Best of Indie August

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Das in Sachen Optik beeindruckendste "Indie-Spiel" des Monats ist zweifellos "Hellblade" - allerdings zeigt sich an diesem unabhängig produzierten Spiel auch fast exemplarisch die Schwierigkeit, das Label Indie irgendwie passend zum Inhat zu verwenden. Darüber gab's auch hier auf dieser Seite schon lange Diskussionen, deshalb nur so viel: Es ist ein tolles Spiel - extra auf diese kleine Indie-Bühne hier mag ich es aber nicht noch einmal ins Rampenlicht stellen. Stattdessen: Kleine(re) Spieleperlen, die aber auf ihre Weise ebenso groß sind. Viel Spaß.

Tacoma Windows, Mac, Linux, Xbox One um 20 Euro.

Verlassene Raumstationen hat man schon viele gesehen, doch im neuen Spiel der Macher des außergewöhnlichen Gone Home is man zur Abwechslung ohne Laserkanone im Anschlag auf einer solchen unterwegs. Vielmehr ist es die Aufgabe, sich aus versteckten Hinweisen und Aufzeichnungen der verschwundenen Crew ein Bild von den Ereignissen an Bord zu machen - ein detektivisches Puzzlespiel, in dem sich nach und nach eine Science-Fiction-Geschichte mit komplexen Charakteren und nicht wenig Emotionen zusammensetzen lässt. Der originelle Gameplay-Clou ist dabei das “AR-System” des leeren Schiffs, das auf Knopfdruck holografische Aufzeichnungen der Ereignisse abspielt und sozusagen deren “Durchwandern” ermöglicht.

Wie in Gone Home erzählt die liebevolle und detailreiche Gestaltung der Umgebung viel über ihre Bewohner; auch wenn nicht jedes Detail für den letztlich linearen Handlungsverlauf entscheidend ist, freut man sich über viele Kleinigkeiten, die ein stimmungsvolles Bild vermitteln. Tacoma ist - wegen seines Settings und seiner Thrillerhandlung - viel publikumstauglicher als das spezielle Gone Home, dadurch aber auch etwas konventioneller. Dank seiner cleveren zentralen Innovation ist es aber auf jeden Fall ein Pflichtspiel für Freunde des originellen Erzählens im Computerspiel.

Pyre PS4, Windows, Linux um 20 Euro.

Auch die Macher von Pyre sind schon Indie-Veteranen: Supergiant Games haben sich bereits mit ihren zwei ersten Spielen Bastion und Transistor viele Freunde gemacht. Auch Pyre wartet mit den bekannten Tugenden auf: Die Präsentation im stylischen Cartoon-Look ist außerordentlich und muss sich vor keiner AAA-Produktion verstecken, Sound und Musik sind ebenso gelungen und die einzelnen Elemente des Spiels fügen sich zu einem Genre-Hybriden, wie man ihn noch nicht gesehen hat. Als Chef einer Gruppe exotischer Abenteurer führen Spielerinnen und Spieler Dreierteams in actionreiche, aber auch taktische Duelle, die wie eine Mischung aus American Football und Basketball funktionieren.

Dieser zentrale Gameplay-Kern ist aber bei weitem nicht die Hauptattraktion: Wie Pyre seine komplexe und faszinierende Geschichte erzählt, lässt sich am ehesten mit dem - spielerisch verschiedenen - Banner Saga vergleichen. Schwere Entscheidungen und eine Vielzahl an originellen, ans Herz wachsenden Charakteren machen Pyre zu einem Unikat zwischen Sportspiel, Rollenspiel und Visual Novel, das das Kunststück fertigbringt, auch Niederlagen nahtlos in die Handlung einfließen zu lassen. Absolut originell und wunderschön, wie man es von Supergiant Games gewohnt ist.

The End is Nigh Windows, 15 Euro.

Mit dem knochenharten Plattformer The End Is Nigh meldet sich Ed McMillen zurück. Das Indie-Urgestein, bekannt durch die Indie-Bestseller Super Meat Boy und The Binding of Isaac, setzt in seinem neuen Titel auf seine bekannten Trademarks: Das Gameplay, in dem wir einen amorphen Blob durch eine postapokalyptische monochrome Welt steuern, ist dem Schwierigkeitsgrad von Super Meat Boy treu und setzt in unzähligen witzigen Geschmacklosigkeiten auf die von McMillen bekannte Mischung aus Ekel und Knuddeligkeit.

Im Unterschied zu Super Meat Boy ist allerdings beim Durchqueren der relativ offenen, riesigen Spielewelt neben geölten Reflexen auch etwas Grübeln angesagt: Wie sich in den jeweiligen Bildschirmen die tödlichen Hindernisse überwinden und Goodies einsammeln lassen, ist nicht von Anfang an klar. Dank präziser Steuerung und origineller Levelarchitektur ist The End Is Nigh eine willkommene Herausforderung für Hardcore-Joystick-Akrobaten.

Kingdoms And Castles Windows, Mac, Linux, 10 Euro

Wer’s gerne weniger stressig und actionreich hat, kann sich Kingdoms and Castles widmen: Das Aufbauspiel im freundlich-minimalistischen Pixel-Look erfindet zwar das Rad nicht neu, doch das Aufbauen einer pseudo-mittelalterlichen Stadt vom winzigen Dorf mit Bergfried zur quirligen Metropole mit beeindruckender Festung macht einfach Spaß und steigert sich vom entspannten, fast Casual-artigen Nebenbei zum fesselnden Stadtbaukasten.

