Das ist durchaus als Kompliment gemeint: Mehr Ninja-Feeling als in dem grafisch wunderschönen, herausfordernden Eastern-Thriller im Comic Look gab‘s seit dem Uropa "The Last Ninja" kaum auf den Bildschirmen zu sehen.

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E-X-O 

Windows, MacOS, gratis

Aus der beliebten Reihe „Ist das noch ein Spiel?“ diesen Monat ein Augen- und Ohrenschmaus der sehr psychedelischen Sorte: Der US-Grafiker Tabor Robak hat gemeinsam mit dem Electronica-Duo Gatekeeper bereits im Hochsommer ein interaktives Stück Software veröffentlicht, das all jenen ans Herz gelegt sei, die der Mischung aus Hochglanzgrafik und treibend-hypnotischen Beats eigene Reize abgewinnen können. "E-X-O" ist ein Bastard aus Musikvideo, Demoszene-Grafikwunder   und Psytrance-Halluzination, der 35 Minuten – die gesamte Albumlänge des titelgebenden Gatekeeper-Albums  – in beeindruckend exotische Welten entführt. "E-X-O" mag tatsächlich noch weniger Spiel sein als "Dear Esther", "Thirty Flights of Loving" oder das ebenfalls mit Musik spielende und übrigens bald final erscheinende "Proteus"  , doch solche Spitzfindigkeiten sollten den geneigten virtuellen Touristen nicht vom Besuch des audiovisuellen Spektakels abhalten. Ein Gigabyte Download mit halluzinogenem Punch.

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Zum Abschluss ein Seufzer: Gerne hätte ich an dieser Stelle auch mit stolzgeschwellter Indie-Brust auf "Black Mesa", das fantastisch gelungene Remake des 14 Jahre alten ewigen Klassikers "Half-Life" verwiesen, doch mit gutem Gewissen lässt sich das von Amateuren liebevoll neu erschaffene FPS-Kronjuwel nicht für die Indie-Welt reklamieren: Es sind zweifellos Genie und Größe des Ausnahmestudios Valve, die hier beeindrucken und uns von den "Black Mesa"-Machern ehrfurchtsvoll nur mit minimalen Änderungen grafisch verschönert ins Gedächtnis gerufen werden. Bei aller Begeisterung bringt einen aber doch eines zum Grübeln: Dass ein 14 Jahre altes Spiel in neuer Grafik auch 2012 noch das Gros der inzwischen erschienenen und aktuellen Triple-A-First-Person-Shooter in Sachen Immersion und Storytelling weit hinter sich lässt, riecht schon verdächtig nach Stagnation des Genres.

Kleiner Trost: Im Indiesektor zumindest ist selbige kaum zu befürchten – der Oktober wird’s weisen.

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Kommentare

Torchlight 2 ist indie?

Ist inzwischen die einzige Definition für Indie: "nicht von EA"?

hola zia,

whoa! schlechte laune? sorry, aber während bei TWD die Sache tatsächlich diskutabel war, ists bei Torchlight 2 eigentlich eindeutigst.

irgendeine definition braucht man, wenn man schon eine schublade wie "best of Indie" aufmacht (was der Wunsch des Standard war), und die lautete, siehe letzte Ausgabe:

"Vielleicht sollte man sich auf diese aktuell vom Entwickler Craig Stern vorgeschlagene "Universaldefinition" des schwammigen Begriffs beschränken: Ein Indie-Game wäre dieser Definition nach jedes Spiel, das (a) von Anfang bis Ende ohne den Einfluss eines Publishers oder Lizenzgebers fertiggestellt und (b) von einem einzelnen Entwickler oder einem kleinen Team erstellt wurde."

Runic Games ist ein vom Publisher unabhängiges Studio, einer der Gründer hat sich damals von Blizzard verabschiedet.

Was dir sauer aufstößt, ist entweder der kommerzielle Erfolg - kein Argument, siehe Minecraft - oder die streng genommen 1:1 kopierte Idee aus dem "Mainstream". Dann würdest du quasi mit dem Un-Begriff Indie (ja, ich finde auch, dass das ein Un-Begriff ist!) eine Underground-Mentalität oder ein bewusstes Steuer gegen den Mainstream verstehen. Das würde aber wohl auch einige Mainstream-Games treffen, die "anders" sein wollen - siehe "Spec Ops - The Line" und andereseits verkennen, dass sich die Definition des Mainstreams ja auch mit verändert - siehe wieder: Minecraft. Mit einer derartigen Indie-Definition begibt man sich also endgültig auf die Geschmacksebene. Das will ich gern vermeiden.

Deshalb bleibe ich bei der obigen Definition, die sich auf die wirtschaftliche Seite beschränkt. Sie ist fehlerhaft, fragwürdig und vom Hype überholt, aber praktikabel anwendbar.

