
"It's definitely creepy down here" - Das Politische im Teenie-Slasher-Genre
Das eigentliche Spiel fängt ein Jahr später mit der Einladung Josh Washingtons (der Bruder von Hannah und Beth) an, der die sieben verbliebenen FreundInnen bittet mit ihm gemeinsam den Jahrestag des Unglücks in derselben Berghütte zu verbringen. Als Horrorkenner wissen wir, was das heißt: Ein Damoklesschwert schwebt von Anbeginn über den Köpfen der verbliebenen sieben ProtagonistInnen. Der Makel, der Sündenfall des böswilligen Streichs, muss gesühnt werden. Die Wälder werden düster, die Gebirgsbäche reißend, die Seilbahnfahrt wird schwindelerregend und eine Nacht in einer abgeschiedenen Berghütte scheint vor allem Tod und Verderben zu versprechen.
Das 2015 vom britischen Spieleentwickler Supermassive Games exklusiv für die Playstation 4 entwickelte Until Dawn ist ein der Essenz des Teenie-Slasher-Horror besonders getreues Spiel. Rudolf Inderst spricht deshalb in seiner Besprechung von einer "liebevollen Verbeugung vor dem Teenie-Slasher-Genre" Tatsächlich spielt sich der "interaktive Horror-Film" wie ein Potpourri klassischer Horror-Tropen : Vom Indianerfluch über das verlassene Krankenhaus bis zum maskierten, axtschwingenden Psychopathen spannt sich der unwahrscheinliche dramaturgische Bogen. Doch trotz des Rückgriffs auf immer wieder verwendete Genre-Versatzstücke schafft das Spiel das Kunststück, eine sowohl eigenständige als auch in sich glaubwürdige Erfahrung zu bieten, die nicht an genuinen Momenten des "Horrors" verliert. Das ist auch durch die Spielmechanik bedingt. So ist es möglich, dass jedeR einzelne ProtagonistIn zu einem oder mehreren bestimmten Zeitpunkt sterben kann.

2.
Ähnlich wie in der Science Fiction, werden auch im "Horror" traditionell Themen verarbeitet, die als "kollektive" oder "kulturelle" Ängste wahrgenommen werden. Weswegen ich nach dem Politischen in Until Dawn suchen möchte. Kann ein Tennie-Slasher Horror-Game überhaupt politisch sein? Ist ein oberflächliches "Slasherfest" mit einem Überangebot an Blut (bzw. Gore), sexuellen Anspielungen und abstrusen Plotversatzstücken nicht in seiner Essenz apolitisch?
Until Dawn sticht insofern aus der Menge bisheriger Horrorspiele hervor, als es sich noch mehr als seine Vorgänger an Stereotypen des Horrorfilms, seiner Narration und Ästhetik abarbeitet. Im Gegensatz zu vielen ambitionierten Untergrundhorrorfilmen versucht es nicht ein einzelnes exotisches (politisches) Thema zu bearbeiten und eignet sich besonders gut als Gradmesser für Mainstream-Diskurse des Genres.[1] Indem es getreu traditionelle Versatzstücke des amerikanischen Horrorfilms zitiert, bietet es uns eine handliche Aufbereitung gängiger politischer Mythen:

So lässt sich in Until Dawn zu Beispiel die genreübliche alptraumhafte Inszenierung eines Krankenhauses, inklusive des obligatorischen düsteren Geheimnisses feststellen: In der Vorgeschichte von Until Dawn, die sich den SpielerInnen mittels versteckter "Clues " (Zeitungsberichte, Photos, Krankenakten, etc...) erschließt, waren 1952 mehrere verschütte Minenarbeiter Opfer eines „uralten“ indianischen Fluches geworden, der sie langsam zu abscheulichen Monster mutieren ließ. In ein nahes Krankenhaus aufgenommenen wurden die Überlebenden aber weniger behandelt, als dass ihre Transformation wissenschaftlich observiert wurde. Der Natur des Genres gemäß fielen die beobachtenden Ärzte bald ihrer unethischen Neugier zum Opfer, als die nun zu Wendigos mutierenden Patienten übermenschliche Reflexe und Stärke entwickelten. Die SpielerInnen begegnen den Überresten dieser Erzählung in Until Dawn in Form der nach wie vor das nun verlassene Sanatorium durchstreifenden Monster.