Wie im Genre gewohnt gilt es Ressourcen, Einwohnerzufriedenheit und Planung ständig im Auge zu behalten, für Stress sorgen sporadisch auftauchende Drachen, Wikinger und andere Invasionen - im einfachsten Schwierigkeitsgrad lassen sich die Störenfriede auch abschalten. Kingdoms and Castles erklärt sich fast von selbst und weckt auch im entspanntesten Spieler den Ehrgeiz, die kleine Stadt zum möglichst angenehmen und beeindruckenden Lebensraum zu machen - ein Spiel für alle.

Code 7 Windows, Mac, Linux 16 Euro (Season-Pass)

Das deutsche Indie-Studio Goodwolf tritt den Beweis an, dass das gute, alte Textadventure noch ganz viel Leben in sich hat - auch wenn Code 7 mit stylischem Interface, Effekten und Sprachausgabe nur mehr wenig mit den Urvätern des Genres gemeinsam hat. Der Science-Fiction-Thriller spielt gekonnt mit seinem User-Interface: Per Tastaturbefehlen werden hier sowohl Computersysteme als auch Gegenstände in der Realität manipuliert und Reaktionsschnelligkeit ist genauso gefragt wie Spürsinn und logisches Denken.

Code 7 überrascht wieder und wieder mit originellen Ideen und - nicht nur für ein Textadventure - großartiger Präsentation. Es ist Mal für Mal überraschend, wie es mit einfachsten Mitteln Atmosphäre und Spannung generiert, auch wenn ein paar der zeitbasierten Rätsel durchaus an der Grenze zur Frustration entlangschrammen. Die erste von insgesamt fünf geplanten Episoden bzw der Prolog kann kostenlos gespielt werden, das soeben erschienene erste Kapitel ist ein absolut origineller Spieletipp für Freunde außergewöhnlicher Titel mit spannender, intelligenter Handlung.

Jalopy Windows, Early Access 15 Euro

Jalopy ist eine Autosimulation, wie man sie noch nie gesehen hat: Statt wie sonst schnittige PS-Monster mit Höchstgeschwindigkeit durch malerische Landschaften zu jagen, simuliert dieses Indiespiel einen klapprigen Trabant, wie er in Zeiten der DDR überall zu sehen war - im Spiel wird das unverkennbare Gefährt allerdings „Laika“ genannt. Die Höchstgeschwindigkeit bergab liegt bei etwa 80 Stundenkilometern und in den Benzintank kommt ein Gemisch aus Treibstoff und Öl, um den antiken Zweitaktmotor fit zu halten.

Jalopy schafft es, eine absolut neue Nische zu besetzen: Die Mischung aus simplem Autofahren, minimalistischer, aber sehr detailreicher Simulation und Ressourcenmanagement gibt einem tatsächlich das Gefühl, ein schräges Road Movie zu erleben, bei dem Reifenwechsel im Straßengraben, unfassbar schlechte Straßen und das Zittern um den letzten Tropfen Benzin für Spannung sorgen. Die Liebe zur Simulation kommt nicht von ungefähr, denn vor Jalopy hat der Entwickler Greg Pryjmachuk lange Jahre an der „Formula 1“-Rennspielserie mitgearbeitet.

Und sonst?

Das riesige Metroidvania Sundered (Windows, Mac, Linux 20 Euro) verbindet schicke Cartoon-Grafik mit düsterem Setting und knallhartem Gameplay: Als einsame Kriegerin steigen Spielerinnen und Spieler wieder und wieder in sich ständig verändernde Ruinen, um dort immer größer werdende Gegnerhorden und beeindruckende Obermonster zu besiegen. Ein komplexer Upgrade-Baum und herausfordernde Kämpfe machen Sundered zur ebenso hübschen wie umfangreichen Aufgabe für Kämpfernaturen mit Entdeckerdrang.

Freunde von Card Crawl und Card Thief, aufgepasst: Das deutsche Mobile-Games-Studio Tiny Touchtales packt mit Miracle Merchant (iOS, Android 2 Euro) erneut eine spaßige Solitär-Variante auf den Kartentisch. Miracle Merchant ist wie die beiden anderen Spiele im hinreißend liebevollen Cartoon-Stil gestaltet und das wahrscheinlich entspannteste von den dreien. Neben der Jagd auf die höchste Punktzahl motivieren auch kleine Aufgaben zum Weiterspielen, wie etwa eine bestimmte Zaubertrank-Kombination zu finden. Die Fantasy-Apotheke ist ein mit sichtbar viel Liebe gemachtes Spiel für zwischendurch und immer wieder.

Und noch ein Hinweis auf ein Ausnahmespiel, das ich an anderer Stelle ausgiebig gewürdigt habe: Das seit 2014 im Early Access erhältliche The Long Dark (Windows, Mac, Linux, PS4, Xbox One, ab 32 Euro) ist ab sofort nicht mehr “nur” eine umwerfend atmosphärische Survival-Sandbox, sondern hat seit kurzem die ersten Episoden des lang ersehnten Story-Modus bekommen.

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