Stefan Köhler textet für und über digitale Spiele, unter anderem als Stammautor des Bookazines für Gameskultur WASD (die übrigens heute NEU ist - ein Announcement folgt!). Ab sofort steuert er am ersten Montag des Monats einen Abstecher in die Welt der Mods zu VGT bei. Er behauptet nicht nur in TTT ständig, "Inno" zu sein - ob auch "-vativ", das müssen andere entscheiden... 

Durch glücklichen Zufall oder Schicksal ist in diesem Jahr der erste Montag im Dezember auch gleich der erste Tag in diesem Monat. Grund genug, ihn zum ersten Modtag zu erklären, der den Beginn einer neuen Zeitrechnung markiert. Jahre später wird der geneigte Leser seinen Enkelkindern erzählen, wie viele Jahre nach Beginn dieser Kolumne sie zur Welt kamen. Vielleicht bleibt aber auch nur eine Frage in Erinnerung: „Who brought the gun to the knife fight?!“

Rudolf Inderst kennt alle Ecken des Internets und nennt uns einmal wöchentlich drei lohnende Destinationen.

„I have a dream“(cast). 2015 can come.

 „Shenmue III, however, remains just a dense internet tangle of heartache and trollbait.“ Doch wie konnte es dazu kommen? Wir alle wissen doch, dass das Gute siegen sollte! Wir alle wissen doch, dass das Böse nur temporär die Oberhand behält? Shenmue III jedoch macht es verdammt schwer daran zu glauben. Wird 2015 hier etwas ändern können?

Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich mir anlässlich des damals erschienenen Far Cry unter dem Titel "Die Sandkiste ist zu voll" zum Thema Open World Gedanken gemacht. Jetzt, wo sich mit dem Nachfolger Far Cry 4, aber auch Dragon Age: Inquisition, Assassin's Creed Unity und natürlich GTA V die offenen Welten um Käufer matchen, erscheinen mir meine Überlegungen von damals nicht weniger relevant. Im Gegenteil: Das von der Far Cry-Reihe, aber de facto allen Ubisoft-Open-World-Titeln und zunehmend immer mehr anderen AAA-Franchises übernommene Gamedesign-Paradigma hat sich noch fester etabliert. Zugleich drängt sich ein Befund auf: Die offenen Welten, wie sie aktuell den Mainstream dominieren, sind zu vollgestopft - und leblos und leer zugleich. 

Dies ist ein Gastbeitrag von Bernd Kilga. Er spielt und programmiert, seit er 12 ist, und schwört trotz @console-Twitter-Account auf Keyboard und Maus.

Als Kinder konnten wir ohne Mühe alles intuitiv in ein Spiel verwandeln. Es war keine große Sache, über jede erdenkliche Situation einfach ein Spiel zu stülpen, um den Moment zu verbessern, und sei es nur zu behaupten, der Boden bestünde aus Lava und dürfe nicht direkt berührt werden. Es war ein Leichtes, eine Folge Raumschiff Enterprise direkt nach der Sendung mit anderem Ausgang oder völlig unterschiedlichem Charakterverhalten nachzuspielen; zumindest hat Kirk bei uns nie rumgeschmust. Sogar Spiele selbst waren niemals vor Verfremdung sicher: Über Generationen hinweg überlieferte Spielregeln wurden nach Gutdünken verändert und auf die verfügbare Zeit, den verfügbaren Raum oder die verfügbaren Möglichkeiten angepasst. 

Die Fähigkeit, sich als aktiver Teil des Spiels zu sehen, verblasst jedoch mit der Zeit. Mit dem Älterwerden akzeptieren wir nach und nach die Vorgaben von Produzenten und respektieren Spiele für das, was sie sind, anstatt sie als Plattform für Kreativität zu verstehen und zum Beispiel Spielziele an unsere eigenen Vorlieben anzupassen. 

Als ich zum ersten Mal von Borderlands: The Pre-Sequel erfuhr, waren meine Gefühle gemischt. Wie viele andere auch, hatte ich mich auf ein “echtes” Borderland, also einen dritten Teil der Serie gefreut, die mir bereits so viele unterhaltsame Stunden geschenkt hatte. Doch wir sollten das Pferd nicht von hinten aufsatteln – wer branchenmäßig unter einem Stein ruhte, möchte vielleicht zunächst wissen, worum es in dem neusten Borderlands-Ableger geht: “Entdecke die Geschichte hinter Handsome Jack, dem Schurken aus Borderlands 2, und seinem Aufstieg an die Macht. Das Pre-Sequel spielt zwischen dem Original-Borderlands und Borderlands 2 und bietet dir jede Menge neues Gameplay mit dem Genre-Mix aus Shooter und RPG-Spielmechaniken (…)” (Quelle)

Agata Góralczyk ist als Langzeitreisende in virtuellen Welten unterwegs. Einmal im Monat schickt sie uns eine Postkarte - diesmal aus Gods Will Be Watching.

