Lieblingskritiken 2018 3/3

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Pascal: Es folgt also das letzte Drittel eurer Empfehlungen (Das erste findet ihr hier, Teil zwei hier.) Nehmt euch etwas Zeit, die Liste zu durchstöbern. Klickt an, was euch ins Auge springt, oder was eine BloggerIn eures Vertrauens empfohlen hat! Lernt neue Texte und AutorInnen kennen oder erinnert euch einfach nur an Artikel, die ihr im Verlauf des Jahres bereits kennen gelernt, aber in all dem Stress wieder vergessen habt.

Lyrische Impressionen aus Horizon: Zero Dawn von Sophie Bömer, nominiert von Pascal Wagner auf Indieflock

Das einzige Video meiner Liste! Sophies Poesieprojekt zu Aloy, der Protagonistin von Horizon: Zero Dawn, ist etwas ganz Besonderes. Wenige mir bekannte Menschen verknüpfen Videospiele mit kreativer Kunst abseits von Fan Art, und Gedichte sind vermutlich das fernste Medium, das ich mir in so einem Zusammenhang hätte vorstellen können.

Videospiele und die Deutungshoheit über Geschichte von Aurelia Brandenburg, nominiert von Björn Hennig und von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Björn: „Das war halt so“ - Ein Totschlagargument in der Diskussion um Authentizität. Wie historische Debatten dabei aber auch oftmals für andere Zwecke "missbraucht" werden, kann man in diesem sehr guten Artikel von @hekabeohnename nachlesen!

Johannes: Von den Problemen einer historischen Akkuratesse in Videospielen sowie der gefährlichen Vermischung von Diskussionen über eben diese und einer von gefühlten Geschichtsbildern angekurbelter Misogynie handelt dieser Text von Aurelia Brandenburg. Anlass war ein Aufschrei unter einigen lautstarken Spielern, der sich dem Release eines Trailers zu Battlefield V anschloss, in dem weibliche Soldaten im zweiten Weltkrieg gezeigt wurden. Als zentrales Thema dient der Aspekt der Deutungshoheit über Geschichte, welche oftmals von eben jenen beansprucht wird, die nicht wirklich eine historische Betrachtung der dargestellten Inhalte zum Kern ihrer Debatte machen, sondern schädliche Weltbilder der Gegenwart und gefühlte sowie lückenhafte Geschichtsperspektiven als Ausgangspunkt ihrer Forderungen nutzen.

Die Stasi spielte mit von Denis Gießler, nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture

Für diesen Artikel auf ZEIT ONLINE klemmte sich Denis Gießler hinter alte DDR-Dokumente der Stasi und fand heraus, in welcher Beziehung der Nachrichtendienst zu den Computerklubs der 80er Jahre der DDR stand. In Kombination mit Berichten von Zeitzeugen wird ausführlich beschrieben, wie sogenannte IM (Inoffizielle Mitarbeiter) undercover jene Klubtreffen aufsuchten, bei denen auf Computern aus dem Westen wie dem Commodore 64 Spiele gespielt und Software getauscht wurde. Ein faszinierender Einblick in bisher unbekannte Akten, der zudem auf zeit.de mit allerlei spielerischen visuellen Einfällen (inklusive auf der Seite implementierte Spiele aus jener Zeit) präsentiert wird.

Pokémon Go: Mehr Hype kennt nur Scooter von Jannick Gänger, nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture Einen wirklich wunderschönen, emotionalen Text über das Phänomen Pokemon Go, Ingress, und die Essenz des puren, sorgenlosen Spielspaßes schrieb dieses Jahr Jannick Gänger für Polyneux. Texte, die auf solchen persönlichen, intimen Geschichten basieren und aus diesen einen Essay über Spiele stricken, kenne ich aus dem deutschsprachigen Spieleblogging-Kosmos so gut wie gar nicht. Dem Artikel von Jannick merkt man an, dass er wahrlich aus dem Herzen entsprungen ist. Wenn es einen Spiele-Essay aus dem Jahr 2018 gab, der mich tatsächlich gerührt hat, dann war es dieser.

