Lieblingskritiken 2018 1/3

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Anfang Januar wollte Pascal von euch wissen , welche Texte über Videospiele aus dem Jahre 2018 euch immer noch begleiten, welche Artikel euch als so gut in Erinnerung geblieben sind, dass ihr ihnen noch einmal eine Bühne verschaffen wollt. Und ihr habt mit über 70 wunderbaren Einreichungen geantwortet, das meiste davon Texte, aber auch einige Videos. Diese Einreichungen und eure Empfehlungstexte hat Pascal gesammelt und veröffentlicht sie nun als abschließende Zusammenfassung des Kritikenjahres 2018 hier. Die Beiträge werden in drei Listen zusammengetragen, um die Posts möglichst nicht zu erschlagend zu gestalten.

Es folgt also das erste Drittel eurer Empfehlungen. Nehmt euch etwas Zeit, die Liste zu durchstöbern. Klickt an, was euch ins Auge springt, oder was eine BloggerIn eures Vertrauens empfohlen hat! Lernt neue Texte und AutorInnen kennen oder erinnert euch einfach nur an Artikel, die ihr im Verlauf des Jahres bereits kennen gelernt, aber in all dem Stress wieder vergessen habt.

Was Der Sandmann und The Stanley Parable verbindet – Shower Thoughts über Erzählperspektiven von Amon Oberhofer, nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Eine extrem spannende intermediale Perspektive auf die Verbindungen und Unterschiede von E.T.A. Hoffmanns Novelle Der Sandmann und Davey Wredens Spiel The Stanley Parable bietet Amon Oberhofer auf seinem Blog amonsgamecorner. Während der Erzähler in Der Sandmann seinen Rezipienten direkt anspricht und diesem dessen Abhängigkeitsituation vor Augen führt, versucht der Erzähler in Stanley Parable Ähnliches, wird dabei aber permanent von der eigenwilligen Entscheidungs- und Ausbruchsmotivation der spielenden Person ausgebremst.

Ist Hellblades Senua eine Heldin? von Sophia Hennig, nominiert von Red Riding Rogue Sophia schrieb über die komplexe Figur der Senua aus Hellblade und ob man sie als Heldin betiteln sollte.

„Mehr Demokratie wagen!“ – Die Demokratie und ihr Bild in der Civilization-Serie von Björn Hennig, nominiert von Pascal Wagner auf Indieflock

Ich schätze Björns Artikel schon lange sehr für ihre Mischung aus aktueller Politik, historischen Anekdoten und Videospielmechaniken. Mit dieser Auseinandersetzung mit dem Demokratiebild insbesondere von Civilization V und der dortigen Amerikanisierung hat er sich im vergangenen Jahr meiner Meinung nach selbst übertroffen.

Mensch, Natur, Technik: Umweltdarstellungen in Videospielen von Sylvio Konkol, nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Über die spannende Entwicklung von Umweltdarstellungen in Videospielen schrieb Sylvio Konkol in diesem Jahr für das GAIN-Magazin (Zweitveröffentlichung auf Spielkritik) einen ausführlichen, mit zahlreichen Beispielen gespickten und sehr empfehlenswerten Artikel. Dabei werden nachvollziehbar die Zusammenhänge von realgeschichtlichen Ereignissen wie beispielsweise der Tschernobyl-Katastrophe und dem Wandel der Naturstellungen in der Kunst und vor allem im Videospiel veranschaulicht. Die Masse an Fallbeispielen, deren treffende umweltkritische Analysen sowie die Darstellung der historischen Entwicklung der Umweltthematisierung in Spielen, machen den Artikel überaus lesenswert.

Games und Ethik: Die Frage nach Missbrauch in Red Dead Redemption 2 von Anna Di Miceli, nominiert von Sylvio Konkol

Monster Hunter World: Karōshi von Marcus Dittmar, nominiert von Sylvio Konkol und von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Sylvio: "Ein Foto von mir, wie ich den Schwanz von Karl Marx in die Kamera halte." Der Blog von Marcus war eine meiner Lieblings-Neuentdeckungen 2018. Unter vielen exzellenten kurzen Texten stach für mich der zu Monster Hunter World am meisten hervor.

Johannes: Wie man pointierten, trockenen Humor gelungen mit Spielanalysen verbindet, lässt sich in Marcus Dittmars Text „Monster Hunter World: Karōshi“ begutachten. Die „Gier nach Gear“, die eine Fließbandarbeit des Jagens zur Folge hat, die einer „Fantasy-Variante des Kükenschredderns“ ähnelt, gibt einen Eindruck darüber, welche sprachlichen Bonmots einen in diesem Artikel erwarten. Lesenswert, so wie auch die anderen, eher kurzen humorvollen Texte dieses Blogs.