Lieber Rainer,

es ist verdammt kalt hier. Wirklich kalt. Eis- und Schneekälte. Ich habe Jack mit einem seiner Speere losgeschickt, uns was zum Essen zu erlegen. Wir sind bei Gott nicht wählerisch, Hauptsache überhaupt essen. Ich hoffe nur, dass ihm keiner der Speere dabei zerbricht. Das Schnitzen dauert wieder ewig und wir haben keine Zeit. Die Sonne auf diesem Planeten scheint nur fünf Stunden am Tag. Der Rest ist dunkle Kälte. Die Xenolifer haben uns hier ausgesetzt und wir werden ihnen den Gefallen nicht tun, zu Eis zu erstarren und zu verrecken. Donald versucht in der Zwischenzeit das Funkgerät wieder zum Laufen zu kriegen und ich werfe ein wenig Holz ins Feuer nach. Wenn das ausgeht, wird der purpurne Sonnenuntergang dieses Planeten das Letzte sein, was wir in unserem Leben zu sehen bekommen.

Natürlich fährt der Wind diesen zerbrechlich gezimmerten Gebilden ganz übel durchs Gebälk, treibt sie zum Platzen entlang ihrer dahingepfuschten Nähte und lässt sie ganz ordentlich schlottern in ihren klappernden Gelenken… entscheidend aber ist: Der Wind, er ist der Wind of Change (F / dm / F / dm / am / dm / am / G)
 

David Sherman sang, programmatisch schief, in einer der denkwürdigsten Song-Zeilen der 90er Jahre: „All my favorite singers couldn’t sing.“ Denkwürdiger Gedanke: all besten Game-Designer spielen keine Spiele.
 

Keine Reviews, aber: Wir sagen ab sofort, Was man spielen soll. 

Was: Coin Crypt, PC, 9,99$

Roguelike-Rundenkämpfe, in denen sich die Beteiligten abwechselnd magische Münzen an den Kopf werfen. Weil die gefundene Beute gleichzeitig Währung und Waffe ist, rinnt beim Einsatz nicht nur das eigene Vermögen durch die Hände, der rege Durchlauf im Geldbeutel verändert auch ständig, welche taktischen Optionen im nächsten Kampf offen stehen.

Michael Schulze von Glaßers Videoreihe "Games'n'Politics" wirft einen pointierten Blick auf die Schnittstellen zwischen Spielen, Gesellschaft und Politik. Auf VGT ergänzt Michael seine Videoserie um erweiternde Texte.

Religion hat noch immer viel Einfluss in der Gesellschaft: Sogar auf politische Entscheidungen wird von verschiedensten Religionsgemeinschaften Einfluss genommen. Die große Präsenz in vielen Lebensbereichen ist es dann wohl auch, die Videospielentwickler immer wieder dazu führt, Religion in ihren Spielen aufzugreifen – teilweise bewusst, teilweise auch unbewusst.

Der folgende Text ist ein Gastbeitrag von Agata Góralczyk.

“Oma, warst Du heute schon mal draußen?” “Nein”
“Warum nicht?”
“Deine Mutter hat meine Schuhe versteckt.”

Meine Großmutter litt an Schizophrenie, einer geistigen Erkrankung, die oft eine ganz eigene Logik mit sich brachte. Sie deutete die alltäglichsten Dinge anders: anders als ich, anders als meine Eltern oder mein Bruder. Lange dachte ich, sie würde wirklich was anderes sehen oder hören. So einfach war das aber nicht. Irgendwann wurde mir klar, dass sie die gleichen Phänomene wahrnahm, sie deutete sie nur anders. Diese andere Deutung überforderte sie im Alltag. Die oft von ihr als feindselig empfundene Umwelt wurde von anderen Menschen - von uns allen zu Hause - als unproblematisch erlebt. In ihren Sorgen und Nöten fühlte sie sich oft nicht verstanden, nicht ernst genommen, wurde manchmal sogar ausgelacht. Tagtäglich musste sie mit ständigen, harten Brüchen zwischen der von ihr gedeuteten und der durch die Außenwelt gespiegelten Welt leben. Wie konnte es denn sein, dass mir nicht klar war, dass jemand ihre Schuhe versteckt hatte, um sie am Verlassen des Hauses zu hindern? In der Unfähigkeit, ihre Umwelt so zu deuten wie der Rest von uns, oszillierte sie immer wieder zwischen dem Bedürfnis sich um sich selbst zu kümmern und der Herausforderung sich selbst nicht zu zerstören.