Das Cover-Artwork ist tot, lang lebe das Cover-Artwork von Pascal Grashoff, nominiert von Sylvio Konkol

Im Zeitalter umweltbewusster Kulturkritik](https://crossmediaculture.de/2018/02/04/geistesschwank-im-zeitalter-umweltbewusster-kulturkritik/) von Johannes Alvarez, nominiert von Sylvio Konkol

"Ist Kingdom Come: Deliverance eigentlich bio?" Nicht nur, aber auch um Spiele geht es in dieser klugen Analyse von Johannes, die es mit ihrer frischen Perspektive ebenfalls unter meine Lieblingskritiken 2018 schafft.

Für Freunde der Illusion nicht geeignet von Sven Himmen, nominiert von Sylvio Konkol

"Um sie zu erhalten, muss ich Freundschaftsstufe zwanzig erreichen. Dieser Satz fühlt sich falsch an", schreibt Sven in einer der besten Spielekritiken 2018 über Animal Crossing: Pocket Camp.

Die Spaziergänger 4: Lifeless Planet von Rainer Sigl, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Ein so kraftvoll schönes Spiel wie Lifeless Planet blickt leider auf wenig entsprechend stilvolle Texte, doch in der vierten Ausgabe des Spaziergänger-Formats beschreibt Rainer Sigl in einem gänzlich famosen Text das Spiel wie kaum ein anderer – mit einem hinreißenden Schluss, der eigentlich, uneigentlich und sofort zur Nachahmung von virtuellen Spaziergängen führen sollte.

I made a Game with cool People von Don, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Was wusste ich über Game Jams? Wenig. Was weiß ich jetzt über Game Jams? Viel mehr. Denn Don von Polyneux berichtet ausführlich von seinen Erfahrungen, die er machte, als er einen Plattformer ohne Plattformen entwickelte. Schönes Ding, gerne wieder.

Zeit. Zufall. Elitismus! Wenn „Destiny“ Vorsehung heißt, warum basiert dann so vieles auf dem Zufall? von Nils Bernd Michael Weber, nominiert von Pascal Wagner auf Indieflock

Destiny ist nicht mein Steckenpferd. Nils hat es mit seinen Artikeln über Destiny 2, insbesondere diesem Beitrag zum Elitismus der Spieler-Community und den Loot-Algorithmen jedoch geschafft, mein Interesse so sehr zu wecken, dass ich das Spiel installiert und gestartet habe – wenn ich auch nur bis zum ersten Hub-Gebiet durchhielt.

Wider den Zynismus: Das Thema Fremdenfeindlichkeit in Xenoblade Chronicles X von Sylvio Konkol, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Dickes Ding! Tief ins Spiel geklettert, eingenistet, es sich (un)bequem gemacht, und mit einer spannenden Analyse empor gekrabbelt. Ich habe Xenoblade Chronicles X nie gespielt und ich werde es vermutlich nie, aber durch diesen Text habe ich mehr darüber nachgedacht als über Spiele, in die ich 40 Stunden investiert habe.

Spider-Man gibt euch die Chance, ein wahrer Superheld zu sein – Test: Und ihr würdet nicht glauben, wie anstrengend dieser Job ist von Marina Hänsel, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Und nun sitze ich hier und zermalme mir den Kopf darüber, ob ich einen Artikel von Gamona empfehlen soll, jene Sammlung siffiger Bildergalerien, die nur noch sporadisch mit Inhalten gefüllt wird, doch dieser Text ist lässig und leidenschaftlich und fantasievoll geschrieben, genau so, wie ich mir gute „Testberichte“ vorstelle: ein bisschen verschroben, rührend, vor allem aber nicht den immer gleichen Phrasen folgend.

Kritik: Call of Duty: WWII – Der Soldat James Ryan und die kurze Lehrstunde über den Holocaust von Iris Traumann, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Was fehlt? Kritische Gedanken zu Shootern. Gerade dann, wenn etwa Call of Duty jedes Jahr unfassbare Verkaufszahlen erreicht, die thematisierten Kriege aber oft unkommentiert bleiben. Am Beispiel vom Call of Duty: WWII kritisiert Iris von Spielkritik die Darstellung des Holocausts – oder vielmehr: was davon übrig geblieben ist.

The Banner Saga: Entscheidungen akzeptieren von Philipp Arnold, nominiert von Jannick Gänger auf Medienbiene

Ein schöner Text über ein brutales Spiel: The Banner Saga erwischt dich in deinem dunkelsten Moment und nutzt es gnadenlos aus – wie sich das anfühlt, beschreibt Phil wunderbar ehrlich und einfühlsam.