Detroit: Become Human und die Fratze der Spielepresse von Jannick Gänger, nominiert von Sylvio Konkol

„Ist das noch ein Spiel oder schon ein Film?“ Über Detroit: Become Human. Mit einer buchstäblich erschöpfenden Stilkritik, die wie selten die Kleingeistigkeit der Mainstream-Spielepresse vor Augen führt, schafft es Jannick noch ein zweites Mal auf meine Liste.

Super Nintendo Mini und PlayStation Classic sind die Geschichtsschreibung der Gewinner von Daniel Ziegener, nominiert von Pascal Wagner auf Indieflock

Mit der Archivierung alter Spiele haben sich dieses Jahr dank Nintendos Initiative gegen ROM-Webseiten viele Menschen im ganzen Internet beschäftigt, so etwa auch ich. Daniels Artikel über die unzureichende Archivier-Fähigkeit, die Mini-Konsolen wie das NES Classic bieten, bietet eine sehr wichtige Perspektive, die zunächst offensichtlich erscheinen mag, aber im Marketing um die trendigen Konsolen oft vergessen gemacht wird.

Authentische Drachen und realistisches Mittelalter: Mittelalterrezeption im digitalen Spiel von Bernhard Runzheimer, nominiert von Sylvio Konkol

Verlust und Tod in Videospielen: Die emotionale Reise in Life is Strange: Before the Storm von Josy Hohberg, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Niemand redet gerne über den Tod, doch in Spielen ist er oftmals allgegenwärtig – und irgendwie austauschbar. Wie es anders es funktionieren kann und wie Trauer in Life is Strange dargestellt wird, beschreibt Josy in einem interessanten Text im ohnehin tollen GAIN-Magazin.

Der ambivalente Pazifismus von Pokémon Let’s Go von Pascal Grashoff, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene und von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Jannick: Es dauerte, bis ich realisierte: So kunterbunt ist die Welt von Pokémon nicht, Gewalt wird geradezu forciert. In diesem Text ist die Problematik wunderbar beschrieben, ich applaudiere!

Johannes: Pokémon, ein Spiel in dem es nur um putzige Tierchen und harmloses Ordensammeln geht? Nicht ganz, zumindest diesem Text von Pascal Graßhoff zufolge, der die Reihe und insbesondere den frisch erschienenen Ableger Let’s Go einer ethischen Analyse unterzogen hat. Der vermeintlichen Pazifismus von Pokémon stellt sich nämlich bei genauerer Betrachtung als mindestens fragwürdig heraus. Wo früher aus Sammel- und Levelzwecken noch etliche Kämpfe gegen Wildtiere geführt werden mussten, beschränkt sich Let’s Go auf die zwei Optionen des Fangens und der Flucht. Was diese neue Art der Wilderei wiederum mit dem Spätkapitalismus zu tun hat, lässt sich in diesem empfehlenswerten Text von Pascal nachlesen.

1 MINIT, 2 MINIT, another MINIT von Pascal Wagner, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Nicht jede Artikelidee ist automatisch auch ein Hingucker. Die hier schon: Angelehnt an das Spielprinzip von MINIT entwickelt Pascal ein ganz eigenes Konzept, um das Geschriebene genau damit zu verbinden. Kleiner Einfall, große Wirkung.

Gastkommentar: Mein Problem mit Battlefield V von Mathias Kainz, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Jahrelang war der Ego-Shooter mein Lieblingsgenre. Bis ich bemerkte, dass dutzende Titel ein ideologisch gefährliches Bild von Krieg und Gewalt zeigen, was nicht nur allein an der vermeintlich zwingend unterhaltsamen Interaktivität liegt. In diesem Kommentar auf Screamingpixel beschreibt Mathias Kainz ein Problem, das ich immer häufiger habe: Insbesondere Weltkriegs-Shooter inszenieren das Leid unzähliger Menschen als Schießbude – und verfälschen damit nicht selten auch den geschichtlichen Hintergrund.

Rechte Agenda unter dem Mantel „historischer Korrektheit“? – Mein Beitrag zur Debatte um weibliche Generäle in Total War: Rome II von Björn Hennig, nominiert von Aurelia Brandenburg

Gefühlt war 2018 das Jahr der Debatten über historische Authentizität und einen der interessantesten Beiträge zum Thema hat meiner Meinung nach Björn anlässlich des Dramas um Rome II geschrieben.