Hier transportiert das Spiel den konventionellen Horror-Tropus einer gefährlichen und vor allem "unmenschlichen Medizin", welcher die wissenschaftliche Erkenntnis wichtiger ist als das Wohl der einzelnen PatientInnen. Dieser Mythos nimmt wahrscheinlich seinen Ursprung in den von vielen Gesellschaften ursprünglich als unethisch wahrgenommenen Leichenautopsien, und wurde vor allem im zwanzigsten Jahrhundert durch eindeutig unethische „Experimente“ insbesondere der NS-Medizin übermäßig verstärkt. Er greift somit auf ein historisch bedingtes "Unwohlsein" im kollektiven Gedächtnis zurück und soll als Warnung dienen.
Der bereits angesprochene - ebenso genreübliche – Indianerfluch muss auch als politischer Mythos gelesen werden. Die SchreiberInnen von Until Dawn sprechen im Spiel dabei offen ein, diesem Tropus zugrundeliegendes "kollektives schlechtes Gewissen an". Im Spiel liest man in einem Brief von Joshs Mutter (ein weiterer "Clue") : "It's good to know that the tribe still feel an attachment to the land here, even if we have a few unfortunate problems (graffiti, people sleeping in the outbuildings). This is their ancestral home, after all. I have made contact with the descendants of the tribe and intend to make a donation to their elder council. Healing the wounds of the past won't be easy, but I feel it's a step that is necessary."
In einem Aufsatz von Robert Saunders kann man nachlesen, dass der Wendigo-Mythos im Horror Genre bereits eine Vorgeschichte hat. Einem Mythos der Cree zufolge würde jeder Mensch, der aus Völlerei auch Menschenfleisch äße, zu einem unmenschlichen Monster. In Antonia Birds Film "Ravenous" (US/UK/CR 1999) wurde der Wendigo vor allem zur Geißel der europäischen Eindringlinge, die die Landschaft zerstörten: "an agent of horrific vengeance upon European /Euro-American interlopers who violate indigenious space" [2] Until Dawn übernimmt Antonia Birds Wendigo-Mythos, allerdings ohne die zugrundeliegende kritische Aufarbeitung der Kolonialgeschichte zu thematisieren.

„B ut why can’t a game pay homage to a genre without having women run around darkened hallways in a towel in order to highlight her vulnerability and without reappropriating Native American iconography in order to establish a “spooky” mood?” Das Zitat aus Bianca Battis Artikel weist uns auf einen dritten politischen Mythos hin: Das Bild der Frau im Horrorgenre. Spätestens seit dem Buch: "Men, Women, and Chain Saws: Gender in the Modern Horror Film" von Carol J. Clover aus dem Jahr 1992 ist eine feministische Aufarbeitung des Genres auch in der Forschung Thema. In Until Dawn begegnen wir auf einen ersten Blick drei vergleichsweise eigenständigen und selbstbewussten Frauen: Sam, Jessica und Emily (Nur Ashley entspricht noch ein wenig dem alten Stereotyp der Damsel in Distress).