Ich hoffe, das beantwortet auch gleich die von Dir am Ende des Kommentars gestellte Frage: Jawoll, Torchlight 2 IST indie. Nein, die Definition für Indie ist weder "inzwischen" "nicht von EA", noch war sie dies jemals.

So viel Sarkasmus bin ich gar nicht gewohnt! Um mit DÖF zu sprechen: Immerhin san mia alles Kollegen da, net!

Peace, :-)

r

Hi,

ja, hatte in dem Moment tatsächlich schlechte Laune. Grad aufgestanden, leicht verkatert und vollkommen überfordert von meiner 1,5 Jahre alten Tochter... ;)

Ok, ich akzeptiere deine Definition. Aber auch nach der sind die von mir kritisierten Einordnungen nicht Indie: Weder TL2 noch TWD wurden von "kleinen" Teams hergestellt. Beides sind hoch professionelle Produktionen. Schau dir mal die Credits an... "Klein" ist zwar nicht definiert, aber ich gehe mal von der Gruppendynamik aus, und damit ist jedes Team > 12 Personen nicht klein.

Meine persönliche Definition ist relativ einfach: Nicht offensichtlich für den Massenmarkt und damit für den kommerziellen Erfolg bestimmt. Was TL2 wie TWD eindeutig sind.

Project Eternity ist nach meiner Definition auch kein Indie, nach deiner dürfte es, wie TL2 und TWD, auch nicht Indie sein.

Warum peace? Eine intensive Debatte tut der Sache doch gut!?

Und ein bissi wienerisch rumgranteln am Samstag Morgen gehört doch dazu... :D

Aber ehrlich, sorry, ich wollte nicht aggressiv rüberkommen. Polemisch ja, aggressiv nein. Sorry!

Lass uns den Diskurs weiterbringen! :)

lg Zia

 

P.S.: Mir stößt nicht der kommerzielle Erfolg sauer auf. Minecraft ist Indie für mich. Mich stört auch nicht die kopierte Spielmechanik. Was mich stört (nicht an den Spielen, sondern an der Einordnung) ist die professionelle Produktion und die augenfällige Kommerzorientierung.

P.P.S.: Und ich würde es einfach gut finden, wenn in einer solchen Rubrik nicht professionell produzierte Titel, die das eigene Marketing auf Indie-Status hebt um Sympathiekäufer zu finden, und die noch dazu in den etablierte Games-Medien rauf und runter pre- und reviewed werden besprochen werden, sondern jene Kleinode, die wirklich an Spaß an der Freude und Glauben an die Sache gemacht werden und ohne Marketing auskommen müssen. (Dieser Satz war viel zu lang... ;))

Was mir aber noch fehlt ist eine Antwort auf meine Kritik mit der Teamgröße! :P

inhaltlich kann ich dir in bezug auf die größe nicht widersprechen, aber praktisch wird es schwierig, das als kriterium streng anzuwenden. verglichen mit ubisoft oder rockstar oder nintendo sind sowohl telltale als auch runic games sicher "klein". verglichen mit ed mcmillen ist im gegensatz dazu aber wohl sogar mojang inzwischen ein imperium, und da arbeiten wohl auch schon mehr als die von dir vorgeschlagenen 12 personen. für mich gilt "klein" also schon als kriterium, aber ich vergleiche hier mit den wirklich großen.

es ist letztlich ein atmosphärisches eher als ein an einer zahl festzumachendes problem. als "klein" würde ich ein team dann bezeichnen, wenn einzelne personen ohne einfluss von außen, sprich PR oder publisher, an ihrer vision arbeiten können. das ist durchaus ein rein budgetäres problem, denn wenn millionen dollar von designentscheidungen abhängen, ists mit der unabhängigkeit nicht weit her.

wie gesagt: ein schwieriges dilemma. ich denke ja, dass sich mit den digitalen marktplätzen die dichotomie publisher - developer sowieso verflüchtigen wird und "indie" eben nur als label bleiben wird - siehe indierock, alternative pop etc. das ist der lauf des konsumkapitalismus.

aber wie gesagt: das ist auch für die wirklich kleinen ein vorteil. dass ich im Standard auch die großen Indies vorstelle, hat wie erwähnt auch was mit dem anspruch zu tun, hier neben den für das ressort selbstverständlichen industrie-news (neue ps3!) und traditionellen games-PR-news (neues video von asscreed3!!!) eben auch das label " indie" zu featuren. für mich ist das eine gratwanderung zwischen vollständigkeit und innovativem.

ich persönlich finde das label an sich inzwischen uninteressant und behandle auf vgt, hoffe ich, einfach interessante spiele, egal ob indie oder nicht.

lg

r

na gut, dann werde ich eben weiterhin der orthodoxie huldigen und auf jeder fehleinstufung rumreiten... ;)

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