Der freundliche Prepper von Nebenan von SpielerZwei, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Spiele sollen unpolitisch sein, das sagen nicht nur viele Spieler/innen, sondern auch die Macher selbst. Wie peinlich das aussehen kann, schreibt SpielerZwei hier anhand von Far Cry 5, dem aktuellen Bezug zur amerikanischen Politik und die formelhafte Angst vor dem Politischsein.

Kunst steht nicht still: Warum die Veränderung das Medium Videospiel ausmacht von Pascal Wagner, nominiert von Björn Hennig

Ebenfalls sehr lesenswert: "Kunst steht nicht still" in welchem sich Pascal mit der Frage auseinandersetzt, wieso das aktuelle Verständnis von Kunstwerken gerade in Bezug auf Videospiele durchbrochen werden muss.

"Fugue in Void" von Moshe Linke. Die Bühne des Traumes. von Merzmensch, nominiert von Merzmensch

Meine Abhandlung über die Intertextualität des Räumlichen in Videospielen. Warum? Weil mich diese fesselnde Welt mich nicht mehr loslässt.

PRESSEKRITIK #02: Null gespielt, trotzdem toll: Previews sind falsch von Jannick Gänger, nominiert von Björn Hennig

Auch zu empfehlen, wenngleich keine "Kritik" im eigentlichen Sinne: Die Lesenswert-Empfehlungen von Spielkritik, in welcher man immer eine bunte Ansammlung an verschiedenen sehr guten Artikeln findet.

Sei deinem Kind ein guter Vater! von Jana, nominiert von Red Riding Rogue und von Aurelia Brandenburg

RRR: Die wundervolle Jana hat bei uns einen Gastbeitrag zu Vaterfiguren in digitalen Spielen veröffentlicht. Unbedingt lesen!

Aurelia: Heilige Mütter, unheilige Väter - Jana hat dieses Jahr für Red Riding Rogue einen spannenden Text über Väter in Videospielen geschrieben und ich warte immer noch drauf, dass sie sich als nächstes mal Mütter zur Analyse vornimmt.

Rezension zu „Soul Calibur VI“ von Videospielwissenschaft, nominiert von Peter

Mich hat 2018 das Review von Videospielwissenschaft beeindruckt. Optisch hat es mich an alte Zeitschriften erinnert und inhaltlich ist das Review knapp, neutral und aussagekräftig geschrieben. Auch die pädagogische Beurteilung war mal eine frische Note im sonst doch sehr einheitlichen Reviewbrei. Kein unnötiger Clickbait, kein Speichellecken. Einfach eine Darstellung und jeder kann sich selbst eine Meinung aus dem Review bilden.

Es geht nicht um Fakten: Warum man reaktionäre Nerds nicht aufklären kann und soll von Aurelia Brandenburg, nominiert von Lost Levels

Aurelia über reaktionäre Nerds und warum man mit ihnen nicht sprechen muss.

Wider die Bosse! von Senior Gamer, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Viele kluge Gedanken über Bosskämpfe, der klügste von allen: Sie nerven. Das würde ich mir glatt auf das Schulterblatt tätowieren lassen, vermutlich gleich den gesamten Text, der einige gute Beispiele für tolle Bosskämpfe anführt, nämlich jene ohne „Boss“.

Don’t Cry For Me, Game Director – Die Tränen eines Verkäufers von Tim Slansky, nominiert von Markus W.

Der Artikel behandelt das Thema, warum es problematisch ist, als Game Director am Release-Tag “weinend” von seinem eigenen Sohn zu sprechen. Und warum es, egal ob gewollt oder nicht, einen Effekt auf das Spiel hat(te).

Das Rücksetzproblem: Ein Plädoyer für Singleplayer-Matchmaking von Fabian Fischer, nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Fabian Fischer von Ludokultur beschäftigt sich in diesem Text mit einem eher selten diskutierten Thema: Der Rücksetz-Problematik in Singleplayer-Titeln à la Dead Cells. Die immanente Schwierigkeit von sogenannten rogue-likes, einen geeigneten Neustartpunkt nach dem frühzeitigen Bildschirmtod festzulegen, stellt sich bei genauerer Betrachtung als frusterzeugendes Problem heraus: Spielerisch simple Anfangspassagen bergen das Potential einer repetitiven Langeweile, während die späteren und schwierigeren Spielabschnitte aufgrund der zeitlich weit auseinanderliegenden Rücksetzpunkte nur selten erblickt und dadurch kaum erlernt werden können. Was laut Fischer her muss: Eine Art Singleplayer-Matchmaking, welches die individuelle Game Literacy und den Fähigkeitsgrad der spielenden Person erfasst und Rücksetzpunkte dementsprechend anpasst.

Autor: 
Gast