Will Byles - Creative Director von Until Dawn erklärte dazu der LA Times: "That old-fashioned misogynistic attitude feels very dated now. This is a balance between four guys and four girls. It’s not like the girls all die and they all die horribly. We’ve avoided the traditional phallic stabbing. It just doesn’t feel contemporary." (Bianca Batti sieht diese Gleichberechtigung durch gleichmäßige Verteilung der Geschlechter zu recht kritisch.) Für uns interessant ist, dass sich die EntwicklerInnen des Spiels zu einem bestimmten Zeitpunkt bewusst mit der Frage der Gleichberechtigung auseinandergesetzt haben. Das heißt natürlich nicht, dass das Spiel tatsächlich eine gleichberechtigte Darstellung aufweist sondern, dass das Spiel sich bewusst innerhalb eines Genderdiskurses bewegt.
Ein verbreiteter amerikanischer Horrorfilm-Tropus, der besagt, dass schwarze Charaktere immer und ausnahmslos zuerst sterben , führt uns schließlich direkt in die zeitgenössische amerikanische Gesellschaftspolitik. Es ist zwar in Until Dawn durch die ergebnisoffene Struktur des Spiels nicht zwangsmäßig gegeben, dass Matt als erster stirbt, wurde aber in einem Forum trotzdem thematisiert. Wie „politisch korrekt“ ist Until Dawn in Hinblick auf den ethnischen Hintergrund? Die Gruppe der sieben Freunde beinhaltet u.a. den afroamerikanischen Matt und die asiatisch-amerikanische Emily. Das mag zwar vielleicht nicht der tatsächlichen ethnischen Zusammensetzung der USA entsprechen, es lässt aber vermuten, dass sich die SpielentwicklerInnen mit der Frage ethnischer Pluralität auseinandergesetzt haben, denn bisher war eine ethnisch diverse Besetzung nicht unbedingt Tradition des Slasherfilms.

3.
"Selbst" ein Spiel wie Until Dawn transportiert/kommuniziert politische Inhalte, politische Mythen. Zu einem Teil bewusst, zu einem anderen unbewusst. Alle vier oben angesprochenen Mythen sprechen dabei zeitgenössisch relevante gesellschaftspolitische Diskurse an. Der medizinkritische Diskurs ist sowohl zeitlos als auch geografisch nicht beschränkt, ebenso wie auch die Frage der Darstellung der Frau. Zwei der genannten vier politischen Diskursfelder sind aber genuin amerikanische Phänomene. Für den Indianerfluch (i.e. den kritischen Umgang mit dem eigenen postkolonialen Ursprungsmythos) gibt es kein entsprechendes Pendant in Europa. Die Frage der ethnischen Diversität wiederum ließe sich zwar auch auf zeitgenössische europäische Gesellschaften umlegen, hier stellt sich aber die Frage wie gut sich das in jener sehr amerikanischen Form des College-All-Star Teams auf europäische Gesellschaften umdenken lässt.
Was mich deshalb, lange nachdem ich Until Dawn gespielt hatte, am meisten an dem Spiel fasziniert hat, ist wie ausgesprochen "amerikanisch" es war, ja wie unbedingt es "amerikanisch" sein wollte. Selbst die britische Redakteurin Keza MacDonald war überrascht, dass es sich um eine britische Produktion handelte: "I did not know until after I’d finished it that Until Dawn was British, because it’s such a perfectly knowing pastiche of American horror-movie tropes that I felt it must have come from across the Atlantic."
Es ist bemerkenswert, dass ein britischer Entwickler (Supermassive Games) mit einem japanischen Vertrieb (Sony) für ein internationales Publikum (PS4) ein solch uramerikanisches Spiel produziert hat. (Dass die Handlung in Kanada spielt, fällt nicht wirklich auf). Das europäisch entwickelte, asiatisch vertriebene und interanational gespielte Spiel übernimmt dabei die referenzierten amerikanischen politischen Mythen.

Was mich vor allem interessiert, ist, was für einen Einfluss genuin US-Amerikanische politische Mythen auf europäische gesellschaftspolitische Diskurse nehmen. Was fangen wir - die SpielerInnen - mit den kommunizierten Botschaften an? Lässt sich ein amerikanischer Political-Correctness-Konsens auch auf europäische Gesellschaften übertragen? Nachdem wir über mehrere Jahrzehnte kulturellen Austauschs immer vertrauter mit der sensiblen Aufarbeitung der Ungleichbehandlung ethnischer Gruppen in der amerikanischen Gesellschaft wurden, ziehen wir daraus auch - unbewusst - Schlüsse über unsere multiethnischen Gesellschaften?