Die Spaziergänger 7: Stay Home von Sebastian Standke, nominiert von Pascal Wagner auf Indieflock

Die Spaziergänger, abwechselnd von Sebastian Standke und Rainer Sigl geschrieben, ist ohnehin ein ganz besonderes Format. In dieser sehr persönlichen Auseinandersetzung mit Agoraphobie und dem „Nicht-Spazierengehen“ von Sebastian sehe ich den Höhepunkt der Reihe.

Uncharted: The Lost Legacy — Eine Eloge (größtenteils) von molosovsky, nominiert von Pascal Wagner

Ich kann mit Uncharted nichts anfangen, aber mit diesem Text schon.

Über Einsamkeit in Spielen von Larissa Brill, nominiert von Red Riding Rogue und von Jannick Gänger auf Medienbiene

RRR: Larissa schrieb über Einsamkeit in Spielen und entsprechende stilistische Mittel.

Jannick: In der oft als wuselig dargestellten Welt der Videospiele ist Einsamkeit ein seltener Zustand; umso schöner, dass sich dieser wundervoll geschriebene Text einem schwer zu fassenden Gefühl nähert und dabei auf Spiele blickt, die der Schnelllebigkeit entkommen.

Für Gothic-Melancholiker: Risen - Review, Teil 2 [Video] von Gescheit Gespielt, nominiert von Martin Küppers

Ich bin zwar ein wenig befangen, da Lena eine meiner Kolleginnen bei Unlimited Ammo ist, aber für mich sind die beiden Risen-Videos, die zusammen hängen, wirklich das Beste was der deutschsprachige Raum zu bieten hatte.

Historisch, wo es gefällt: Wie verantwortungslos Anno 1800 die Geschichte umdeutet von Dominik Schott, nominiert von Lost Levels und von Aurelia Brandenburg

LL: Dom auf ArchaeoGames über Geschichtszensur in Anno 1800.

Aurelia: Diesen Text auf ArchaeoGames über die Spannung zwischen künstlerischer Freiheit und Geschichtsrevisionismus am Beispiel des Umgangs mit dem Thema Sklavenhandel in Anno 1800 kann ich auch nur allen ans Herz legen.

Die frühe Geschichte der Computerspielmusik von Stephanie Stark, nominiert von Benjamin Strobel

Von Wildschweinen auf Wikinger-Schultern: Wie verhandelbar ist Geschichte? von Dom Schott, nominiert von Aurelia Brandenburg

Diesen Text hier, der die Frage aufwirft, wie verhandelbar eigentlich Geschichte in digitalen Spielen ist, kann ich sehr empfehlen.

Keitai Denjuu Telefang: Das Pokémon-Spiel, das nie existierte von Pascal Wagner, nominiert von Johannes Alvarez auf Cross Media Culture Nochmal Videospielgeschichten, diesmal mit einem Artikel von Pascal Wagner über Ketai Denjuu Telefang, einem offiziell nie außerhalb Japans erschienenen Monster Taming RPG, das im Westen als Bootleg-Fassung unter dem Namen Pokemon Diamond bekannt ist. Auf humorvolle Weise werden hier kindlichen Erfahrungen mit dem vermeintlich seltsamen Pokemon-Teil mit einer ausführlichen Analyse des tatsächlichen Ketai Denjuu Telefang verbunden, welches sich als unheimlich spannende Auseinandersetzung mit dem fortschreitenden Technisierungsdrang der Menschheit und Auswüchsen der Kolonisierung herausstellt, die im Artikel auf wunderbare Weise aufgedröselt wird.

Licht, Kamera, Action! Narrative Regieführung in Spielen von Johannes Alvarez, nominiert von Aurelia Brandenburg

Eine spannende Perspektive hat mir auch dieser Text hier von Johannes für Spielkritik über Dramaturgie und Narration in Spielen eröffnet.

Warum es keine PC-Spiele auf Blu-ray-Discs gibt von Sven Festag, nominiert von Nils

Mein Vorschlag ist genau genommen gar keine Kritik, sondern vielmehr ein Erklärungsversuch auf die Frage, weshalb PC-Spiele bislang nicht auf BluRays erscheinen. Vor allem die historischen Daten und Begründungen sind interessant.

Autor: 
Gast