Wenn wir heute von der Tötung eines schwarzen Teenagers in einer amerikanischen Kleinstadt lesen, "wissen" wir sofort was für politische Implikationen dass nach sich ziehen wird, wir "wissen" dass eine hitzige Debatte zu Rassismus und Waffengesetzen in den USA zu erwarten ist. Heißt das aber auch, dass wir entsprechend begreifen, welche politischen Folgen beispielsweise die Tötung eines jungen Algeriers in den Pariser Banlieues oder einer jungen Jamaikanerin in London haben wird, welche schwelenden Konflikte hier Gefahr laufen können neu auszubrechen? Wie verstehen wir die amerikanische Aufarbeitung des Umgangs mit den „American Indians“? Versuchen wir solche politische Botschaften in einem größeren Rahmen zu verstehen? Schon die Gleichsetzung der „Indianerkriege“ mit dem „europäischen“ Holocaust ist mehr als problematisch.
Zugleich sollte man die (europäischen) KonsumentInnen, die SpielerInnen nicht unterschätzen. Wahre Identitätskrisen sind keine zu erwarten, der oft befürchtete „Identitätsverlust“ steht nicht vor der Tür. JedeR holt sich aus den Medien, was ihn interessiert. Bereits 1959 wies der amerikanische Soziologe Elihu Katz daraufhin, dass wir nicht fragen sollten “What do the media do to the people?“ sondern „What do people do with the media?“.
[1] "These religions are portrayed as having a keener respect for the forces of nature, as understanding its power and being careful to pay homage to its deities. " in: Bryan Stone, "The Sanctification of Fear: Images of the Religious in Horror Films" in The Journal of Religion and Film, Vol. 5, No.2, Oktober 2001
[2] Robert Saunders, “Hungry Lands. Conquest, Cannibalism , and the Wendigo Spirit” in Cynthia J. Miller und A. Bowdoin van Riper (Hg.), „Undead in the West. Vampires, Zombies, Mummies and Ghosts on the Cinematic Frontier“ 183 Link
Kommentare
Sehr interessante
Sehr interessante Auseinandersetzung mit dem Thema.
Anfangs kam mir 'Until Dawn' sehr stereotyp vor, was sich aber im Spielverlauf immer mehr als tiefgründigeres und auch erwachseneres Spiel entpuppte. Und ich war auch sehr überrascht, dass dann auch auf die Indianer-Thematik eingegangen wird. Und ja, stimmt... man kann Vergleiche zum europäischen Holocaust ziehen, was das Psycho-Krankenhaus auch nahe legt.
Sehr spannend, was man aus dem Spiel noch rausholen kann. Und siehe da, britische Entwickler? Hätte ich jetzt auch nicht erwartet.
Gibt's einen europäischen Narrativ?
Slasher tangiert mich generell exorbitant peripher.
Spannend für mich ist aber viel mehr die Aussage, dass es erklärtes Ziel vieler Personen in der Unterhaltungsindustrie (nicht nur bei Videospielen)ist oder richtiger: auf mich so wirkt, amerikanische Narrative so authentisch wie möglich zu imitieren.
Während wir jetzt alle vermutlich recht schnell ein paar Titel aufzählen können, die einen explizit japanischen Narrativ haben, mit europäischen Narrativen fällt zumindest mir das deutlich schwerer.
Ist er so schwach/fad/unspannend?
Oder gibt's nur katalanische, bukowinische, steirische, telemark'sche Mythen und Narrative?
Oder ist das, was ich jetzt hier als us-amerikanischen Narrativ bezeichnet habe, gar nichts us-amerikanisches mehr? Haben diese Topoi, Narrative, Tropen, Archetypen (wie auch immer man das jetzt kulturwissenschaftlich richtig bezeichnet, ich bin ja nicht vom Fach) nicht schon universelle Geltung erlangt?
Ich habe keine Ahnung, fände aber eine Diskussion dazu sehr spannend.
Beste Grüße, die freundliche Hüfthose aus der Nachbarschaft
Das hier waren wirklich nur
Das hier waren wirklich nur erste Gedanken und gerade zum Thema "Amerikanisierung" müsste ich mich noch intensiv einlesen, gerade weil bei dem Thema die Gefahr polemischer und teilweise paranoider (Wir verlieren unsere Identität) Minenfelder extrem hoch ist. Ich gehe davon aus, dass wir nicht Zeugen einer absichtlichen Amerikanisierung der Spieleproduktion werden. Europäische Entwickler reagieren nur auf (wahrgenommene) Erwartungshaltungen der KonsumentInnen. Zugleich ist gerade eine "Verbeugung vor dem Slasher-Genre" nur durch Bezugnahme auf die dominanten Tropen möglich.
Vom gefühl her, stimme ich mit Deinem letzten Punkt überein: Amerikanische High-School- und Collegeschüler sind fast schon zu einer internationalen Metaerzählung geworden. Es stellt sich also die Frage wieviele der festgehaltenen politischen Mythen dem amerikanischen Zeitgeschehen entstammen, und wieviele einem entkoppelten selbstlaufenden Narrativ? Hierfür wäre gerade der Mythos der unmenschlichen Medizin ein passendes Beispiel, weil es ein so alter Mythos ist. Gender- und Rassenstereotypen wiederum sind eher Zeichen eines zeitgenössischen Diskurses.
Europäische Narrative zu finden ist tatsächlich zum derzeitigen Zeitpunkt unmöglich, auch weil bewusst politisch so viel Gewicht auf den Erhalt nationaler Identitäten gelegt wurde. Darüber können die vielen pan-europäischen Filmprojekte nicht hinwegtäuschen. Für einen regionalen europäischen Horror wiederum gibt es bereits vereinzelt Beispiele (In drei tagen bist Du tot).
MfG
EP
Zum Mythos der unmenschlichen
Zum Mythos der unmenschlichen Medizin: Der Topos reicht weiter zurück als bis Mengele, in der frühen Neuzeit waren Naturwissenschaften und Religion etwa in Sachen Forschung am menschlichen Körper erbittertst verfeindet - das Tabu, Sektionen durchzuführen, brachte viele forschende Ärzte mit sinistrer Grabräuberei zusammen.
Vermutlich könnte man in dieser Sache sogar bis zu Pseudo/Protowissenschaften wie Alchemie zurückdenken, die dann ja im Rahmen der Hexenverfolgungen in der frühen Neuzeit als des Teufels verdammt wurden.
Medizinethik
Das sehe ich ganz genauso. Das zwanzigste Jahrhundert war zwar medizinethisch ausgesprochen grenzwertig, aber der Mythos ist denk ich noch viel tiefer in uns drinnen und älter. Nicht zuletzt ist Mary Shellys Frankenstein schöner Beweis für seine Relevanz im 19. Jahrhundert. Ohne mich ausführlich damit beschäftigt zu haben, würde ich aber vermuten, dass die Angst einer unethischen Medizin zeitgleich mit den ersten beruflichen medizinischen Spezialisierungen entstanden ist. Die Angst geht einher mit dem Kontrollverlust der PatientInnen, würde ich mir denken. Sobald nicht mehr klar aus dem Alltagswissen heraus nachvollzogen werden kann, was der/die Medizinerin da macht, keimt auch schon ein Verdacht. Das 20. Jahrhundert - und hier nicht nur Mengele und die NS-Medizin, man denke nur an Contagan - hat dem Horrortropus aber sicherlich zu einem ganz besonderen Höheflug verholfen. Ich sollte da aber, denke ich einmal bei einem Spezialisten nachfragen und gebe weiter an Arno Görgen ;-)
Das Narrativ der Medizin
Hui, ich glaub, "Spezialist" ist zuviel der Ehre... ;) Ihr habt ja zur Medizin bereits ganz viele Dinge gesagt, die ich genau so unterschreiben würde, und die sie letztlich (aus meiner Sicht) für Games total interessant machen:
a) ihre lange, lange Tradition, die schon lange vor ihrer Professionalisierung und Institutionalisierung bestimmte Tropen und Vorstellungen über Medizin gefördert hat. Dazu gehört sicher auch, dass Medizin in vielerlei Hinsicht etwas magisches hat: es wird in einer oft unverständlichen Sprache über komplexe, kaum nachvollziehbare Sachverhalte gesprochen, zudem gibt es eigene Rituale und Codices, die von außen kaum verständlich wirken. Hinzu kommt dass der Mediziner immer invasiv arbeitet und damit eine soziale Grenze legitimiert durchbrechen darf, er darf nämlich die Integrität des individuellen Körpers außer acht lassen. Verdammt unheimlich. Und hinzu kommt, dass jeder schon einmal mit Ärzten zu tun hatte, medizinisches WIssen ist also in gewissem Rahmen ubiquitär. b) wie du schon sagtest, spielt Ethik in der Medizin eine riesige Rolle (institutionalisiert eigentlich erst ab der NS-Zeit), dies liegt sicher vor allem an der erwähnten legitimen Grenzüberschreitung, bzw. an der damit einhergehenden Einschränkung individueller Autonomie. Hinzu kommt, dass Medizin gleichzeitig naturwissenschaftlich arbeiten sollte, wie sich auch natürlich für das Wohl der Menschheit (also stark normativ) einsetzen sollte. Gerade diese zwei Bereiche von Wahrheit (Ethik/Epistemologie) schneiden sich sehr oft und führen zu konfligierenden Perspektiven. Aber, um noch mal auf den eigentlichen Grund für die Diskussion der Medizinethik in diesem Forum zu kommen: Medizinethik ist natürlich ein sehr westliches Konzept. Am Beispiel der Patientenautonomie heisst das, dass Patientenautonomie im westlichen Kontext sicher unangefochten als primäres medizinethisches Paradigma gelten kann - im chinesisch-japanischen Kontext ist aber beispielsweise etwas, was man als Familienautonomie bezeichnen könnte (weil der Patient ökonomisch wichtig für die Familie ist, darf sie mitbestimmen) ein wichtiger Faktor im Umgang zwischen medizinischem System und Patienten. Das heisst, ethische Narrative sind auch kulturgebunden. Da wäre es dann sicher mal spannend (keine Ahnung wie man sowas analytisch macht), zu schauen, ob ein Spiel wie Bioshock, dass sich ausschließlich um Fragen der Autonomie dreht, in Asien aufgenommen wird...
Gleichzeitig ist es aber auch so, dass sicher auch etwas wie die Greuel der NS-Medizin (Menschenexperimente, etc) Eingang in den Kanon einer globalen Populärkultur gefunden haben, zum Meta-Narrativ geworden sind. Gleiches geschieht gerade mit Enhancement-Narrativen. Obwohl das eigentliche ENhancement sicher sehr differenziert betrachtet werden könnte und die meisten Menschen über Enhancement und dessen soziale Folgen eher weniger wissen, gibt es ein bestimmtes Set an Zeichen (heisse Cyborg-Girls, etc), die universell verstanden werden. Weswegen ein Spiel wie Deus Ex vermutlich auch so gut funktioniert. (Bitte entschuldigt den ungeordneten Gedankenstrom, aber wenn man mich schon mal fragt... ;) )
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